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Nach etwas über einer Stunde war so gut wie klar, dass heute Geschichte geschrieben würde. Da schmetterte Peniel Mlapa, der gerade erst auf den Platz gekommen war, den Ball so lustvoll ins Tor, dass sich der erste Sieg in der Europa League für Borussia Mönchengladbach deutlich ankündigte. Der spektakuläre Treffer rückte die Gladbacher Welt wieder etwas gerader, denn bis Sonntag darf man sich als ein Team fühlen, dass eine franzöische Spitzenmannschaft geschlagen hat.


Der Sieg lässt die Welt ein bisschen rosiger erscheinen, als sie bei genauerem Hinsehen aus Mönchengladbacher Perspektive wirklich ist. So denkt man im Nachhinein nicht mehr an die häufigen Ballverluste, dazu überaus oft als "unforced errors". Und nicht mehr daran, dass die grünweiss geringelten Borussen es damit häufig nicht  mal bis zur Mittellinie schafften, ohne den Ball wieder loszuwerden. Was  zählt das schon, wenn man sich mit einem Sieg schmücken darf, an den vorher so wenige geglaubt hatten, dass zum Beispiel die komplette Redaktion einer beliebten Fanzine mit ihren Tipps daneben gelegen hatte. Dennoch müssen wir schauen, ob es sich um einen einmaligen Glücksfall oder ein Zeichen wiederkehrender Stärke handelt.

"Glücklich, aber verdient" ,  das hört man bei fast jedem Ergebnis, das kein Unentschieden und kein Kantersieg ist. Die Basis des Gladbacher Erfolges vom Donnerstag war dabei, dass die Mannschaft beherzt und konzentriert verteidigte, den Franzosen dabei zwar oft den Ball überließ, beziehungsweise ihnen direkt in die Füße spielte, dafür aber relativ wenig Chancen zuließ. Dennoch ist das nicht die hochklassige Taktik des Raumverengens der letzten Saison sondern mehr "Kampf um jeden Meter". Am Donnerstag ging das gut, so wie auch im ganz ähnlich gelagerten Spiel gegen Frankfurt. Auf echte Abwehrstärke sollte man aus dem zu Null Ergebnis dennoch nicht schließen.

Beim Spiel nach vorne war nicht nur die Anzahl der Ballverluste Besorgnis erregend, auch die Art und Weise der Fehlpässe sah grauslich aus. Dadurch schafften es die Borussen oft nicht mal aus der eigenen Hälfte und wie gegen Frankfurt fing die zweite Halbzeit mit einer Dauerbelagerung durch den Gegner an, aus der mit keinem Konter und keinem weiten Ball ein Ausweg zu finden war. Auch da gibt es viel zu verbessern, besonders wenn der Gegner das Pressing früh ansetzt. Aber es ist ja auch manchmal Gold, was nicht glänzt: Der beherzte Fight der Borussen zeigte, dass die erneut hohe Auswärtsniederlage keine Spuren im Mannschaftsgefüge hinterlassen hat. Und dass die knochenhart einsteigenden Franzosen den Borussen nicht den Schneid abkaufen konnten, ist auch keine Selbstverständlichkeit, immerhin stehen zwei Verletzte zu Buche, von denen Jantschke das Spiel in Hannover wohl nicht mitmachen wird.  Nach dem 2:0 blitzte sogar wieder alter Spielwitz auf: Die Ballstafette von Nordtveit über Arango zu Rupp und Mlapa hätte das 3:0 bedeuten müssen, war auf jeden Fall war der schönste Angriff des Spiels.

Gerade Lukas Rupp zeigte erstmals Ansätze seines durchaus beachtlichen fußballerischen Könnens, nachdem bisher deutlich mehr von ihm verlangt wurde, die rechte Seite dicht zu machen. Wenn er noch an der Genauigkeit bei Pässen und Flanken arbeitet, kann er zur echten Alternative werden, wobei er nicht nur auf die rechte Außenbahn festgelegt ist. Auch die Variante mit Patrick Herrmann als Reusimitat im Sturm kann wiederholt werden. Sicher bringt das Bantamgewicht nicht die Torgefahr auf den Platz wie der Dortmunder Nationalspieler, aber  auf diese Weise könnte Luuk de Jong besser in Schussposition kommen. Doch das müsste sich noch deutlicher zeigen. Nicht mehr zeigen kann sich vorläufig Granit Xhaka. Favre setzte seinen Landsmann zu Gunsten von Torben Marx auf die Bank und nicht selten konnte man ein "endlich!" dazu vernehmen. Der Spielverlauf gibt der Maßnahme des Trainers auf ganzer Breite recht, denn auch wenn Xhaka ein wesentlich talentierterer Spieler als Marx ist, hilft er der Mannschaft wenig, wenn er sich seine Sechser-Position aus der Ferne betrachtet. Vielleicht und hoffentlich hilft es ihm, sich das defensive Spiel im Mittelfeld mal von außen anzusehen.

