Warnung
  • JUser: :_load: Fehler beim Laden des Benutzers mit der ID: 80

Siege gegen unterklassige Gegner in den Pokalwettbewerben, ein Stotterstart in der Bundesliga. Wie es um Borussia in dieser Saison bestellt ist, ließ sich auf dem Saisonauftakt nur bedingt ablesen. Um so überraschender und erfreulicher waren der deutliche Sieg gegen Schalke 04 und vor allem das Auftreten der Mannschaft. Die Zuschauer bekamen einen Eindruck davon, was der Fußball ist, der Trainer Lucien Favre vorschwebt. Ohne den Sieg überbewerten zu wollen gab es zahlreiche Indizien dafür, wie Borussia auch künftig erfolgreich sein kann. (Bilder vom 4:1-Sieg in unserer Galerie)

Vorab: dass sich eine Leistung wie die vom Samstag Abend regelmäßig abrufen lässt, ist nicht gesagt. Auch sei nicht vergessen, dass es zumindest in der ersten Halbzeit noch hier und da hakte. Man überließ Schalke zunächst die Initiative, Granit Xhaka spielte ein paar Pässe in des Gegners Füße, Oscar Wendt scheute den Zweikampf mit dem wuseligen Sidney Sam und musste sich vom entschlossen einsteigenden Christoph Kramer zeigen lassen, wie man dem Schalker Nationalspieler den Schneid abkauft. Dennoch: was Borussia gegen den Gelsenkirchener Niedeutschermeister über weite Strecken zeigte, war beeindruckend gut.

Und er hält doch

Fangen wir hinten an. Es war genau das Spiel, dass Yann Sommer brauchte, um seine Kritiker endgültig verstummen zu lassen. Zum Saisonbeginn hatte sich der Schweizer einige Schnitzer geleistet, die einige Skeptiker sofort an seiner Eignung zweifeln ließen. Dass da ein völlig anderer Torwart-Typ als Marc-André ter Stegen im Gladbacher Kasten steht, war sofort augenfällig und musste von vielen auch erst einmal akzeptiert werden. Nach drei ordentlichen Spielen ohne Auffälligkeiten folgte gegen Schalke eine Partie, in der Sommer sich diverse Male auszeichnen konnte. Der Torwart erwies sich als nahezu unüberwindbar. Sogar beim Elfmeter-Gegentor war er in der richtigen Ecke. Den Ball von Choupo-Moting, der vom Innenpfosten ins Tor ging, hätte aber wohl kein Torwart der Welt gehalten. Wenigstens einer der Bälle, die Yann Sommer abwehrte, fällt allerdings auch in die Kategorie „eigentlich unhaltbar“. Sommer zeigte große Reflexe und löste 1:1-Situationen brillant. Auch bei hohen Bällen war der Schweizer sicher und seine Abschläge haben meist ein klares Ziel, das sie in der Regel auch erreichen.

Die Defensive steht

Trotz Umbesetzungen hielt Borussias Abwehr diesmal dicht. Das ist angesichts doch augenfälliger Probleme zum Saisonbeginn durchaus eine Bemerkung wert. Der Ausfall von Julian Korb konnte problemlos kompensiert werden. Bemerkenswerter noch: auch die verletzungsbedingte Auswechslung von Tony Jantschke steckte Borussia gut weg. Mit Fabian Johnson gibt es eine weitere Alternative für rechts hinten. Der US-Nationalspieler war, man muss Berti Vogts nolens volens Recht geben, auf dieser Position sogar deutlich wertvoller und besser, als in der ersten Halbzeit links vorne, wo Johnson sich nicht so recht wohlzufühlen scheint. Bärenstark war am Samstag Abend erneut Alvaro Dominguez. Der Spanier hatte zuletzt angedeutet, Borussias vielleicht bester Linksverteidiger zu sein. Jetzt spielte er wieder innen und machte das nahezu fehlerfrei. Besonders erfreulich: die ihm bisher nur auf dem Papier attestierten fußballerischen Fertigkeiten zeigte Dominguez gleich mehrfach mit sinnvoller Spieleröffnung und überlegtem Passspiel. Im defensiven Mittelfeld funktioniert das Pärchen Xhaka/Kramer immer besser. Nach etwas holprigem Auftakt war es diesmal vor allem Granit Xhaka, der dem Spiel von hintern heraus Struktur gab.

