Die Woche verlief mal wieder nach dem scheinbar ewig gleichen Schema, das einem in den letzten Wochen so vertraut geworden ist. Im Nachgang zur (erwartbaren) Niederlage in Stuttgart rätselte man als erstes über die Bedeutung der Äußerungen der Verantwortlichen auf dem Rasen und am Spielfeldrand. Daniel Farke tat sich mal wieder durch eine -nennen wir es eigenwillige- Interpretation des Dargebotenen hervor, die nicht nur der den der Borussia geneigten Beobachter etwas ratlos zurücklässt. Nun ist es natürlich so, dass Äußerungen nach Spielende selten sonderlich erquicklich sind. Dies zeigt sich schon in den ewig gleichen Wiederholungen scheinbar klarer Statements, die einem da allwöchentlich und je nach Spielausgang absolut vorhersehbar entgegenschlägt. Da ist man nicht in die Zweikämpfe gekommen, hatte sich was ganz anderes vorgenommen, will in Zukunft nur von Spiel zu Spiel denken, und natürlich -der Klassiker- weiter oder eben ab jetzt Vollgas geben. Niemand wird sich ernsthaft beschweren, wenn man derart blanken Unsinn und inhaltsleeres Geschwätz nicht jede Woche hören muss. Allerdings wäre es auch schön, wenn das Gesagte trotzdem irgendwas mit dem auf dem Platz Geschehenen zu tun hätte. Und da weiß man jetzt auch nicht genau, wen Daniel Farke hier eigentlich betuppen will. 

Dagegen, eine Mannschaft starkzureden, sie in Schutz zu nehmen, dagegen ist nun wirklich nichts einzuwenden. Max Eberl beherrschte in seinen besten Jahren die Ausbildung eines positiven Narrativs ganz hervorragend, ja so gut, dass er einem damit wahnsinnig auf die Nerven ging. Denn es war stets vorhersehbar, wie er sich äußern würde. So langweilig und redundant seine immer gleichen Erklärungslitaneien auch waren, wie waren zumindest nachvollziehbar und nicht an den Haaren herbeigezogen. Bei Daniel Farke ist das anders, und wenn man lange hoffen durfte, dass er zumindest nach innen deutlich anders redet, so zeigen die Leistungen in den letzten Wochen so klar nach unten, dass leider zu befürchten ist, dass er wirklich immer noch nicht tiefsitzende Probleme ausgemacht hat. Und das lässt einen dann doch mut- und ratlos zurück.  

Die Fans reagierten darauf, wie sie ebenfalls schon seit Wochen immer wieder reagieren. Mit etwas Hohn, leichtem Spott, mit Verzweiflung (auch die Abstiegsangst ist noch nicht gänzlich bei allen vertrieben), aber vor allem reagierten sie mal wieder mit Resignation. Wenn sich Borussias Gästeblock von der Mannschaft anwendet, dann ist das ein höchst alarmierendes Signal. Borussias Auswärtsfans haben eine Leidensfähigkeit bewiesen, die wirklich niemand anzweifeln würde, der noch ganz bei Trost ist. Das als hochgekochte Emotionen abzutun, ist nicht zielführend, und es wird ihnen auch nicht gerecht. Virkus und Farke äußerten auf der heutigen Pressekonferenz beide, ihre Aufgabe sei die Versachlichung der Debatte. Dagegen hat aber auch niemand etwas. Ganz sachlich: Es ist einfach ein Fakt und nicht zu übersehen, dass so ziemlich jede Mannschaft in der Bundesliga derzeit mehr Leidenschaft in die Waagschale zu werfen vermag als Borussia. Der Auswärtsblock in Stuttgart sprach für einen großen Teil der Anhängerschaft Borussias. Wie oft konnte man in den letzten Tagen hören oder lesen, dass Menschen sich vom Fußball entfernt fühlen, dass sie fast kein Interesse mehr haben, sich das nächste Spiel anzusehen? Das mag übertrieben sein, aber es ist Ausdruck dieser Resignation, und das liegt nicht an Borussias Aufenthalt im Niemandsland der Tabelle. Das liegt daran, dass überhaupt keine Entwicklung zu erkennen ist. Und daran, dass man auch nicht weiß, wo Besserung herkommen soll.  