Ob er diese Perspektive auch in Hannover genießen kann, steht noch nicht fest. Dass er dort viel Anlass für defensive Disziplin und Laufarbeit zu sehen bekäme, hingegen mit großer Wahrscheinlichkeit wohl. Die zur Zeit beste Mannschaft im Norden knüpft an ihre Leistungen der letzten Jahre an und bewirbt sich am Ende der Saison vermutlich wieder um einen Platz in der Europa League. Im Vergleich zur ausgezeichneten Vorsaison fehlt den 96ern vielleicht noch ein bisschen, gerade auswärts gibt es mehr Niederlagen, als die konterstarken Niedersachsen nötig hätten. Und der 4:0 Sieg in Wolfsburg, der die Bilanz aufhübscht, ist im Nachhinein vielleicht doch keine Sensation. Ähnlich wie ihre Gäste am Sonntag scheinen die Hannoveraner noch daran zu arbeiten, den Weggang eines Abwehrspielers aufzufangen, in diesem Fall den von Pogatetz nach Wolfsburg, den der Italobrasilianer Felipe ersetzt.

Trotzdem kann man in Hannover nach dem überstandenen Sommertheater mit Sportdirektor Schmadtke durchaus zufrieden sein mit der Gegenwart. Die Mannschaft hat sportliche Substanz, aber auf genügend Schultern verteilt, so dass sie nicht wie andere Europa League Teilnehmer ihre besten Kräfte verliert. Und man konnte sich gegen Ende der Transferperiode noch einen Wunsch erfüllen und Szabolcs Huszti zurückholen, der an der Leine nur beste Erinnerungen hinterlassen hatte. In den Spielen seit seiner Rückkehr konnte er auch zeigen, wieso. Es gibt nur wenige Spieler in der Liga, die aus dem Lauf oder aus Standardsituationen den Ball so genau auf Mitspielerköpfe flanken wie der Ungar. Wenn Torwandschießen aus 20 Metern olympisch wäre, hätte Huszti sicher gute Chancen. Und bei dem in der Qualität beneidenswerten Stürmerkontingent der Hannoveraner findet sich oft ein Abnehmer.

Es droht also durchaus Gefahr für die Borussen, denen die neun Gegentore der letzten beiden Auswärtsspiele wirklich Warnung genug sein sollten. Auch in Bremen hatte man einen Gegner, der sich erst durch Gladbacher Schwächen in einen Rausch spielte. Am Sonntag muss sich nun erweisen, ob eine konzentrierte Abwehrleistung auch nach einem Rückstand weiter durchgezogen werden kann, oder ob die alarmierenden Auflösungserscheinungen der Spiele in Dortmund und Bremen doch noch nicht überwunden sind. Wenn der Sieg gegen Marseille genug Selbstbewusstsein mit sich bringt, darf man jedenfalls auf Besserung hoffen.

Aufstellungen:


Borussia: ter Stegen; Stranzl, Brouwers, Dominguez, Daems; Rupp, Nordtveit, Marx, Arango; Herrmann, de Jong

Hannover: Zieler; Cherundolo, Haggui, Schulz, Pander; Stindl, Pinto, Schlaudraff, Huszti; Diouf, Abdellaoue


SEITENWAHL-Meinung

Christoph Clausen: Mit neuem Selbstvertrauen tritt die Favre-Elf in Hannover deutlich stabiler auf als noch in Bremen. Am Ende steht dennoch leider ein Rückschlag. Borussia unterliegt knapp mit 1:2.

Christian Spoo: Der Aufwärtstrend hält an: nach dem 0:5 in Dortmund und dem 0:4 in Bremen gibt es in Hannover nur eine 0:3-Niederlage.

Michael Heinen
:  Hannover lässt Borussia keine Chance. Nach anfangs hartem Kampf wird es am Ende ein souveränes 2:0 für die Niedersachsen.

Christian Heimanns:
Also gut, tippen wir noch mal alle auf Niederlage. Hannover gewinnt 2:1, und mein Aberglaube glaubt aber, dass wir eher gewinnen, wenn ich eine Niederlage für wahrscheinlicher halte.... oder so.