Das Umschaltspiel funktioniert

Das wohl entscheidende Plus Borussias im Vergleich zu den gar nicht so schlechten Schalkern war das blitzschnelle Umschaltspiel. Das ist das, was Lucien Favre fordert und das ist das, was in den bisherigen Spielen noch nicht so richtig funktioniert hatte. Die wohl spielentscheidenden Treffer zum 1:0 und zum 3:1, jeweils in Situationen, in denen man dachte „jetzt braucht Borussia dringend ein Tor“, sind perfekte Beispiele. Ballgewinn, überlegter Pass, souveräner Abschluss, beim 1:0 noch ergänzt durch eine kongeniale Weiterleitung des Balles von Max Kruse auf André Hahn. So sieht er wohl aus, der Favre-Fußball. Diverse Male zeigte das Team, dass es die Vorstellungen des Trainers umzusetzen in der Lage ist. Selten wurde im Spiel nach vorne gezaudert. Die aus mangelnder Konzentration oder aus unnötig gesuchten Zweikämpfen resultierenden Ballverluste kamen am Samstag Abend fast überhaupt nicht vor. Allein die vom Trainer ebenfalls gehassten unnötigen Foulspiele in der eigenen Hälfte gab es noch das eine oder andere Mal. Schalke war allerdings nicht in der Lage, die daraus resultierenden Freistöße zu wirklich gefährlichen Aktionen zu nutzen. 

Der Mann, der den Unterschied macht

Mögen irgendwelche Experten auch André Hahn zum „Man of the Match“ gekürt haben, der Spieler des Spiels war fraglos der Mann mit der Nummer 11. Raffael war von Beginn an der Wille anzumerken, seinen mäßigen Saisonstart vergessen zu machen, seinen Ex-Verein zu besiegen und dem Spiel seinen Stempel aufzudrücken. Der Brasilianer spielte wie aufgedreht. Bissig luchste er den Schalkern eins ums andere Mal den Ball ab, in der Vorwärtsbewegung war er von selbigem kaum zu trennen. Unwiderstehlich sein Solo Mitte der ersten Halbzeit, das – wenngleich nichts Zählbares dabei herumsprang – für ungläubiges Staunen im Publikum sorgte. Sein Pass zum 3:1 war der Moment, der die Partie entschied. In dieser wie auch in vielen anderen Situationen war zu spüren, wie sehr Raffael von der Wiederkehr des Max Kruse profitiert. Die beiden verstehen einander, gehen auf dem Feld aufeinander ein. Nur im Abschluss fehlte Raffael bisweilen die Entschlossenheit. Das Kopfballspiel hat er nicht erfunden. Um so erfreulicher sein Treffer zum 4:1. Ganz unbrasilianisch bolzte der Regisseur den Ball auf den Schalker Kasten, so dass Fährmann den Ball, wenngleich der gar nicht so platziert war, nicht mehr abwehren sondern nur noch abfälschen konnte.

Gutes von der Bank

Was in der vergangenen Saison oft noch ein Problem darstellte, ist behoben. Lucien Favre verfügt über diverse Alternativen. Spieler wie Fabian Johnson können, wie oben beschrieben, verschiedene Positionen spielen, auch André Hahn wirbelte zunächst rechts, dann links vorne. Vor allem aber hat Favre jetzt echte Wechseloptionen. Patrick Herrmann betrieb nach seiner Einwechslung eine Halbzeit lang Werbung in eigener Sache, gefiel durch Tempo, Kombinations- und Zweikampfstärke. Das Offensivspiel funktionierte mit Hahn/Herrmann auf den Außenpositionen eindeutig besser, als vorher. Auch die in der Schlussphase eingewechselten Spieler wussten zu gefallen: Branimir Hrgota hätte mit der ersten Aktion fast ein Tor geschossen und zeigte dabei erstaunliche Fähigkeiten in der Ballmitnahme und-verarbeitung. Thorgan Hazard machte Dampf ohne zu überdrehen, der Belgier scheint bei allem Drang nach vorne zu wissen, dass es manchmal auch sinnvoll sein kann, hinten herum zu spielen. Dass Favre es sich zudem leisten kann, einen Spieler wie Ibrahima Traoré auf der Bank zu lassen, ist ebenfalls Beleg für die gestiegene Qualität des Gesamtkaders. Dass der Kader breiter geworden ist, war vor der Saison überall zu lesen und zu hören. Dass "breiter" auch "besser" bedeuten kann, zeigte sich am dritten Spieltag.