Borussia hat das erste Pflichtspiel des Jahres 2023 verdient verloren. Bayer Leverkusen war nicht das von Trainer Daniel Farke erwartete „Team auf Augenhöhe“. Die Mannschaft von Xavi Alonso war hinten stabil und vorne effizient und konnte Borussia letzten Endes ohne großen Aufwand besiegen. Die beiden Gladbacher Tore in der Schlussphase übertünchen ein wenig die Probleme, die das Team 85 Minuten lang hatte. Nach vorne fehlte jede Durchschlagskraft. Ohne einen echten Stürmer entwickelte Borussia so gut wie keine Gefahr vor dem gegnerischen Tor.

Für den neuen Torwart Jonas Omlin war es ein Einstand, wie er unangenehmer kaum sein kann. Der Schweizer hatte kaum Gelegenheiten, sich auszuzeichnen und musste dennoch dreimal hinter sich greifen. Dabei war er an keinem der drei Gegentore ursächlich beteiligt und spielte ohne Fehler. Seine Vorderleute allerdings waren offenbar nicht auf das hohe Tempo der Leverkusener Angreifer vorbereitet. Immer wieder stand die Defensive hoch, so dass Leverkusen mit den schnellen Frimpong, Adli und Diaby zum Kontern eingeladen wurden. Selbst die weniger fußlahmen unter den Borussen kamen da nicht hinterher, wie Bensebaini und Elvedi erfahren mussten – mit fatalen Konsequenzen. Bensebaini verlor vor dem 1:0 im Angriff den Ball und wurde von Frimpong abgehängt. Elvedi hätte das 2:0 durch Adli nur noch mit einer Notbremse verhindern können. Im Laufduell sah Elvedi blöd aus, de facto war der französische Angreifer schlicht nicht aufzuhalten.

Auch von den Kontersituationen abgesehen stimmte in der Abwehr das Timing oft nicht richtig. Ko Itakura hatte gelegentlich Probleme in der Luft, Julian Weigl spielte ungewohnt unpräzise Bälle. Vor dem vorentscheidenden 3:0 ließ die komplette Hintermannschaft Leverkusen am Strafraum ohne sichtbaren Versuch, an den Ball zu kommen, gewähren.

Zwischen den Strafräumen sah das, was Borussia spielte, zeitweise gar nicht so schlecht aus. Optisch hatte die Mannschaft durchaus Vorteile, die Ballbesitzstatistik entschied man wie so oft recht klar für sich. Jonas Hofmann versuchte sich unermüdlich als Antreiber, allerdings erzeugte die Offensive überhaupt keine Gefahr. Die Abschlüsse, die es aus dem Spiel heraus gab, waren samt und sonders harmlos. Daniel Farkes Idee, den offiziell als verletzt geführten Thuram durch Nathan Ngoumou zu ersetzen, verpuffte. Der junge Franzose konnte seine Stärken nicht einbringen. In eine Situation, in der er seine Schnelligkeit hätte gewinnbringend einsetzen können, kam Ngoumou kein einziges Mal. Gegen die robusten Leverkusener Verteidiger wirkte er noch schmächtiger, als er ohnehin schon ist. Auch Farkes Lieblingsprojekt, die Umschulung des Christoph Kramer zum Offensivspieler, war – nicht zum ersten Mal – ein Rohrkrepierer. Zwar war der (in Abwesenheit von Lars Stindl) Kapitän wie immer äußerst engagiert und tat einiges für die Kilometerstatistik, gefährliche Situationen konnte er aber weder einleiten noch selbst erzeugen. Zugausfall zum gegnerischen Tor und fehlende Handlungsschnelligkeit muss man Kramer attestieren. Der Mann, der ihn als Kapitän und Offensivkraft ersetzte, zeigte spät, zu spät, wie es gehen muss. Und nicht nur Lars Stindl, auch Hannes Wolf, erwies sich nach seiner Einwechslung als belebendes Element. Mit den beiden entwickelte Borussia endlich so etwas wie Griffigkeit und den nötigen Punch – das 3:0 für Leverkusen fiel zur Unzeit. Die Stindl-Tore am Ende waren lediglich Ergebniskosmetik.

Leverkusen war ein guter, zu guter Gegner. Die Mannschaft von Xavi Alonso überzeugte durch exzellente Organisation. Vorne verließ man sich erfolgreich auf das Tempo der Offensivspieler, so dass die Hintermannschaft im Prinzip 90 Minuten lang stabil stand und sich nicht über die Mittellinie locken ließ. Auffällig: Borussia konnte nicht ein einziges Mal eine Überzahlsituation schaffen. Die Dramaturgie der Partie spielte Leverkusen zudem in die Karten. Wäre Elvedi mit seinem Kopfball in der 55. Minute nicht am starken Hradecki gescheitert, hätte das Spiel womöglich eine ganz andere Dynamik bekommen. Diese Chance infolge eines Eckballs allerdings war tatsächlich die einzige echte, die Borussia hatte, bevor das Spiel entschieden war.

Unter dem Strich steht eine verdiente Niederlage, Daniel Farke muss sich vorwerfen lassen, seine Mannschaft nicht hinreichend auf die Stärken des Gegners eingestellt zu haben. Was Effizienz und Durchschlagskraft angeht, muss sich der Trainer etwas einfallen lassen, vor allem, falls Marcus Thuram nicht zurückkommen sollte. So wie am Sonntagabend geht es nicht.