Am Samstagabend schaut die Liga wie gewöhnlich gemeinsam auf das Schlagerspiel des Spieltags, das sogenannte Topspiel des Wochenendes, das so herzkasperverursachende Spannung verspricht, dass der übertragende Fernsehsender für gewöhnlich seine besten Leute schickt, um die notwendige Expertise zu liefern, damit das Geschehen vor, während und nach dem Spiel passend und kenntnisreich eingeordnet werden kann. Also, in der Theorie. In der Praxis schickt Sky da Wolff-Christoph Fuss und Lothar Matthäus. Der beste Ort, das Spiel zu verfolgen, wird also auch am Samstag ganz sicher und unabhängig vom Ausgang das Stadion sein. 

Und ob man das Topspiel nennen darf, kann auch getrost bezweifelt werden, aber, hey, die Namen klingen immer noch. Auch beim Gast aus Gelsenkirchen ist das so. Dabei hatte man sich “auf” Schalke den Saisonverlauf sicherlich ganz anders vorgestellt. Nachdem der direkte Wiederaufstieg nach stotterndem Start in Liga 2 mit einer fulminanten Rückrunde sogar radkappengekrönt gelang, hatten nicht wenige damit gerechnet, die Euphorie in die folgende Saison tragen zu können, was seit jeher eine gute Grundlage dafür ist, im ersten Jahr den Klassenerhalt einigermaßen souverän sicherstellen zu können. Eine Halbserie später bleibt zu konstatieren, dass dies nicht gelungen ist. Seit dem 11. Spieltag steht die Mannschaft auf dem letzten Tabellenplatz, bisher gab es zwei Heimsiege und vier Unentschieden, aus denen zwei Punkte in der Fremde geholt wurden.  

So müsste man den Besuch dieser Mannschaft auf dem Papier eigentlich nicht fürchten, auch wenn Daniel Farke auf der Pressekonferenz nahezu favresk vor der “total unangenehmen Aufgabe” warnte, gegen diesen Gegner spielen zu müssen. Tatsächlich trifft man in einer Saisonphase auf die Schalker, die man schon fast als letzte Chance bezeichnen muss. Am vergangenen Wochenende gastierten unsere Freunde aus der Domstadt in Gelsenkirchen und hatten etwas Glück, mit einem Auswärtspunkt nach Hause zu fahren, waren sie doch von zwei schwachen Mannschaft die noch schlechtere gewesen. Allerdings hatten die Schalker ihre im Ansatz durchaus vorhandenen Möglichkeiten nicht in wirkliche Torgefahr ummünzen können. Der Einsatz, zuvor unter der Woche von einem beträchtlichen Fanaufkommen beim Training im alten Parkstadion mit viel Pyro und Stimmgewalt beschworen, stimmte jedenfalls. Und auch am Samstag wird sich die Mannschaft einer Unterstützung sicher sein können, von der die ungleich erfolgreicheren Retortenvereine aus Leipzig oder Sinzheim wohl auch in Jahren noch nur werden träumen können.  

Wenn dieser Anhang aus dem Spiel am vergangenen Wochenende Hoffnung ziehen konnte, dann vor allem daraus, dass sich diese Mannschaft sichtbar noch nicht aufgegebenen hat, und dass sich mit Rodrigo Zalazar ein seit dem 8. Spieltag verletzter Spieler zurückmeldete, der dem Schalker Spiel nach seiner Einwechslung sichtbar eine ganz neue Qualität verlieh. Mit Alex Král steht ein weiterer zuletzt verletzter Spieler wieder zur Verfügung und könnte ebenso wieder in die Startelf rücken. Auch verletztungsbedingt, aber eben auch in Folge des Misserfolgs hat sich auch unter Thomas Reis, der das Traineramt im Oktober vom glücklosen Frank Kramer übernahm, noch keine richtige Startelf gebildet. Zuletzt kehrte Fährmann ins Tor zurück und Terodde durfte sich von Anfang an versuchen; auch hier ist denkbar, dass Winterzugang Michael Frey (kam vom von van Bommel trainierten Klub Royal Antwerpen, sprachlich hübscher wäre aber VVV gewesen) eine erneute Chance erhält.  

Blicken wir auch noch kurz auf den Topspielgastgeber: Hier bauen sich gleich mehrere Hürden auf. Borussia hat unter Farke noch nie zwei Spiele in Folge gewonnen, was hauptsächlich daran lag, dass man bisher in der Fremde nicht über Unentschieden (wie im Hinspiel) hinauskam und sich im Bundesligaspielplan nun einmal Heim- und Auswärtsaufgaben in schöner Regelmäßigkeit abwechseln. Jetzt hat man am vergangenen Wochenende diese unschöne Serie endlich durchbrechen können, die Gelegenheit scheint also günstig. Aber der dabei in vordererster Front mitwirkende Stindl ist wegen Rückenproblemen für den Samstagabend fraglich; ebenso steht bei Koné noch ein Fragezeichen hinter dem Namen. Die sonstigen Fragen heißen Scally oder Lainer; fehlt Stindl, kehrt sicherlich Plea zurück in die Startelf. Aber darüber hinaus bleibt noch die Feststellung, dass die Borussia gerade bei den vermeintlich leichteren Aufgaben oft die richtige Einstellung vermissen ließ, man möchte hoffen, dass sie sie dieses Mal gleich zu Anfang und über die gesamte Distanz findet. Denn auch bei einem Duell gegen ein Schalke 04 mit Zalazar sollte die spielerische Qualität eigentlich eindeutig für die Borussia sprechen. Die Frage wird aber sein, ob man angesichts der zu erwartenden aggressiven Spielweise des Gegners diese auch auf den Platz wird bringen können. Ist man dazu in der Lage, sollte wenig dagegen sprechen, sich mit einem Heimsieg erst einmal vorentscheidend von der Abstiegszone absetzen zu können, also, wenn alle Borussen die Maxime umsetzen, nur erlaubte Körperteile in die Flugbahn des Balles zu halten. 

Borussia: Omlin – Scally, Itakura, Elvedi, Bensebaini – Weigl, Koné – Stindl, Hofmann, Kramer – Thuram

Schalke: Fährmann - Brunner, Yoshida, Jenz, Uronen - Krauß, Kál - Kozuki, Zalazar, Skarke - Frey

SEITENWAHL-TIPPS

Volkhard Patten: Borussia hat in der Vergangenheit gegen Schalke immer gut ausgesehen. Nach dem klaren, aber nicht überzeugen Sieg in Ho$$enheim ist nach dem 3:0-Sieg gegen S04 die Borussen-Welt wieder in Ordnung.

Claus-Dieter Mayer: Gegen einen Abstiegskandidaten blamiert sich die Borussia .... erst im Spiel bei der Hertha. Gegen Schalke reicht es zu einem glanzlosen 2:0.

Michael Heinen: Die individuelle Qualität von Borussias Offensive wird sich am Ende gegen den überraschend mutigen Tabellenletzten durchsetzen. Borussia gewinnt mit 2:1.

Christian Spoo: Borussia tut sich schwerer als wir das gerne hätten. Am Ende reicht die höhere Qualität des Kaders aber aus, um die drei Punkte zu behalten. 2:1.

Michael Oehm: 3:0 klingt deutlich, wird es aber erst hinten raus. Aber die Effizienz ist zurück.