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Das große Ziel ist zum Greifen nah. 8 Spieltage vor dem Ende erwarten sämtliche Experten, und solche die sich dafür halten, dass Borussia in der kommenden Saison in der Champions League auflaufen wird. Die überzeugenden Auftritte in der Europa League sowie der jüngste Sieg in München sprechen dafür, dass sich die Mannschaft von Lucien Favre auch in diesem Wettbewerb nicht zu verstecken bräuchte. Sportlich wären mögliche Partien gegen Real Madrid oder FC Barcelona höchst reizvoll. Aber auch finanziell liegen Welten zwischen den beiden europäischen Wettbewerben. Angesichts der aktuellen Ausgangslage wäre eine erneute Qualifikation für die Europa League daher ein etwas bitteres Trostpflaster.

Zwar wurde in dieser Woche bekannt, dass auch die auszuschüttenden Gelder der Europa League zur neuen Saison um insgesamt 63 % angehoben werden. So gibt es z. B. für die Teilnahme an der Gruppenphase zukünftig 2,4 anstatt 1,3 Mio. €. Faktisch würde Borussia bei gleichem Verlauf wie in dieser Spielzeit aber nur rund 2 Mio. € mehr bekommen. Das mag relativ viel klingen, sind aber Peanuts im Vergleich zu dem, was in der europäischen Königsklasse zu verdienen ist. Allein der Einzug in die Champions-League Gruppenphase wurde nämlich noch einmal um 3,4 Mio. € lukrativer gestaltet. Statt 8,6 Mio. € sind ab kommender Saison jedem Teilnehmer 12 Mio. € garantiert. Das ist in etwa so viel, wie dem Gewinner der Europa League im Idealfall zuteil werden kann.

Die in der Öffentlichkeit dieser Tage kolportierte Meinung, die Europa League werde durch die Änderung des Verteilungsschlüssels zukünftig gegenüber dem großen Bruder aufgewertet, ist Augenwischerei. In absoluten Zahlen ausgedrückt wird in der Champions League zunehmend mehr Geld zu verdienen sein. 1,257 Mrd. € liegen ab der kommenden Saison im Topf, verglichen mit 381 Mio. € in der Europa League. Das sind gegenüber den bisherigen Zahlen rund 250 Mio. € mehr in der CL sowie 150 Mio. € in der EL. Dazu muss bedacht werden, dass dieses Geld in der Europa League auf 56 Teilnehmer zu verteilen ist, während in der Champions League nur 32 an den Start gehen, von denen 8 anschließend nicht unwesentlich am Geldtopf der EL partizipieren. Jeden Champions League Teilnehmer erwarten im Durchschnitt also Prämien in Höhe von fast 40 Mio. Euro. In der Europa League sind es weniger als 7 Mio., wobei in beiden Wettbewerben die Gelder mit zunehmender Spielrunde noch deutlich ansteigen.

Die Ungleichverteilung der Gelder zwischen diesen beiden Wettbewerben spiegelt den Grad der öffentlichen Aufmerksamkeit wieder. Für Borussia und ihre Fans ist es ein Riesenerlebnis, durch Europa zu reisen und attraktive Gegner wie Lazio Rom oder den FC Sevilla zu bespielen. Die breite TV-Masse ergötzt sich aber lieber an Spielen gegen Juventus Turin oder den FC Chelsea. Der einstig so glorreiche UEFA-Pokal ist spätestens seit der Umbenennung 2008 zu einem besseren UI-Cup verkommen. Allein die Tatsache, dass die Verlierer der Königsklasse nach ihrem Scheitern dorthin abrutschen und fortan zu den Favoriten gezählt werden, wertet den Wettbewerb ab und verwässert ihn. Die Ideallösung, um dieser Fehlentwicklung entgegenzuwirken wäre eine Rückbesinnung auf die alte Erfolgsformel. Die Champions League müsste wieder den echten Champions vorbehalten sein. Die Europa League sportlich wie finanziell aufgewertet werden.

