Die gestrige grotesk-absurde Partie in Gelsenkirchen schmerzt auch am Morgen danach noch jeden Borussen-Fan. Eine dermaßen unnötige und unverdiente Niederlage hat es selbst in der an unsäglichen Niederlagen reichen Borussen-Historie nur sehr selten gegeben. Wenn selbst solche Spiele verloren gehen, wie soll dann überhaupt jemals noch auswärts gewonnen werden, fragt sich so mancher Fan in seinem verständlichen Frust. Trainer André Schubert tat aber gut daran, nach dem Spiel die positiven Aspekte der Partie herauszustellen und seine Mannschaft wieder aufzurichten anstatt auf die zweifelsohne ebenfalls vorhandenen Unfähigkeiten im Torabschluss und bei den beiden Gegentoren näher einzugehen. Denn der weitere Saisonverlauf wird sehr entscheidend davon abhängen ob es der Mannschaft gelingen wird, dieses Negativerlebnis positiv zu verarbeiten.

Denn wenngleich es sich nach dem gestrigen Abend so anfühlt. Bis auf die eh unerreichbaren Plätze 1 und 2 ist noch überhaupt nichts verloren. Selbst bei einem Sieg der Hertha im undankbaren Heimspiel gegen Ingolstadt, könnte der Rückstand auf den 3. Rang schon am nächsten Spieltag wieder um 3 Punkte reduziert werden. Schalke hat in den kommenden Wochen einige schwere Spiele (u. a. Bayern und Dortmund). So wie sie gestern bzw. auch schon vorige Woche in Berlin aufgetreten sind, werden sie sich niemals in den Top4 halten können. So viel Dusel wie gestern kann man vielleicht mal an einem Abend haben. Auf lange Sicht wird eine derart desaströse Leistung, die stark dem antriebslosen Auftreten des Abstiegsanwärters aus Frankfurt in der Vorwoche ähnelte, nicht erfolgreich sein können.

Entscheidend für das endgültige Abschneiden der Borussia im kommenden Mai wird aber ihre eigene Reaktion auf das gestrige Spiel sein. Zuletzt hat die Mannschaft wieder fast so überragend gespielt wie im vergangenen Herbst. Ärgerlicherweise hat es auswärts mit der sonst so guten Chancenverwertung gehapert. Abgesehen davon war der Auftritt gestern gar nicht so weit vom überragenden Sieg bei der Hertha entfernt.

Wenn die Mannschaft aus dem gestrigen Abend eine Jetzt-erst-Recht-Haltung entwickelt und die gute Form bis Saisonende konserviert, dann wird ihr ein europäischer Platz nicht zu nehmen sein und selbst der Traum von der erneuten Champions League Teilnahme muss dann nicht Utopie bleiben. Mut machte die Reaktion auf das 0:1, als die Elf zwar schon geschockt schien, aber dennoch nicht aufgab und weiter auf den Ausgleich drängte. Und selbst nach dem abermaligen 1:2-Schock zeigte sie Charakter als sie den Kopf nicht hängen ließ, sondern bis zur letzten Minuten der Partie weiter alles gab.

Auch für eine Rückkehr der Torgefährlichkeit in den kommenden Wochen spricht einiges. Mit Herrmann rückt ein - relativ zu Hazard - treffsicherer Offensivspieler immer näher an die Startelf. Ibrahima Traoré deutete gestern nach der Einwechselung erstmals nach vielen Monaten wieder seine einstmals so große Klasse an. Und der torgefährliche  André Hahn wird in der Saisonendphase zumindest wieder als Joker zur Verfügung stehen.

Auf diesen Fakten kann aufgebaut werden, wenn in zwei Wochen das nächste wichtige Spiel gegen den direkten Konkurrenten aus Berlin ansteht. Anschließend warten weitere machbare Partien, in denen in der aktuellen Form und mit etwas weniger Pech auch auswärts wieder Siege möglich sein sollten. Es besteht also kein Grund, allzu lange Trübsal zu blasen. Jetzt erst recht kann die Elf von André Schubert beweisen, dass sie mehr drauf hat als sie in den ersten Spielen der Rückrunde gezeigt hat. Dies tat sie selbst bei den letzten Auswärtsauftritten, in denen die Fohlenelf besser war als die direkte Konkurrenten mit deutlich größeren finanziellen Möglichkeiten. Schalke wurde sogar über weite Strecken dominiert und deklassiert. Es sollte also kein Zweifel daran bestehen, dass Borussia die Qualitäten hat, um sich im Rennen um die Plätze 3-7 weit oben platzieren zu können. Das Ergebnis gestern mag hierfür ein bitterer Rückschlag gewesen sein. Es war aber noch lange nicht das letzte Wort, das in dieser Saison gesprochen wurde.