seitenwahl 202307151739 AJ7X3692Was ist schwarz-weiß-grün und stinkt nach Relegation? Die Frage war vor dem Spiel wohl nur eine rhetorische, und auch nach dem Spiel ist der Geruch noch nicht verschwunden. Der erhoffte Befreiungsschlag wurde es nicht, der befürchtete Todestoß war es aber auch nicht, was allerdings mehr an den Ergebnissen der Konkurrenz als an der eigenen Leistung lag. Borussia Mönchengladbach trennte sich am Samstagnachmittag letztlich leistungsgerecht 2:2 von Werder Bremen und hat damit weiterhin vier Punkte und ein deutlich besseres Torverhältnis Vorsprung auf den Relegationsplatz.

Eigentlich machte die Borussia ein ordentliches Auswärtsspiel. Nur eigentlich, denn das Spiel reiht sich nahtlos in die lange Reihe von Auftritten ein, bei denen man aus dem Kopfschütteln nicht herauskommt.

Kopfschüttelanlass 1: Das mannschaftliche Auftreten. Zunächst kam die Borussia nach langer Zeit mal wieder richtig gut ins Spiel hinein. Der erste konsequente Angriff führte zum Führungstreffer durch Hack, danach gab es zwei höchst gefährliche, weitere Gelegenheiten durch Koné und einen Kopfball von Itakura, und ausnahmsweise kassierte man auch nicht bei der ersten Gelegenheit des Gegners einen Treffer. Um so unverständlicher, dass man plötzlich und wie ausgeknipst jegliche Spielkontrolle abgab und nicht mehr im Ansatz dazu kam, ein eigenes Spiel aufzuziehen. Am Ende dieser Phase stand der Ausgleichstreffer kurz vor der Pause durch den Spieler, der noch nie getroffen hatte und der trotz ca. 2 Metern Körperlänge auch ligaweit berüchtigt für seine Kopfballschwäche ist.

Bevor er sein zweites Tor in der Karriere nur logischerweise mit dem Kopf erzielen durfte, kamen die Borussen wieder verbessert aus der Kabine, ließen aber beste Chancen liegen. Und nach dem Führungstreffer des Gegners wurde man von Minute zu Minute weniger zwingend, so dass der Ausgleichstreffer letztlich eher unerwartet kam. Warum man es dann aber noch schaffte, sich in der Nachspielzeit in eine Unterzahlsituation zu manövrieren, aus der beinahe noch der Siegtreffer für die Heimelf fiel; nun, es bleibt, eingedenk der Tatsache, dass man derlei nicht zum ersten Mal sieht, einfach ein Mysterium.

Kopfschüttelanlass 2: Individuelle Unzulänglichkeiten. Ehrlich, hier bewegt sich der Kopf wie der Scheibenwischer auf höchster Stufe bei Tempo 140. Natürlich war mehr drin am Samstag, denn beide Gegentore mussten nicht sein. Es war sagenhaft dämlich von Elvedi, den Ball bei der Rettung vor dem Toraus nicht auf die Tribüne zu schlagen sondern das Problem auf Scally zu verlagern. Macht er das nämlich, gibt es einen Halbzeitpfiff und fertig. Es war faszinierend dämlich von Scally, diesen höchst anspruchsvollen Ball dann trotzdem anzunehmen und prompt in des Gegners Füße zu spielen, statt ihn ins Aus rutschen zu lassen. Und es war höchstunglücklich aber folgerichtig, dass Itakura den Ball bei Klärungsversuch entscheidend abfälschte, so dass der Ball nicht den Weg neben den Pfosten sondern ins Tor fand. Zudem: es war natürlich kein Eckball vor dem zweiten Gegentor, aber auf Fehler des Schiedsrichters hat man naturgemäß weniger Einfluss. Was man beeinflussen kann, ist das eigene Spiel, und da gab es vielerlei weitere Unerklärlichkeiten. In einer Szene sprangen Itakura und Elvedi mit einem anderthalbfachen Toeloop bzw. einem rückwärts eingelaufenen Rittberger einfach ineinander. Der profitierende Ducksch war von der Grazie der beiden zu beeindruckt, um mit dem geschenkten Ball einfach Richtung Tor zu laufen. Im Sportstudio wurde am Abend aber sicher eigens Rudi Cerne für den Kommentar reaktiviert.

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Andere Spieler taten sich zum wiederholten Male auf verschenkten Positionen schwer, wie Honorat, der wieder allen Inputs auf das Spiel beraubt wurde. Koné, der gerade in den ersten Minuten mal wieder einiges seiner unzweifelhaft vorhandenen Klasse andeutete, humpelte minutenlang unrund wie weiland ein gewisser G.E. herum, bevor er endlich ausgewechselt wurde.

Kopfschüttelanlass 3: Das Zerlegen des eigenen Teams. Das Zustandekommen des Elfmeters zum Ausgleich war nichts Besonderes, auch wenn Heimtrainer Werner heftig haderte. Interessant war die Ausführung, denn Florian Neuhaus entschied offensichtlich entgegen aller getroffenen Absprachen, dass es ein Leichtes sei, den jetzt zu machen, was sich im Ergebnis auch so bestätigte. Etatmäßig hätten aber Weigl oder Sturmführer Čvančara den Elfmeter schießen sollen. Und das war dann im Nachgang mehr Thema als alles andere. Warum lässt sich ein Mannschaftskapitän von einem Einwechselspieler diktieren, wer den Elfmeter schießt? Auch Trainer Seoane fühlte sich bemüßigt, eine Einschätzung zum Vorgefallenen zu geben und einen Rüffel an den Torschützen zu verteilen. Der wiederum beeilte sich zu erklären, er sei gar nicht verletzt und könne spielen. Was aber dem Trainer wiederum bewusst sein muss, denn der hatte ihn ja zuvor eingewechselt. Sportdirektor Virkus stellte sich haltungstechnisch in einer Reminiszenz an Bruno Ganz im „Untergang“ auch noch vor eine Kamera und gab dabei ein schlechtes Bild und das Statement ab, man erwarte von einem Spieler wie Florian Neuhaus, dass er den Ball reinmache. Leider blieb die Nachfrage aus, ob der Trainer von diesen Erwartungen unterrichtet sei.

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Was bleibt nun also? Die Borussia weiter in Abstiegsgefahr; am kommenden Spieltag spielt Union gegen Köln und Mainz gegen Dortmund. Es ist nicht schön, auf die Hilfe von Mannschaften wie Köln und vor allem Dortmund angewiesen zu sein, weshalb man besser selbst gegen Frankfurt zu Hause punkten sollte. Denn die Vorstellung, am letzten Spieltag in Stuttgart noch punkten zu müssen, lässt sicherlich niemanden ruhig schlafen. Dennoch scheint es so, dass, wenn Borussia die Klasse wird halten können, es vermutlich mehr den schwachen Ergebnissen der anderen geschuldet sein wird. Das ist der Fußball made in Mönchengladbach 2024. Wir machen nichts ganz richtig, und gegen uns macht’s sogar der Woltemade.