Besserung verspricht nämlich auch das Spiel gegen den VFL aus Bochum nur begrenzt. Personell wird sich bei der Borussia trotz der Rotsperre für Itakura einiges entspannen. Bensebaini und Koné sollten in den Kader zurückkehren. Wer Itakura ersetzen wird, der ewige Jantschke, der gescholtene Friedrich, oder ob gar Kramer aus der Kiste hüpft, nun, wir müssen uns überraschen lassen und haben keinen Favoriten ausgemacht. Das gilt bis auf Elvedi auch für den Rest der Viererkette. Weiterhin kein Thema sein wird Marcus Thuram, bei dem fraglich ist, ob er überhaupt noch einmal ein Trikot mit einer anständigen Raute wird tragen dürfen. Auch vorne gibt es einige Fragezeichen, also zumindest da darf man gespannt sein.

“Wir haben es selbst in der Hand und wollen diese Chance nutzen. Wir fahren nach Gladbach, um das Spiel zu gewinnen.” Diese Aussage des Gästetrainers Letsch zeugt von einem großen Selbstbewusstsein, das sich der Verein zuletzt auch verdiente. Im Hinspiel ging er als verdienter Sieger vom Platz, auch wenn sich Gladbach dabei durch einen VAR-Eingriff um einen regulären Treffer gebracht sah. Ähnliches Murren war vor Wochenfrist aus Dortmund zu hören, nachdem ein Elfmeterpfiff und ein ebensolcher Eingriff ausgeblieben war. Dabei täuscht das nur darüber hinweg, dass Dortmund einfach nicht in der Lage war, die Bochumer entscheidend zu bezwingen und deren Kampf etwas entgegenzusetzen, das für mehr als einen Punkt reichen konnte. Die Bochumer zeigen ein geradliniges, von einer hohen Leidenschaft geprägtes Spiel. Personell kann Trainer Letsch aus dem Vollen schöpfen. Wer dies berücksichtigt und sich die Betrachtungen zur Borussia weiter oben im Vergleich heranzieht, der wird sich auch wenig über die pessimistischen Tipps wundern, die sicher jetzt gleich folgen werden. Und deshalb seid Ihr doch hier, oder? 

Der SEITENWAHL-Tipp:

Michael Heinen: Für Bochum geht es um alles, für Borussia nicht. Trotz eines aus Trainersicht erneut guten Spiels verliert Borussia mit 1:2.

Christian Spoo: „Wissense, gegen einen kampfstarken Gegner, der alles reinwirft, tut sich jede Mannschaft schwer. Ich kann meinen Jungs keinen Vorwurf machen. Ich habe viel gesehen, das mir gefallen hat.“ Im Gegensatz zu Farke hat Spoo ein weiteres bescheidenes Spiel gesehen und ärgert sich mächtig über die 1:2 Heimniederlage.

Thomas Häcki: Nach dem 0:0 spricht der Trainer von einer soliden Defensivleistung, die Presse über sein Ablaufdatum.

Uwe Pirl: Nach dem mühevollen 1:1 gegen Bochum gibt der Tabellenrechner immer noch Szenarien her, in denen Borussia auf Platz 17 einkommt. Zugegeben, sehr wahrscheinlich sind die nicht. Die allgemeine Tendenz ist trotzdem beunruhigend.

Claus-Dieter Mayer: Nur um die Seitenwahlredaktion zu verwirren, gewinnt die Borussia überzeugend mit 4:1 gegen Bochum.

Michael Oehm: Nach dem 0:2 gegen Bochum verfeinern Farke und Virkus erneut ihre Skills im Versachlichen.