"Wir müssen 'aben Geduld". Der Urheber dieser (oder ähnlicher) Weisheiten, wenn es um Borussia geht, hat bekanntlich mit einer Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte geliebäugelt, eine andere alte Wirkungsstätte dann aber vorgezogen. Dass man mit Geduld gelegentlich ans Ziel kommt, hat die Gladbacher Mannschaft aber auch unter Anleitung von Daniel Farke gezeigt. Die zweite Halbzeit des ersten Ligaspiels der neuen Saison hätte kaum favriger aussehen können. Vor diese zweite Halbzeit hatte der liebe Gott aber eine schwere Prüfung gesetzt, für Spieler wie Anhängerschaft. Der erste Durchgang im gut und beeindruckend schneeweiß besetzten Borussia-Park war kein Leckerbissen. Borussias Spiel stotterte, anfangs mangelte es an Zielstrebigkeit, später zunehmend an Genauigkeit.

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Nach relativ ereignisarmen 19 Minuten schweinigelte Ramy Bensebaini seinen Gegenspieler Posch vom Platz. Der hatte nach einem überharten Einsteigen gegen Florian Neuhaus zu Recht Gelb gesehen. Als er kurz darauf gegen Bensebaini ungeschickt in den Zweikampf ging, fiel der Borusse spektakulär, vermutlich und korrekterweise ahnend, dass er Schiedsrichter Siebert dadurch zum Zücken von Gelb-Rot animieren würde.

Die Strafe folgte auf dem Fuß durch das 0:1, bei dem Bensebaini ein Glied in einer ganzen Fehlerkette war, die zur Gästeführung beitrug. Ein Zweikampf der Art "Wenn er so hingeht, muss er'n haben" - Bensebaini rutschte aber ins Leere. Bevor der Algerier mit der ungeklärten Zukunft endgültig zum Spieler der ersten Halbzeit avancierte, legte Borussia 20 Minuten Fußball zum Abgewöhnen aufs Feld. Hoffenheim reduzierte die eigenen Anstrengungen auf das Verteidigen des eigenen Strafraums. Borussia spielte hastig und unkonzentriert, vermutete ein Gladbacher eine Schnittstelle in der Hoffenheimer Abwehr, stand auch schon ein Bein darin, das Team generierte keine Chancen und strahlte kaum Gefahr aus. Es war ein Ärgernis. Bis zur 42. Minute, als Itakura einen Eckball per Kopf verlängerte und Ramy Bensebaini das Tor des Monats fallrückzog. So ging es dann doch mit einer optimistischen Note in die Pause. 

In der zweiten Halbzeit machte Borussia es genau richtig, obwohl Hoffenheim weiter mit alle Mann verteidigte. Das Ballbesitzspiel erscheint sinnvoll, wenn die Mannschaft nicht mit dem Kopf durch die Wand will. So versuchte man, die Abwehr auseinanderzuziehen, ohne kopflos in imaginierte Gassen zu spielen. So entstanden Chancen, so fielen die Tore. Ein glänzend aufgelegter Alassane Pléa legte auf, Thuram und Elvedi vollendeten.

Dass es für Hoffenheim kaum noch Kontermöglichkeiten gab, lag unter anderem am wohl besten Spieler der Partie, Manu Koné, dessen Verhältnis zum Ball als enge Freundschaft bezeichnet werden darf und der eine erstaunliche Zahl an Balleroberungen hinlegt oder zumindest dabei assistiert. Dass Koné überhaupt im Kader und dann direkt in der Startelf stand, überraschte viele, nachdem der junge Franzose die Saisonvorbereitung fast komplett verpasst hatte. Dass Daniel Farke trotzdem den Mut hatte, den Mittelfeldmann zu bringen, erwies sich als goldrichtig. 

Der Sieg ist unter dem Strich auch in der Höhe völlig verdient. Am Ende hätte Borussia sogar noch ein-zwei Tore mehr machen können, aber das wäre angesichts der nicht unbeträchtlichen Startschwierigkeiten zu viel des Guten gewesen. Gut, dass auch Daniel Farke die Probleme in der ersten Halbzeit nach der Partie offen ansprach.  Dass dem Trainer das Gezeigte nicht gefiel, lässt den Schluss zu, dass das auch nichts mit seiner Vorstellung von Ballbesitzfußball zu tun hatte. Die zweite Halbzeit war erfolgreicher, attraktiver und man wünscht sich durchaus mehr davon. Einen Gegner, der es einem hinten so schwer macht, muss man erst einmal schlagen. Dass von Hoffenheim nach dem 0:1 offensiv so gut wie nichts mehr kam, macht es allerdings schwer, dem Borussen-Spiel eine Gesamtnote zu verpassen. Wie sich die Mannschaft unter mehr Offensivdruck verhält, wissen wir Stand heute noch nicht.