Über Borussias Negativserie in Wolfsburg ist nun wirklich alles gesagt und geschrieben, und zwar von jedem. Stellen wir der Form halber fest, dass der letzte Sieg in der Stadt, die nicht sein darf, aus dem Jahr 2003 datiert und kümmern wir uns fortan um die Gegenwart. In der Borussia gottlob nicht auf Spieler vom Format eines Enrico Gaede zurückgreifen muss.

Der VfL Wolfsburg ist dennoch heute wie damals ein Gegner, der nominell Favorit in diesem Duell ist. Dafür sprechen der äußerst gelungene Saisonauftakt und die Tatsache, dass der neue Trainer im Gegensatz zu seinem Gladbacher Gegenpart zu Beginn seines Engagements schnell geschafft, hat Aufbruchsstimmung zu vermitteln. Wolfsburg spielt Ballbesitzfußball, übt Druck auf den Gegner auf und ist vorne in der Regel durchschlagskräftig. In der Liga klappte das anfangs zu 100 Prozent, zuletzt gab es zwei unglückliche Punktverluste. Überlegen geführte Spiele wurden nicht gewonnen, zunächst zuhause gegen Eintracht Frankfurt beim 1:1, am vergangenen Samstag dann bei der ersten Saisonniederlage in Hoffenheim. Van Bommel hatte danach am Spiel seines Teams zu Recht nichts auszusetzen, außer dass die Tore fehlten. In der Champions-League zeigte die Mannschaft am Mittwoch Abend gegen Sevilla ein anderes Gesicht. Zurückhaltender, abwartender. Ein ordentliches Spiel machte der VfL trotzdem, das er mit einem weniger herausgeforderten Schiedsrichter auch gewonnen hätte. Der Kader der Wolfsburger ist ausgeglichen und recht breit besetzt, die Neuzugänge haben sich gut eingefügt. Zuletzt hat sich der aus Köln gekommene Sebastiaan Bornauw einen Platz erkämpft, allein Luca Waldschmidt hat noch nicht recht zu sich gefunden.

Inwieweit Borussia tatsächlich zu sich gefunden hat, wird in Wolfsburg zu sehen sein. Der Auftritt gegen Dortmund macht Hoffnung, dass der verstolperte Saisonstart nur eine Momentaufnahme war und dass eher jämmerlich vergeigte Spiele gegen Teams wie Union Berlin und den FC Augsburg nicht stilbildend für die erste Saison unter Adi Hütter sein werden. Gegen Dortmund zeigte die Mannschaft alles, was vorher gefehlt hatte: Leidenschaft, Giftigkeit, Zielstrebigkeit und Stabilität. Oder braucht es einen großen Gegner und ein lautes Publikum, um diese Qualitäten in der Mannschaft zu wecken? In Wolfsburg ist zumindest das Erste halbwegs gegeben. Leidenschaft allein wird es aber nicht richten. Die Niedersachsen haben ausreichend robustes Personal, um Borussia physisch zu beeindrucken. Es gilt also eine gesunde Mischung aus Kampflust und Spielfreude an den Tag zu legen, um überhaupt bestehen zu können. Dabei fehlt leider erneut Ramy Bensebaini, der durchaus die geforderten Charakteristika mitbringt. „Da weitermachen, wo wir in Dortmund aufgehört haben“ ist wenig überraschend die Marschroute, die Adi Hütter seinem Team vorgibt. Und so wäre es nicht überraschend, würde Hütter auch die gleiche Mannschaft in gleicher Anordnung aufs Feld schicken.

SEITENWAHL-Prognose

Christian Spoo: Borussia hält weiter dagegen, aber Wolfsburg ist im Vergleich zu Dortmund im Moment der dickere Brocken. Und hat mit Weghorst das, was dem BvB mit Haaland fehlte. Am Ende reicht das zu einem 1:0-Sieg für den falschen VfL.

Uwe Pirl: Beginnen wir eine Serie oder geht es auf und ab? Das 2:2 in Wolfsburg beantwortet diese Frage nicht, kann aber angesichts der bisherigen Ergebnisse in Wolfsburg nicht als Misserfolg gelten.

Thomas Häcki: Das letzte Wochenende macht Lust auf mehr aber Wolfsburg ist halt Wolfsburg. Die Fohlen beissen sich an der Defensive die Zähne aus und unterliegen 0:1

Claus-Dieter Mayer: Ohne van Hout und Kolkka kann die Borussia natürlich auch diesmal nicht in Wolfsburg gewinnen, aber das hart umkämpfte 1:1 wirkt zumindest wie ein weiterer Schritt in die richtige Richtung.