Da die Fußball-Öffentlichkeit aber mit dem Konstrukt Champions League hochzufrieden ist und sich hier das ganz große Geld verdienen lässt, ist dieser Vorschlag allerhöchstens etwas für nostalgische Fußball-Romantiker. Pragmatisch gedacht wäre eine Abschaffung der Europa League die logischste Lösung. Eine damit verbundene Aufblähung der Champions League ist aber bei den Großvereinen, die letzten Endes den größten Einfluss auf die Entscheidungen der UEFA nehmen, alles andere als erwünscht und wird daher ebenfalls nicht umzusetzen sein. Von der Bereitschaft zur Solidarität mit den Nicht-Teilnehmern an europäischen Wettbewerben ganz zu schweigen, die über eine vermehrte Ausschüttung in der Champions League verdienter Gelder an die Nationalverbände gezeigt werden könnte. Stattdessen wird das für die UEFA und die regelmäßig teilnehmenden Vereine so erfolgreiche System weitergeführt werden wie bisher und die Kritiker des Systems durch leichte Erhöhungen der EL-Gelder ruhiggestellt.

Die großen Profiteure dieses Verteilungsmechanismus sind nicht ganz überraschend die internationalen Topklubs, die durch Prämien, Zuschauer- und Sponsoreneinnahmen jedes Jahr neunstellige Einnahmen garantiert bekommen. Dadurch kann z. B. der FC Bayern den fünffachen Umsatz der Borussia generieren und somit selbst Ergänzungsspielern noch das vielfache an Gehältern bezahlen. Das Beispiel Sinan Kurt zeigt, dass der Wettbewerb mittlerweile selbst schon auf Jugendebene außer Kraft gesetzt wird. In einzelnen Spielen mag eine gut funktionierende Mannschaft wie Borussia dem übermächtigen Weltklub Paroli bieten können. Auf eine ganze Saison bezogen ist aber nicht absehbar, wie sich diese Kluft jemals noch wird schließen lassen können.

Die Schere klafft immer weiter auseinander, sei es ganz oben, wo die internationalen Topklubs mittlerweile unerreichbar sind. Aber zunehmend auch zwischen den regelmäßigen Champions League-Teilnehmern und dem Rest der Liga. Hier sind immerhin noch Durchlässigkeiten zu erkennen, wie das Schwächeln des BVB und die überragende Spielzeit von Borussia beweisen. Es wird aber von Jahr zu Jahr schwieriger werden, die Wettbewerbsnachteile auszugleichen, die sich insbesondere durch die immer größeren Geldsummen der Champions League ergeben. Eine Nicht-Teilnahme an der Königsklasse ist für Vereine wie Leverkusen oder Schalke finanziell ähnlich problematisch wie es für Stuttgart oder den HSV ein möglicher Abstieg wäre.

Aus Borussen-Sicht war die Gelegenheit nie so günstig wie heute, in die Phalanx der internationalen B-Klasse vorzustoßen. Gelingt der Einzug in die Champions League und wird das daraus zu erzielende Geld weiter so gut verwandt wie in den vergangenen Jahren, dann kann sich der Verein dauerhaft im oberen Tabellendrittel der Bundesliga behaupten. Doch selbst wenn Borussia jetzt endlich einmal von diesem finanziellen Ungleichgewicht profitiert, sollte im Sinne des Sports nicht übersehen werden, wie der faire Wettbewerb zunehmend auf der Strecke bleibt. So verlockend die Aussicht auf elitäre Spiele gegen Real in der Champions League sein mag. Es ist schade, wenn hervorragend arbeitende Vereine wie Augsburg, Freiburg oder Mainz zunehmend an die Wand gedrückt werden und irgendwann selbst das beste Vereinsmanagement nicht mehr reicht, um sich gegen die finanziell übermächtige Konkurrenz zu behaupten. Auf lange Sicht werden nur noch die etablierten Großklubs eine Chance haben, die regelmäßig in der Champions League spielen sowie solche Vereine wie Red Bull Leipzig, VW Wolfsburg oder HSV Kühne, die den Finanznachteil durch externe Geldgeber kompensieren können. Das anzuprangern mag der naive Blick eines Fußballromantikers sein, denn zu 100% fairen Wettbewerb wird es selbstverständlich niemals geben können. Etwas mehr davon wäre dem Fußball aber zu wünschen und ganz speziell der Bundesliga, die in der Vergangenheit ihren besonderen Reiz gegenüber anderen internationalen Topligen nicht zuletzt aus ihrer Ausgeglichenheit gezogen hat.