Über die Kommerzialisierung im Fußball wird in diesen Tagen mehr als genug geredet. Leider haben es die asozialen Fans des BVB geschafft, diese Diskussion in eine völlig falsche Richtung zu verlagern und die Wettbewerbs-Verzerrer aus Österreich in eine Opferrolle zu drängen, die von den Medien allzu dankbar angenommen wird. Wieder einmal hat sich Gewalt als falscheste Lösung eines Problems und letztlich sogar als klassisches Eigentor erwiesen. Borussias Fans werden in rund zwei Wochen Gelegenheit haben es besser zu machen, nämlich das Kunstprodukt Red Bull Leipzig auf kreative Weise aber ohne Gewalt zu kritisieren. Zuvor wird die Fohlenelf aber an diesem Dienstag um 20.45 Uhr eine andere Facette des modernen Fußballkommerzes kennenlernen, wenn sie in den „Sportpark Ronhof Thomas Sommer“ reisen darf.

Wie bitte? Sie kennen Thomas Sommer nicht? Dieser Fürther Immobilienmakler hat sich für fünf Jahre die Namensrechte am altehrwürdigen Fürther Stadion gesichert, das in seiner Historie schon so illustre Bezeichnungen wie „Trolli-Arena“ oder „Playmobil-Stadion“ über sich ergehen lassen musste. Die finanziellen Möglichkeiten sind für die Fürther trotz dieser Finanzspritze ihres Edel-Gönners überschaubar. An eine Rückkehr in die 1. Bundesliga, wo sie noch vor vier Jahren ein kurzes Gastspiel feiern durften, ist daher aktuell nicht zu denken.

Auffällig ist die Wankelmütigkeit in den Auftritten. Gegen St. Pauli (0:2), Heidenheim (0:2) oder Würzburg (0:3) blieb die Mannschaft am Ende chancenlos, während vermeintlich schwierige Spiele wie in Nürnberg, gegen Mainz oder zuletzt Hannover überraschend gewonnen wurden. Mit dem furiosen 4:1 über den bisherigen Tabellenführer der 2. Liga konnte zuletzt zumindest die gröbste Abstiegsgefahr fürs erste gebannt werden. Diese Partie kam auch für Borussia und ihren neuen Trainer zur richtigen Zeit, um noch einmal auf die Schwierigkeit der Pokalbegegnung eindringlich hinweisen zu können. Die Fürther sind individuell selbstredend deutlich schlechter besetzt als Borussia. Spieler wie Marco Caligiuri und Winter-Neuzugang Johannes van den Bergh gehören mit ihrer Erstligaerfahrung schon zu den besseren Akteuren, sodass auf dem Papier fast alles für Borussia spricht.

Die Elf von Dieter Hecking wird aber am Ronhof eine klassische Pokalatmosphäre erwarten, in der die Gastgeber bis zum Umfallen um den Einzug ins Viertelfinale kämpfen werden. 90 % Einsatz werden da nicht reichen, betonte daher auch Borussias Trainer auf der Pressekonferenz völlig zurecht. Diese Erfahrung machte in der 2. Runde der FSV Mainz 05, der trotz einer späten Führung in letzter Minute noch mit 1:2 unterlag und aus dem Pokal ausschied.

Die Statistik spricht für Borussia, denn gegen die Fürther gab es in bislang 9 Pflichtspielen 7 Siege und noch keine einzige Niederlage. Im Pokal wurde die bislang einzige Partie mit 6:0 gewonnen, was 1983 aber noch ein Duell zwischen Bundesliga und Oberliga Bayern war. Die letzte Begegnung entschied Borussia im November 2012 u. a. dank eines überragenden Patrick Herrmann mit 4:2 für sich, nachdem es zur Halbzeit noch 1:2 gestanden hatte. Borussia profitierte damals u. a. von einer frühen Roten Karte gegen ihren Ex-Spieler Thomas Kleine, der am Dienstag als Co-Trainer auf der Bank der Fürther Platz nehmen wird.

Borussia kann aber nicht nur wegen dieser Statistiken endlich einmal wieder mit vollem Selbstbewusstsein in ein Pflichtspiel gehen. Der Knotenlösersieg in Leverkusen wurde gegen den SC Freiburg mühsam, aber erfolgreich bestätigt. Das Spiel gegen die gleichwertigen Breisgauer zeigte aber auf, dass noch längst nicht alle Probleme beseitigt sind und es mehr bedarf als eines Trainerwechsels, um wieder an die Spitzenleistungen vergangener Tage anknüpfen zu können.

Personell wird Hecking nicht viel anderes übrig bleiben, als weitgehend auf das zuletzt so erfolgreiche Personal zu vertrauen. Elvedi, Strobl oder Hofmann sind weiterhin nicht fit genug für einen Einsatz. Da der neue Coach zudem mutmaßte, dass vorläufig noch kein so dringlicher Bedarf für eine ausgiebige Rotation herrscht, sind Änderungen in der Startaufstellung nicht zu erwarten. Selbst wenn die Fohlenelf 2017 noch kein Gegentor aus dem Spiel heraus kassiert hat, war die Abwehr nicht immer fehlerfrei. Insbesondere Jannik Vestergaard musste sich berechtigte Kritik an diversen Aussetzern gefallen lassen. Gegen Fürth wird vollste Konzentration bis zur letzten Minute nötig sein, damit Borussia den viertletzten Schritt auf dem kürzesten Weg zu einem Titel erfolgreich beschreiten kann.

Fürth: Burchert – Caligiuri, Franke, Gießelmann – Narey, Hofmann, Sontheimer, Zulj, van den Bergh  – Dursun, Berisha

Gladbach: Sommer – Jantschke, Christensen, Vestergaard, Wendt – Kramer, Dahoud – Hahn, Hazard – Stindl, Raffael

SEITENWAHL-TIPPS:

Michael Heinen: Es wird sehr mühsam, aber unter Dieter Hecking ist das Glück nach Mönchengladbach zurückgekehrt. Dem Trainer-Magier gelingt es jetzt sogar, mit seiner Mannschaft ein Elfmeterschießen zu gewinnen, bei dem Yann Sommer gleich zwei Bälle abwehrt.

Christian Spoo: Borussia fährt selbstbewusst nach Fürth. Das Ego der Franken ist aber nicht minder groß und sie haben das Überraschungsmoment auf ihrer Seite. Borussia fährt nach dem 1:2 verunsichert nach Hause. Der kürzeste Weg nach Europa war eine Sackgasse.

Claus-Dieter Mayer: Die Borussia glänzt vielleicht noch nicht wie zu besten Zeiten, aber macht zumindest wieder ihre Hausaufgaben und holt letztendlich einen 2:0-Sieg in Fürth. Ein peinliches Ausscheiden gegen ein unterklassiges Team wird somit auf eine Runde verschoben, in der es noch mehr weh tut.

Thomas Häcki: Die Spielvereinigung kann sich auch diesmal nicht gegen die Borussia durchsetzen. Nach dem 2:1-Erfolg hofft man am Niederrhein auf Losglück im Viertelfinale.

Uwe Pirl: Die Ergebnisse gegen Düsseldorf und Bochum sollten Borussia eine Lehre sein. Auch gegen einen Mittelklasse-Zweitligisten ist voller Einsatz gefragt. Den wird die mittlerweile wieder im Wettkampfmodus befindliche Mannschaft aber auch bringen - deshalb kommen wir auch weiter: 2:0 für Borussia