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Der Sommer geht zu Ende, der Regen häuft sich, die Bundestagswahl mitsamt aufdringlicher Politiker rückt näher und Borussia erleidet einen ersten Dämpfer. Diese Woche steht im Zeichen der Ernüchterung, und weil das für einen Optimisten wie Joachim zu langweilig wäre, schicken wir noch einmal Mike ins Duell mit den lieben Freunden vom VfLog . Dieser beklagt sich zugleich, zieht Vergleiche mit Michael Frontzeck und George Clooney und zitiert Barry McGuire. Martin widerruft unterdessen alles Geäußerte der vergangenen Wochen, zweifelt an Frontecks Fähigkeiten und singt mit David Bowie, bevor er in den Urlaub fährt.

Lieber Mike,
 
wie schön, wieder einmal von Dir zu hören! Ich erspare mir Wortspiele mit Fortuna und dem Glück, was ja bekanntlich zwei ganz verschiedene Dinge sind; aber was weiß ich auch schon über das Glück? Nicht viel, nicht viel. In Gladbach jedenfalls ist es nicht mehr, da hast Du recht. Und es ist feig vom lieben Joachim soviel Euphorie zu versprühen und sich von dannen zu machen. Da ich am Samstag in Urlaub fahre (ich wusste ja: ich würde nach drei Spieltagen Erholung brauchen), will ich es richtig machen und Verzweiflung transpirieren.
 
Also: Ich widerrufe! Widerrufe alles, was ich im Rausch zweier wilder, leidenschaftlicher Momente schrieb, von denen der letzte schon im Rückblick einen schalen Beigeschmack hat und auch der erste bei genauer Betrachtung zwar aufregend war, aber doch auch nicht das wahre Liebesglück. Ich habe mich blenden lassen von den Gefühlen, die nach Wochen der Abstinenz, nach langer sehnsuchtsvoller Erwartung wohl auch leichter in Wallung geraten als sonst. Aber 45 Minuten voller Höhepunkte haben nur verdeckt, dass diese Beziehung im Alltag nicht zum großen Glück taugt, sondern nur zu der Borussialiebe, die wir eh schon lange pflegen und von der wir nie lassen wollen: eine Liebe, die noch weiß, warum Leidenschaft "LEIDENschaft" heißt.
 
Frontzeck zum Beispiel. Frontzeck mag "beständig" sein, meinetwegen gar "bescheiden". Ein guter Trainer ist er nicht, war er nicht und, so will ich vermuten, wird er auch nicht mehr. Er hat eine desaströse Bundesligabilanz, und er hat mit Gladbach nun in drei Spielen sieben Gegentore bekommen. In Zahlen: 7! Das sind viel zu viele, und es zeigt, dass auch Frontzeck nicht in den Griff kriegt, was schon so lange Gladbachs Problem ist: die Abwehr ist allzuoft einfach kopflos. Wenn dann vorne Tore fallen, mag man das kaschieren können, aber meist ist es leider doch so, dass auch vorne wenig geht. Unsere offensiven Neueinkäufe sind fraglos vielversprechend und stimmen um einiges optimistischer als manch anderer Shoppingbummel unseres Managements in der Vergangenheit, aber auch sie waren in mindestens vier von sechs Halbzeiten ziemlich unscheinbar und teilweise recht offensichtlich auch konditionell überfordert. Ich gehe also davon aus, dass Gladbach, wenn ich am 19.9. wieder Bundesliga in Deutschland sehen werde, mal wieder mitten im Abstiegskampf ist. Vielleicht gehören wir dort ja auch hin, vielleicht finden wir dort die Emotionen, die für andere international erreichbar sind, für uns aber eben nicht. Dann soll es so sein, natürlich bleibe ich Borussia dennoch treu. Aber die Hoffnung auf einen zweiten Frühling, die sind habe ich mir doch wieder abgewöhnt.
 
Und Du hast ja recht: Auch die anderen VfL-Zeichen stehen nicht auf Euphorie. Es scheint als müssten wir uns darauf einstellen, unseren Familienblog noch lange zu pflegen, bevor der Fußballgott mit der Erlösung winkt. Das gute daran: das heißt, dass es auch noch viele Seitenwechsel geben wird. Und darauf immerhin freue ich mich.
 
Nun aber packe ich die Koffer für den Urlaub und drehe David Bowie lauter:
 
For here / Am I sitting in a tin can / Far above the world.
Planet Earth is blue / And there's nothing I can do.
Though I'm past one hundred thousand miles / I'm feeling very still
And I think my spaceship knows which way to go
Tell my wife I love her very much (she knows!)

Auf bald, lieber Mike, und herzliche Grüße,

Martin