frankfurt neu

Wäre man vor dem Beginn der Europa League gefragt worden, ob man mit einem 1:1 in Rom zufrieden sein könne, hätte die Antwort zweifelsohne „Ja, sicher!“ gelautet. Und auch nach dem Verlauf des Spiels vom Donnerstag, in dem Borussia Mönchengladbach lange einem Rückstand hinterher lief und am Ende einen klar unberechtigten Elfmeter und die Abwesenheit von Videounterstützung für den Schiedsrichter benötigte, um den einen Punkt in Rom zu holen, wird wohl niemand wirklich unzufrieden mit diesem einen Punkt sein. Dennoch – der Blick auf die Tabelle zeigt, dass dieser eine Punkt für ein Überwintern in Europa im Grunde genommen zu wenig ist. Eine Situation, in die sich die Mannschaft durch den unerklärlichen Heimauftritt gegen Wolfsberg selbst gebracht hat, die aber nicht mehr zu ändern ist. So müssen nun in den verbleibenden Partien ziemlich wahrscheinlich drei Siege her, um noch Platz 2 zu erreichen.

Borussias Verantwortliche haben den Punkt in Rom als Sieg der Moral verkauft. Das ist einerseits ein wenig dick aufgetragen, wenn man sich das Zustandekommen des Ausgleichstreffers anschaut. Schließlich hat die Mannschaft diesen nicht etwa mit einer großangelegten Schlussoffenive erzwungen, sondern vom Schiedsrichter geschenkt bekommen. Insofern besteht zwischen der Moral der Mannschaft und dem Ausgleichstreffer vordergründig eher kein Zusammenhang. Andererseits ist die Feststellung vielleicht doch nicht ganz falsch. Eine der wesentlichen Eigenschaften der Gladbacher Mannschaft in den letzten Jahren war eine gewisse Hilflosigkeit im Umgang mit tiefstehenden Mannschaften nach Rückständen. Die fehlende Handlungsschnelligkeit gepaart mit der Abwesenheit echter Stürmer und eher wenig Aggressivität in Zweikämpfen führte nicht selten dazu, dass sich das Spiel um den Strafraum herum abspielte, ohne dass die Mannschaft überhaupt in Situationen kam wie jene, die am Donnerstag zum Strafstoßpfiff führte. Eine der wesentlichen Errungenschaften seit Saisonbeginn ist, dass die Mannschaft diese Eigenschaften abgelegt hat. Insofern kann man sagen, dass sich die Mannschaft am Donnerstag in Rom mit Moral das große Glück erarbeitet hat, am Ende einen Strafstoß geschenkt zu erhalten. Ein bisschen ausgleichende Gerechtigkeit war schließlich auch dabei, schließlich ging dem Führungstreffer der Römer ein in Echtzeit kaum wahrnehmbarer, in den Zeitlupen aber umso deutlicher sichtbarer Schubser des Torschützen gegen Lainer voraus. Und warum sollen immer nur die anderen Glück haben …?

 

Die Einschätzung der SEITENWAHL-Redaktion:

Michael Heinen: Da auch die ersten 30 Minuten zu einer Partie dazugehören, war das Remis nicht völlig unverdient. Nach Rückstand ist es bei einer italienischen Mannschaft immer schwer, Chancen zu kreieren. Es ist gut, dass die Verwaltungstaktik der Roma am Ende nicht aufging. Schade allerdings, dass dies nicht der Qualität von Borussia, sondern allein der fehlenden des Schiedsrichters zu verdanken war.

Christian Spoo: Ein neuer Begriff für das Fußballwörterbuch. Der Gesichtselfmeter hält Borussia im Rennen. Um die kommenden drei EL-Spiele zu gewinnen, wird das Team aber mehr zeigen müssen, als eine anständige Anfangsphase und unanständiges Glück in der Nachspielzeit.

Claus-Dieter Mayer: Borussias Auswärtsserie in Europa hält: Mit einem Last Minute 1:1 in Wolfsberg könnte man in einigen Wochen Geschichte schreiben, nur leider nicht die, die man eigentlich erzählen wollte.  

Mike Lukanz: Rose hat doch recht. Na klar war nicht das ganze Spiel großartig, aber es ist auch nicht, dass die AS Roma ein Feuerwerk abgefackelt hat. Das 1:1 hält Borussia im Spiel, man hat es - auch wegen des zeitgleichen Ergebnisses in Istanbul - wieder selbst in der Hand. Was nach dem Spiel allerdings mit Gladbacher Anhängern passiert, ist ein Skandal und beschämend.

