Es ist vorbei. Das wenigumjubelte Tor von Lars Stindl in der Nachspielzeit in Freiburg hat auch rechnerisch für den vorzeitigen Klassenerhalt gesorgt. Borussia Mönchengladbach spielt auch in der Saison 2022/23 in der ersten Fußball-Bundesliga. Und jetzt? Sind noch drei Spiele zu absolvieren. Das erste am Montagabend gegen RB Leipzig. Weil Leipzig unter der Woche im Europa-League-Halbfinale aktiv war, wurde das eigentlich für Freitagabend vorgesehene Spiel um 72 Stunden geschoben. Man muss kein Prophet sein, um zu konstatieren, dass das den Zuschauerzuspruch im Borussia-Park nicht eben steigern wird. Montag 20:30 Uhr gegen einen Gegner, den keiner mag und gegen den es für Borussia um nichts mehr geht, da wird so mancher besseres zu tun haben.

Leipzig kommt mit dem Rückenwind des Hinspielerfolgs gegen die Glasow Rangers nach Mönchengladbach. Die königstreuen Schotten machten dabei lange Zeit vor, wie man gegen das Offensivspiel der Mannschaft von Domenico Tedesco ankommt: Mit Beton. Gegen die eng gestaffelte Defensive des schottischen Meisters fanden die Leipziger lange Zeit trotz deutlicher Überlegenheit kein Mittel. Das 1:0 ist eine gute, aber keinesfalls sichere Basis für das Rückspiel.

In der Liga gab es zuletzt eine Niederlage im eigenen Stadion gegen Union Berlin, was die Stimmung bei RB aber kaum trübt. Man hat noch die Chance auf das Double aus UEFA-Cup und DFB-Pokal und hat sich in der Liga nach dem ungewohnt schwachen Start unter Jesse Marsch mehr als stabilisiert. Gerade auswärts überzeugte RB bei Siegen unter anderem in Dortmund und Leverkusen. Die erneute Qualifikation für die Champions League ist gut möglich und würde durch einen Erfolg in Gladbach sogar wahrscheinlich. Personell hat Tedesco keine Probleme. Die in der Euro-League gesperrten Simakan, Orban und Kampl. Amadou Haidara ist der einzige Stammspieler, der fehlt.

Bei Borussia geht es in diesen Tagen weniger darum, wer fehlt, sondern darum, wer bleibt. Nachdem Adi Hütter nach eigenem Bekunden in Freiburg sehen wolle, wer auch in Zukunft für Borussia spielen will, setzte er dennoch jede Menge Spieler ein, bei denen man voraussetzen darf, dass ihr Interesse daran, in Zukunft für Borussia zu spielen, überschaubar sein dürfte. Überhaupt ist es ein Kreuz mit den Worten bei Borussia. Adi Hütter meint offenbar nicht, was er sagt. Roland Virkus sagt vermutlich, was er denkt, aber das klingt wie aus der Motivations-Mottenkiste von Udo Lattek. Die einst branchenübliche „Grasfressen-Rhetorik“ und die bisweilen ungelenken Formulierungen des Eberl-Nachfolgers wirken in der Fußballwelt des 21. Jahrhunderts auf eine bemitleidenswerte Weise aus der Zeit gefallen.

Aber wer bleibt nun? Dass Jonas Hofmann in dieser Woche von einer Entscheidung sprach, die es zu finalisieren gelte (auch moderne Fußballrhetorik ist nicht immer schön), wollten einige Beobachter als Signal werten, dass der Nationalspieler geneigt ist, seinen Vertrag in Gladbach zu verlängern. Wenn über mutmaßliche Abgänge gesprochen wird, fallen zudem die Namen Elvedi, Embolo und Lainer selten bis gar nicht. Ersterer hat seinen Vertrag vor nicht allzu langer Zeit verlängert. Letzterer dürfte mit den Arbeitsbedingungen in Gladbach recht zufrieden sein. Breel Embolo traf zuletzt häufiger als gewohnt das Tor, dem Vernehmen nach rechnet man in Gladbach fest mit ihm. Bei Plea, Thuram und Neuhaus dürfte es allein an der Nachfrage liegen, ob und wohin sie gehen, Bensebainis Abgang steht wohl fest, Ginters ohnehin. Ein Gerüst für die neue Saison steht also noch nicht. Hier würde ein Verbleib von Hofmann Borussia gut zu Gesicht stehen.

Zu der Elf, die das vorletzte Heimspiel der Saison bestreitet, wird Hofmann wohl gehören. Im Vergleich zum Freiburg-Spiel kann Adi Hütter zudem wieder auf Matthias Ginter zurückgreifen. Marcus Thuram wird nicht rechtzeitig fit, bei ihm ist unklar, ob er überhaupt noch einmal im Borussen-Trikot auflaufen wird.

SEITENWAHL-Prognose

Christian Spoo: Beton hilft bedingt gegen Red Bull. Diese Erkenntnis aus dem Spiel der Leipziger gegen die Rangers wird Adi Hütter beherzt in den Wind schießen und seine Mannschaft spätestens nach der Pause wieder ohne Sinn und Verstand anlaufen lassen. Leipzig bedankt sich und gewinnt nur dank einiger Sommer-Paraden nicht höher als 3:1.

Uwe Pirl: Das Böse siegt immer! Jedenfalls meistens, wenn die SG RB Fuschl-Markranstädt gegen Borussia Mönchengladbach spielt. Zwar hoffe ich auf eine die Regel brechende Ausnahme, allein mir fehlt der Glaube. 1:3 für die Dosenmafia.

Thomas Häcki: Wer erwartet ernsthaft einen Punkt? Die Borussia beginnt stark, lässt ebenso stark nach und geht am Ende mit 0:3 baden.

Michael Heinen: Borussia hält anfangs gut mit, bricht dann aber in Halbzeit 2 ein, weil Teile der Mannschaft durch die Doppelbelastung aus Ligabetrieb und Vereinssuche sichtlich erschöpft sind. Borussia verliert 1:3.

Volkhard Patten: Stadion leer, Saison gelaufen, bloß nicht verletzen. Borussia und die Dosen trennen sich in einem grauenhaften Kick mit 0:0 und die sportliche Leitung der Borussia feiert den Punkt gegen einen CL-Anwärter.

Claus-Dieter Mayer: Nur um die Fans noch mehr zu ärgern, zeigt die Gladbacher Defensive am Montagabend, dass sie es eigentlich kann und rettet der Borussia ein hart erkämpftes 1:1 am Ende. Die anschließende Vertragsverlängerung mit Adi Hütter bis 2030 feiert Roland Virkus allerdings nur im ganz kleinen Kreis.

Christian Grünewald: Vor trauriger Kulisse passt das traurige Spiel zu einer traurigen Saison. 0:3