Pep Guardiola schlug genervt die Hände über dem Kopf zusammen. Zum wiederholten Male hatte ihn ein Reporter mit der nicht besonders einfallsreichen Frage belästigt, ob er denn nun Trainer bei den Bayern bleiben möchte. Das ist zugegebenermaßen nicht mehr besonders  originell und zeugt auch nicht von einer professionellen Vorbereitung des Fragestellers. Um die nächste Antwort bereits vorwegzunehmen: Borussia Mönchengladbach wird den Spanier vermutlich nicht anstellen. Dabei wäre es so praktisch. Auch Max Eberl muss sich Woche für Woche den gleichen einfallslosen Fragen nach der Zukunft von André Schubert stellen. Die hat er zwar deutlich beantwortet, mangels Einfällen stellt man sie ihm aber dennoch Woche für Woche wieder. Frei nach dem Motto – irgendwann könnte meine Frage ja mal intelligent wirken. Es spricht für den Sportdirektor, dass er immer noch lächeln kann statt ebenfalls genervt die Hände zu heben. Pep zur Borussia und alle hätten ihre Ruhe. Vorerst.

 Die Situation ist für Max Eberl allerdings bei Weitem nicht so komfortabel, wie er es gerne darstellt. André Schubert schafft von Spiel zu Spiel neue Fakten. Fünf Siege in fünf Spielen in der Bundesliga, wobei besonders die letzten drei Spiele eine Demonstration der eigenen Stärke darstellten. Dazu zwei respektable Auftritte in der nachgelagerten Champions-League und das Weiterkommen im Pokal. Es steht völlig außer Frage, dass Schubert die absolut richtige kurzfristige Wahl nach dem überraschenden Abgang von Lucien Favre ist. Aber ist er auch die beste langfristige Wahl? Möglich, dass Eberl diese Entscheidung bald aus der Hand genommen wird. Mit jedem Sieg Schuberts werden die Fußstapfen für seinen Nachfolger größer und es bedarf schon einer großen Schuhgröße, um diese zu füllen. Um den Druck zu verringern wird schon über die „Zwischenlösung Schubert“ diskutiert, wobei er bis Saisonende Cheftrainer bleiben soll und dann vom perfekten Mann abgelöst wird. Dies ist natürlich kompletter Unsinn. Würde Schubert die Saison erfolgreich abschließen, gäbe es keinen Grund ihn auszuwechseln. Einen kleinen gegen einen großen Namen zu wechseln birgt Gefahren, wie das Beispiel Köppel/Heynckes bitter gezeigt hat. Schafft er es hingegen nicht, ist wertvolle Zeit verstrichen, die sich sicherlich auch auf die Transferbemühungen negativ auswirken würden. Eine baldige Entscheidung tut also Not.

Schon am Samstag hat Schubert erneut die Möglichkeit, Werbung in eigener Sache zu machen. Das vierte Spitzenspiel in Folge steht an, von den anspruchsvollen anderen Spielen gegen Schalke, Manchester und Turin mal ganz zu schweigen. Der Tabellenfünfte lädt in die Hauptstadt ein. Hertha Fünfter? Da staunt der Laie und der Experte wundert sich. Aber es stimmt. Heimlich, still und leise hat sich der Fast-Absteiger der vergangenen Saison in die Spitzengruppe der Liga gespielt. Innenverteidiger Sebastian Langkamp brachte die ungewohnte Situation nach dem Sieg in Ingolstadt auf den Punkt. Es sei zwar nicht alles Gold, was glänzt. Aber was zählt sind 17 Punkte. Und das ist schon fast die Hälfte der vergangenen Saison. Umso respektabler, weil die Berliner ähnlich wie die Borussen mit Ausfällen zu kämpfen haben. Kraft, Pekarik, Ben-Hatira, Schieber und Allagui sind teilweise langzeitverletzt, Neuzugang Ibisevic ist nach seiner roten Karte weiterhin gesperrt. Damit fällt bereits ein Großteil der Abteilung „Attacke“ aus. Weitere Offensivkräfte wie Baumjohann, Ronny und Stocker sind nach Verletzungen grade erst ins Team zurückgekehrt. Bleiben Kalou und der wenig torgefährliche Haraguchi. Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, dass die Hertha ihr Heil in der Defensive suchen muss.