 

Eintracht Frankfurt hat sich im Gegensatz zu Borussia Mönchengladbach in der Europa League eine sehr gute Ausgansposition für weitere Reisen durch Europa im Frühjahr erarbeitet. Einer Niederlage gegen den FC Arsenal stehen Siege gegen Guimaraes und Standard Lüttich gegenüber und damit der zweite Tabellenplatz. Das und der mittlerweile erreichte Tabellenplatz 8 in der Bundesliga, also im Grunde genommen ein Platz in der Bundesligaspitze (bei nur zwei Punkten Rückstand auf Tabellenführer Gladbach), belegen, dass die Eintracht den Abgang des kompletten Wundersturms der letzten Saison gut weggesteckt hat. Die Eintracht ist in der Bundesliga seit vier Spielen ungeschlagen, zuletzt gelang ein deutlicher 3:0 Heimsieg gegen Leverkusen.  

Insofern steht am Sonntag ein Duell auf Augenhöhe bevor, auch ein Duell recht ähnlicher Spielsysteme. Beide Trainer haben den Ansatz, frühes und aggressives Pressing mit gepflegtem Fußball zu kombinieren.

Eintracht Frankfurt muss dieses Spiel ohne Stammtorwart Kevin Trapp angehen, ansonsten sind aber im Wesentlichen alle Stammkräfte dabei. Adi Hütter kann also in Abhängigkeit vom Kräfteverschleiß vom Donnerstag seine Startelf mit zahlreichen Möglichkeiten variieren. Dabei sind auch deutliche Systemvariationen denkbar – beispielsweise agierte die Eintracht gegen Lüttich eher in einem 3-6-1 mit Paciencia als einziger echter Spitze vor Kamada und Gacinovic, die eher offensive Halbrollen einnahmen. Denkbar ist aber auch ein 3-5-2, in dem mit Dost und Paciencia zwei richtige Strafraumstürmer agieren. In der Rubrik „Ex-Borussen“ richtet sich der Blick neben Martin Hinteregger auf die erfreuliche Entwicklung von Djibril Sow, der bei Borussia sein Potential nur andeuten, sich aber nicht durchsetzen konnte. Sow hat in Bern einen deutlichen Schritt nach vorn gemacht und ist nun auch in Frankfurt auf dem Weg zu einer festen Größe im Mittelfeld.

Borussia Mönchengladbach wird gegen die Eintracht auf deutlich mehr Spieler verzichten müssen, nämlich auf Ginter, Johnson, Plea und Raffael. Für Strobl, Traoré, wahrscheinlich auch Hofmann und Stindl werden Startelfeinsätze zu früh kommen. Insofern werden sich die Variationen im Verhältnis zur Aufstellung vom Donnerstag eher in Grenzen halten. Denkbar sind positionsgetreue Wechselspiele zwischen Bensebaini – der am Donnerstag ein hohes Laufpensum absolvierte – und Wendt sowie zwischen Neuhaus und Benes, der zuletzt etwas präsenter wirkte.

Angesichts dessen, dass ein Nachlassen der Kräfte bei beiden Mannschaften mit fortschreitender Spieldauer vorhersehbar ist, wird es wichtig sein, von Anfang an hellwach in die Partie zu gehen, um möglichst früh vorentscheidende Treffer zu erzielen.

 

Der SEITENWAHL-Tipp:

Uwe Pirl: Eins steht fest: Das Wetter ist besser als in Rom. Ansehnlich wird das trotzdem nur zeitweise. Je länger das Spiel dauert, desto mehr regiert der Kampf. Weil Borussia in der ersten Halbzeit in Führung geht und am Ende auch die Frankfurter dem Donnerstagspiel Tribut zollen müssen, gewinnt Gladbach mit 2:0.

Michael Heinen: Borussia holt gegen Frankfurt durch ein 1:1 zwar einen Punkt, verliert damit aber leider die Tabellenführung.

Christian Spoo: Es wird kein spielerisches Highlight aber ein intensives und enges Spiel. Bei dem Borussia das Glück des Tüchtigen auf ihrer Seite hat. 1:0.

Mike Lukanz: Beide Mannschaften sind müde, aber Borussia hat schlicht mehr Qualität im Kader. Es reicht daher zu einem 2:1-Heimerfolg, der eine weitere Woche an der Tabellenspitze   ermöglicht.

Claus-Dieter Mayer: War das Spiel Gladbach-Frankfurt in den Vorjahren eher ein Duell zwischen den Spielsystemen, so haben sich diese nun angenähert. Am Sonntagabend erweist sich Marco Rose als der bessere Addi Hütter und Borussia verteidigt mit einem 3:1 die Tabellenführung.

Thomas Häcki: Kampf pur erwartet den Zuschauer. Am Ende setzt sich die Borussia mit 2:1 durch, natürlich in der Nachspielzeit.