Wer schon einmal einen großen Event im Leben (Hochzeit, Doktorprüfung, etc…) erfolgreich hinter sich gebracht hat, weiß wie  sich die Tage danach anfühlen können, wenn auf einmal die vorher verdrängte To-Do-List (Zahnarztbesuch, Auto zum TÜV, Steuererklärung,…) von banalen Alltagsaufgaben wieder auftaucht und die Erinnerung an den tollen Moment stört. So ähnlich geht es dieser Tage auch der Borussia aus Mönchengladbach. Wie gern würde man noch wochenlang schwelgen, sich die Zusammenfassung des Bayern-Spiels noch ein 17. Mal anschauen, dann am Wochenende am besten noch mal das komplette Spiel mit kurzem Stopp, wenn das eingefallene Gesicht Oliver Kahns auftaucht, aber nein: Im Terminkalender steht VFL Bochum, Sonntag, 17:30 Uhr!

Jener VFL-Bochum, dessen Zweitliga-Zugehörigkeit Igor de Camargo und Marco Reus dereinst mal so eben um 10 Jahre verlängerten, der vor der Saison als einer der Hauptkandidaten auf den Abstieg galt, mittlerweile aber genauso viele Siege aufzubieten hat wie die Borussia und am Sonntag sogar an der Elf vom Niederrhein vorbeiziehen könnte. Ein VFL Bochum, dem es vermutlich vollkommen egal ist, dass die Borussia gegen Bayern auch gut und gern 7:0 hätten gewinnen können, sondern für den das kommende Spiel einfach nur das erste von 25 verbleibenden Spielen um den Klassenerhalt ist. Mit einem Trainer Thomas Reis, der genau weiß, wie schwer sich die Borussia in dieser Saison schon gegen tief stehende Mannschaften (Augsburg, Hertha) getan hat und wohl kaum so offen agieren wird, wie es die Bayern im Pokal taten.

Wenn Adi Hütter schon vor dem Bayern-Spiel „einen Ticken nervös“ (Brel Embolo) war, so hat er vor dem Spiel am Sonntag fast noch mehr Grund zur Unruhe, denn nach nur einem Punkt gegen Stuttgart und in Berlin ist ein Sieg gegen den Aufsteiger absolute Pflicht, um a) den Anschluss an die oberen Plätze zu bewahren aber auch b) die „Gladbach kann es nur gegen die Großen“-Mär ad acta zu legen. Eine Frage dabei ist, ob der Österreicher nach dem aufreibenden Spiel am Mittwoch größere Veränderungen in der Startelf vornimmt oder wie in den Vorwochen mehr oder weniger die gleiche Grundformation antreten lässt. In der Abwehr gehen dabei langsam die Optionen aus, denn nach Tony Jantschke fällt jetzt wohl auch Jordan Beyer für eine Weile aus. Bleibt es bei der Dreierkette, wird wohl Ramy „ich verlad den Neuer“ Bensebaini in die Innenverteidigung rücken und Luca Netz zurück ins Team rücken. Aber wie sieht es vorn aus? Gibt Hütter dem Star vom Mittwoch Brel Embolo eine Ruhepause? Vermutlich würde das Bildreporter Christian Hornung erst recht verwirren. Der hatte nämlich vorm Bayernspiel noch fest behauptet, Embolo würde vom Trainer „rasiert“ werden, suggeriert aber dann in unvorstellbarer Dummdreistigkeit heute auf einmal, dass er höchstpersönlich damit für Embolos Leistungsexplosion zuständig gewesen sei. Wie auch immer, nach den bisherigen Spielen kann man die große Rotation bei der Borussia trotz der englischen Woche wohl ausschließen. Das scheint weder Hütters Art zu sein (auch in Frankfurt versuchte er meist mit einer Stammformation zu spielen, sobald diese sich gebildet hatte) noch gibt die Leistung vom Mittwoch Anlass dazu.

Bei den Bochumern sieht das etwas anders aus. Für das Pokalspiel gegen Augsburg rotierte Reis gleich 6 Mal (inkl. Torhüter) und man kann erwarten, dass einige dieser Wechsel wieder rückgängig gemacht werden. Der Bochumer Spieler-Name der in Gladbacher Kreisen vermutlich das meiste Unbehagen verursachen wird ist Elvis Rexhbecaj, der bei seinem letzten Auftritt im Borussia-Park (damals noch für den FC Köln spielend) die Gladbacher mit 2 Toren in eine wochenlange Krise schoss. Eine Wiederholung dieses Kunststücks wäre eher unschön und würde alle Freude über den historischen Sieg gegen die Bayern gleich schon wieder zunichtemachen. Es ist ziemlich genau 25 Jahre her, da gelang es der Borussia mal den falschen Namensvetter und damals amtierenden Champions-League Sieger aus Dortmund am Bökelberg mit 5:1 zu demontieren. Zur Winterpause stand man dann auf einem Abstiegsplatz. Es gibt wenig Grund zu glauben, dass sich dieses Schicksal in diesem Herbst wiederholt, aber es gibt noch weniger Grund, sich auf den Lorbeeren eines 5:0 gegen den Rekordmeister auszuruhen.

Seitenwahl-Tipps:

Claus-Dieter Mayer: Die Borussia bleibt ein Enigma. Gegen taktisch disziplinierte Bochumer folgt auf die Bayern-Gala ein mageres 1:1 daheim.

Michael Heinen: Bochum ist nicht Bayern. Von daher wird die Aufgabe am Sonntag leider deutlich schwieriger als letzten Mittwoch. Mit viel Mühe und Not gewinnt Borussia durch ein Tor von Igor de Thuram in der Nachspielzeit mit 1:0.

Christian Spoo: Bochum ist nicht Bayern, aber Bochum ist auch nicht Augsburg. Anne Castroper pflegt mitspielen zu wollen und wird Borussia Räume bieten. Mit der richtigen Einstellung sollte das zu einem relativ ungefährdeten 2:0-Sieg reichen. Bringt die Mannschaft aber <100 Prozent, hat Bochum das Potenzial, Borussia weh zu tun.