Noch vor wenigen Tagen schien der Fall klar: Mit Eintracht Frankfurt kommt eine Mannschaft nach Mönchengladbach, die in der Krise steckt und zudem von großen Verletzungssorgen geplagt ist. Daran hat sich kurz vor dem Aufeinandertreffen von Borussia und Eintracht nichts und doch alles geändert. Überraschend haben die Frankfurter nach dem Unentschieden gegen Ingolstadt Trainer Armin Veh entlassen, ebenso überraschend wurden die Kovac-Brüder als neues Trainergespann verpflichtet, mit dem älteren, Niko, als nominellem Chef und dem jüngeren Robert als Co. „Auf links gedreht“ hätten die in Berlin geborenen Kroaten die Mannschaft in den wenigen Tagen seit ihrem Amtsantritt, verkünden Beobachter des Geschehens in Frankfurt, wenngleich die Belege dafür bisher dünn sind. Zweifellos macht die neue Situation in Frankfurt die Vorbereitung für André Schubert und sein Team nicht eben leichter, wie der Gladbacher Coach auch freimütig einräumte. 

Man werde sich über die taktischen Vorlieben der Kovac-Brüder informieren, sagte Schubert bei der Pressekonferenz am Donnerstag Nachmittag. Darüber hinaus sei es kaum vorherzusagen, mit welchem Personal der Tabellensechzehnte am Samstag in Gladbach auflaufen wird. Tatsächlich hat Niko Kovac offensiv verkündet, kaum ein Stammplatz sei mehr sicher. Der neue Trainer rief bei der Eintracht einen neuen Konkurrenzkampf auf, allein die Trainingseindrücke aus dieser Woche seien entscheidend dafür, wer spielt. Die stellen sich natürlich artig genauso zu 100% hinter den neuen Trainer, wie sie noch am vergangenen Samstag Nachmittag hinter Armin Veh standen. „Sehr hart“ seien die ersten Trainingseinheiten unter dem neuen Gespann gewesen, berichten die, die zugesehen haben. Einen Fingerzeig, was genau Niko Kovac personell und taktisch plant, sah allerdings niemand.

Dass der Konkurrenzkampf im Team der Eintracht sich zumindest in dieser Woche trotz allem noch in Grenzen halten wird, liegt daran, dass die Personalsituation anhaltend angespannt ist. Das beginnt schon ganz hinten. Der zuverlässige Torhüter Hradecky fällt vermutlich mit Hexenschuss aus.  Sein Stellvertreter ist allerdings kein No-Name. Der siebenfache österreichische Nationaltorwart Heinz Lindner kam vor Saisonbeginn von Austria Wien nach Frankfurt und wird schon mit den Hufen scharren, sein Können in der Bundesliga unter Beweis zu stellen.

Der Ausfall, der Nico Kovac am deutlichsten schmerzen wird, ist der von Torjäger Alex Meier. Mit Knieproblemen konnte der unter der Woche nicht trainieren, ein Einsatz in Gladbach scheint ausgeschlossen. Auch Marc Stendera, dem beim Auswärtssieg der Eintracht in Gladbach in der vergangenen Saison sein erstes Bundesligator gelang, fällt verletzt aus. Das gleiche gilt für Aleksandar Ignjovski , für den trotz gesundheitlicher Fortschritte ein Einsatz am Samstag zu früh käme. Gerade noch rechtzeitig fit zu werden, verspricht Carlos Zambrano. Der Innenverteidiger, der in der Vergangenheit auch schon mit Borussia in Verbindung gebracht wurde, laboriert an einer Oberschenkelzerrung, wird aber wohl spielen können.

André Schubert sagte angesichts aller Unwägbarkeiten das einzig Richtige: Seine Mannschaft werde sich auf ihre Stärken besinnen, ein- und aufgestellt werde das Team unabhängig vom Gegner. So dürfte die einzig wirklich offene Frage sein, ob Schubert das Spiel mit einer Dreier- oder eine Viererkette beginnen wird. Die Dreiervariante funktionierte gegen Stuttgart gut, gegen Wolfsburg weniger, so dass der Trainer nach dem Doppelschlag des Gegners wieder auf die klassische Variante umstellte.

Das anhaltende Fehlen von Oscar Wendt macht Schubert die Entscheidung voraussichtlich nicht leichter. Bei einer Dreierkette rückt der Linksverteidiger ins linke Mittelfeld vorrückt und belebt so das Offensivspiel. Diese Rolle liegt Wendt ungemein, sein Vertreter Martin Hinteregger fremdelt mit der Rolle. Er ist deutlich mehr als Wendt ein klassischer Verteidiger, hat weder dessen Dynamik noch dessen Technik. Hinteregger müht sich und rackert, seine Stärken kann er im Mittelfeld aber eher nicht einbringen.

Auf der rechten Seite könnte sich normalerweise Julian Korb wieder Hoffnungen auf einen Startelfeinsatz machen. Nico Elvedi, der den zunächst unter Schubert aufgeblühten Korb verdrängt hat, spielte in Wolfsburg unglücklich, allerdings scheint der junge Schweizer beim Trainer einen Stein im Brett zu haben und tatsächlich ist er an einem guten Tag der bessere Verteidiger als Korb, dessen Vorstöße häufig von einer gewissen Sorglosigkeit gekennzeichnet sind – verschäft dadurch, dass er im Gegensatz zum linken Gespann Wendt/Johnson nie einen ähnlich defensiv denkenden Vordermann hatte.

Der Mann im rechten Mittelfeld könnte gegen Frankfurt Thorgan Hazard sein. Der Belgier hat sich im Team festgespielt, war gegen Stuttgart überragend, in Wolfsburg zumindest okay. Für Patrick Herrmann dürfte ein Einsatz von Beginn an ohnehin noch zu früh kommen und Ibo Traoré scheint zur Zeit etwas außen vor zu sein. Denkbar wäre aber auch, Hazard wieder als Teil eines Dreiersturms mit Raffael und Lars Stindl aufzubieten und Fabian Johnson auf rechts aufzubieten. Dort tat der Deutsch-Amerikaner sich allerdings in den beiden letzten Partien nicht wirklich leicht.

Mögliche Aufstellungen

Borussia: Sommer – Elvedi, Christensen, Nordtveit – Johnson, Xhaka, Dahoud, Hinteregger – Hazard, Stindl, Raffael.

Frankfurt: Lindner – Regäsel, Zambrano, Abraham, Oczipka – Russ, Hasebe – Aigner, Fabian, Ben-Hatira – Seferovic.

Seitenwahl-Prognose

Christian Spoo: Gegen die Frankfurter Wundertüte sollte Borussia trotz des Neuebeseneffektes bestehen können. Wie immer hängt vieles an der konzentrierten Abwehrarbeit. Gelingt das wie gegen Stuttgart, sollte ein 3:1-Erfolg möglich sein. 

Christoph ClausenNeue Frankfurter Besen kehren besser, aber nicht gut genug, um heimstarke Borussen an einem 3:1-Erfolg zu hindern.

Michael HeinenDer Trainerwechsel macht die Aufgabe etwas unberechenbarer. Da sich Borussia in den letzten beiden Spielen aber deutlich verbessert präsentiert hat und zudem sehr heimstark ist, sollte es auch gegen die Kovac-Brüder zu einem 2:1-Sieg reichen.

Thomas Häcki: Der Trainerwechsel kommt zur Unzeit. Auf der einen Seite kehren neue Besen bekanntlich gut. Auf der anderen Seite haben die letzten Heimspiele aber auch wieder etwas Hoffnung gemacht. Am Ende setzt sich die Borussia mit 4:2 durch.