Das was man in Mönchengladbach noch sucht, glaubt man in Berlin nun gefunden zu haben. Pal Dardai war von Anfang an ein Wunschtrainer, sowohl im Verein, als auch bei den Fans. Zeitweise stand er nach dem etwas glücklichen Klassenerhalt in der Kritik, doch mit der ist das Berliner Umfeld eh schnell zur Hand. Dardai hat es geschafft, ein geschlossenes Team zu formen und genau so tritt es auf dem Platz auch auf. Die Berliner profitieren von einem kompakten Mittelfeld, dass den Gegner nicht zur Entfaltung kommen lässt. Um dies zu erreichen müssen alle Rädchen in einander greifen, jeder für jeden kämpfen. Das ist keine Selbstverständlichkeit an der Spree, in der sich Größenwahn und Eskapaden stets gerne die Klinke in die Hand gaben. Dardai akzeptiert dies nicht und hat sogar den kapriziösen Kalou in seine Schranken gewiesen und ihn zudem die neue Rolle der hängenden Spitze zugewiesen. Das tut ihm gut, das tut dem Team gut. Der derzeitige Erfolg ist auch ein Sieg des Wir-Gefühls. Nun trifft man auf einen Gegner, der dieses Wir-Gefühl schon seit längerer Zeit verinnerlicht hat und derzeit genüsslich auslebt. Besonders die letzten Erfolge gegen Wolfsburg und Schalke waren ein Zeichen, dass das Team funktioniert. Anders wären die Energieleistungen der letzten Wochen auch nicht erklärbar. Am Samstag wird es somit wieder eine intensiv geführte Partie geben, diesmal hoffentlich ohne Verletzungen. Ein fußballerischer Leckerbissen sollte aufgrund der kompakt und defensiv ausgerichteten Hertha nicht erwartet werden. Spannend wird es aber vermutlich allemal.

 

Hertha: Jarstein - Weiser, Langkamp, Lustenberger, Plattenhardt - Skjelbred, Darida - Cigerci, Baumjohann, Haraguchi – Kalou

Borussia: Sommer - Korb, Christensen, Dominguez, Wendt - Dahoud, Xhaka - Traoré, Johnson - Raffael, Stindl

 

Tipps:

Thomas Häcki: Es wird richtig schwer. Eigentlich ist Herthas Spielweise Gift für die Borussen. Auf der anderen Seite waren die letzten Auftritte einfach nur beeindruckend. Da man den Tabellenfünften im eigenen Haus wohl kaum unterschätzen wird, tippe ich mal auf einen glücklichen 2:1-Erfolg der Borussen.

Michael Heinen: Bevor Borussia im kommenden Mai womöglich wieder nach Berlin fahren wird, kommt es dort Samstag zu einem schweren Bundesligaspiel. Die Hertha ist heimstark und steht zu Recht weit oben in der Tabelle. Gegen die Macht des Schubert-Hoodie kommt aber auch die älteste Dame nicht an. Borussia siegt mit 2:1.

Christoph Clausen: Die Borussia in ihrem Lauf halten weder Preetz noch Dardai auf. Der wieder genesene Raffael führt die Schubertianer zu einem 2:0-Sieg. Dieses war der sechste Streich...

Christian Spoo: Hertha dürfte Borussia nicht liegen, dazu kommt der doch zunehmend spürbare Kraftverschleiß, zumal die Verletzungsmisere ein sinnvolles Rotieren kaum möglich macht. Am Ende steht dennoch ein achtbares Ergebnis. 1:1.