hertha berlin“Mittel gegen Mäβig” betitelten wir den Vorbericht zum letzten Aufeinandertreffen von Hertha BSC und Borussia Mönchengladbach und als beide Mannschaften dann als Nummer 9 und 10 ins Ziel eingetrudelt waren, gab es beim launischen Fuβball-Podcast “Drei90” einen Rückblick, in dem jeder Saisonverlauf eines Teams als Tag im Leben eines Menschen charakterisiert wurde: Gladbach und Hertha waren dabei zwei Faulpelze, die den ganzen Tag im Bett verbracht hatten, wobei Borussia zumindest zu Gute gehalten wurde, einmal das Badezimmer besucht zu haben. Wer nun aber angesichts dieser Vorgeschichte  am Samstag im Spiel zweier grauer Mäuse ein Spiel höchster Mausgrausamkeit erwartet, ignoriert doch etwas fahrlässig den guten Bundesligastart beider Protagonisten. Natürlich ist ein Duell der beiden punkt und torgleichen Vierten nach 3 Spieltagen noch nicht gleich ein Spitzenspiel und die dämliche Floskel von den “Bayernjägern” sollte man sowieso gleich mal stecken lassen, aber sowohl in Berlin als auch in Mönchengladbach kann man nicht nur mit dem bisherigen Punktestand recht zufrieden sein.

Auf Gladbacher Seite deutete der Auftritt gegen Schalke am dritten Spieltag z.B. an, dass Rekordeinkauf Plea jetzt wirklich bei der Borussia angekommen ist. Zwar traf er diesmal nicht selbst, wirkte aber sehr agil (kein Zeichen mehr von dem Trainingsrückstand, der in der Vorbereitung noch so eklatant war), zeigte auch gerade furs Gladbacher Spiel so wichtige  Flexibilität und war auch an der Vorbereitung des zweiten Treffers beteiligt. Was uns zum zweiten erfreulichen Aspekt des  letzten Samstags bringt: Patrick Herrmann kann noch Bundesligatore erzielen. Der in der Sommerpause eigentlich schon als sicherer Abgang gehandelte Saarländer konnte seine Einwechslung nutzen, um die guten Eindrücke aus der Vorbereitung zu bestätigen und scheint nicht nur wegen seines Tores wieder eine echte Option für die Gladbacher Offensive zu sein.

Auch der Eindruck, dass dem Team die neue 4-3-3 Ausrichtung gut tut, scheint sich zu bestätigen und ganz besonders gilt das für das Laufwunder Jonas Hofmann, der auf der Achter-Position im Moment seinen zweiten Frühling feiert, sofern er denn jemals einen ersten hatte. Dies alles zusammen mit der Breite des Kaders (Kramer und Zakaria zeigten, dass sie keineswegs klare Bankdrücker sind), der Topform von Yann Sommer und auch Matthias Ginter, lässt Borussenfans durchaus positiv gestimmt auf das Spiel in Berin schauen.

Ähnlich sehen das aber wohl auch die Herthaner, denen am letzten Samstag nur wenige Sekunden fehlten, um punkgleich mit den Bayern einen perfekten 3-Siege-Start zu feiern. Ganz oberflächlich betrachtet ist es alles wie vorher: Unter Dardai haben Defensive und taktische Disziplin Vorrang vor attraktivem Fuβball; in der “expected goals”  Tabelle liegt Berlin auf dem vorletzten Platz, was man als Indiz dafür deuten könnte, dass der gute Start lediglich einer Mischung von Effizienz und Glück zu verdanken ist. Gottseidank können solche Zahlen aber (noch) nicht alles auffangen, was ein Team ausmacht, denn wer die Auftritte der Berliner vor allem auf Schalke und in Wolfsburg verfolgt hat, konnte eine spielerische Reife erkennen, die vor allem deshalb überrascht, weil das Team (den Altherren-Sturm Kalou-Ibisevic mal ausgenommen) überwiegend aus sehr jungen Spielern besteht. Symbolfigur für diese “neue Hertha” ist der 23-jährige Slowake Ondrej Duda der nach zwei Jahren Anlaufzeit (teilweise durch Verletzungen bedingt) nun seinen Durchbruch als Spielmacher der alten Dame geschafft zu haben scheint. An mangelndem Selbsvertrauen scheint es ihm auf jeden Fall nicht zu mangeln, wie sein schlitzohriger Freistoβ in Wolfsburg beweist, als er die fest an einen hohen Schuss mit Effet (wie in Schalke beim 2:0) glaubende Mauer hochspringen liess, nur um dann unter den verdutzten Spielern flach einzunetzen.  Der andere Torschütze in Wolfsburg, der von Man City nach Berlin gewechselte Niederländer Javairo Dilrosun, gehört mit 20 Jahren ebenso zur Garde der hoffnungsvollen Youngstern wie auch U21-Nationalspieler Arne Maier.  Auch wenn die Hertha 2018/19 kaum plötzlich im Hurrah-Stil auftreten wird, so scheint sie im Gegensatz zum Vorjahr in der Lage, mehr als nur ein unangenehmer Gegner zu sein.

Personell werden die Berliner auf Innenverteidiger Torunarigha verletzungsbedingt verzichten müssen, während Ex-Borusse Matthew Leckie nach Bänderverletzung zwar wieder im Training ist, aber wohl kaum Aussichten auf einen Einsatz hat.

Das gilt trotz gegenteiliger boulevardesker Spekulation auf Gladbacher Seite ebenso für Lars Stindl und auch Raffael scheint noch kein Kandidat für die Startelf am Samstag zu sein. Insofern spricht vieles dafür, dass Dieter Hecking eine ähnliche Anfangsformation wie gegen Schalke in der Vorwoche aufstellen wird.

Mögliche Aufstellungen:

Borussia: Sommer - Elvedi, Ginter, Jantschke, Wendt - Strobl - Hofmann, Zakaria - T. Hazard, F. Johnson – Plea

Hertha BSC:  Jarstein - Lazaro, Stark, Lustenberger, Plattenhardt - Maier - Kalou, Grujic, Duda, Dilrosun – Ibisevic

Seitenwahl-Tipps:

Claus-Dieter Mayer: Auch in Berlin findet die Borussia letztendlich die nötigen Lösungen und setzt sich auf Grund der höheren individuellen Klasse mit 2:0 durch.

Christian Spoo: Hertha BSC liegt Borussia mehr als die Kampfteams von Augsburg und Schalke. Da die Berliner aber gut in Form sind, gibt es nach unterhaltsamem Spiel keinen Sieger. 2:2.

Uwe Pirl: Hertha ist ein unsprektakuläres Team. Genauso wird auch das Spiel. Weil Borussia immer für ein Tor gut ist, genauso aber auch für ein Gegentor, endet das Spiel 1:1

Thomas Häcki: Der Vierte spielt gegen den Vierten. Nach dem 1:1 teilt man weiterhin die Platzierung.

Michael Heinen: Zuletzt hat Borussia in Berlin oft gut ausgesehen. Dieses Jahr reicht es zwar nur zu einem 1:1, mit dem man aber trotzdem gut wird leben können.