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Borussia darf nachsitzen, uns stehen mindestens weitere 180 Minuten Nervenfolter bevor. Dass das Erreichen der Relegation trotz der kurzzeitig aufgekommenen Hoffnung auf mehr als ein großer Erfolg zu gelten hat, ist ausreichend gesagt und geschrieben worden.
Konsens scheint unter Fans und Experten gleichermaßen zu sein, dass Borussia diesen Zwischenerfolg vor allem dem Trainer zu verdanken hat. Und in der Tat hat Lucien Favre in wenigen Wochen viel bewirkt.


Am höchsten ist wohl zu bewerten, dass die Mannschaft hinten endlich wieder sicher steht. Die Hereinnahme von Marc-André ter Stegen, die Neubesetzung der rechten Verteidigerposition und die Festlegung auf Havard Nordtveit und Roman Neustädter als Stammbesetzung im defensiven Mittelfeld muss man Favre anrechnen. Infolge dieser Umstellungen, aber auch dank der Tatsache, dass die Spieler in der Rückrunde von größeren Verletzungen verschont blieben, konnte sich das Gesamtgefüge „Defensive“ stabilisieren. Der vormals scharf kritisierte Filip Daems fand zu alter Stärke zurück.
Und auch in der Offensive hat sich etwas getan: Bis dato unbeständige oder undisziplinierte Spieler wie Juan Arango und Mo Idrissou ziehen mit und fallen kaum mehr durch Sperenzchen auf und neben dem Platz auf.

Ohne die Leistung Favres in irgendeiner Form kleinreden zu wollen, sollte aber auch der Verdienst der sportlichen Leitung Borussias hervorgehoben werden. Favre ist ein „Eberl-Mann“, der vielgeschmähte Sportdirektor kann sich die Verpflichtung des Schweizers auf die Fahne schreiben, einmal mehr sei daran erinnert, dass Lucien Favre schon nach dem Abschied von Hans Meyer Eberls Wunschkandidat war. Damals kam man nicht zusammen, stand Favre doch noch bei Hertha BSC unter Vertrag und mit diesem Verein im Europapokal.

Der Rest der Geschichte ist bekannt: Borussia verpflichtete an Favres Stelle Michael Frontzeck, der legte eine erfolgreiche Saison hin und scheiterte in seiner zweiten Spielzeit, obwohl Präsidium und Management ihm einen enormen Vertrauensvorschuss gewährten und noch zu ihm hielten, als sich viele Fans bereits abgewendet hatten. Erst spät, nach Mehrheitsmeinung zu spät, erfolgte die Trennung und diesmal kamen Borussia und Lucien Favre ins Geschäft. Der Schweizer übernahm – mit dem bekannten Erfolg, den die Mannschaft jetzt durch eine erfolgreiche Relegation noch krönen kann und sollte.

Nun stelle man sich vor, Max Eberl hätte nicht den anfangs durchaus skeptisch beäugten Konzepttrainer Favre, sondern den Lautsprecher und Möchtegernmotivator Christoph Daum verpflichtet. Der war seinerzeit auf dem Markt und seine Verpflichtung wäre vermutlich genau von den Boulevardmedien und den Borussenfans heftig beklatscht worden, die sich jetzt den Lautsprecher und Möchtegernmotivator Stefan Effenberg herbeiwünschen, um Eberl zu beerben.

Christoph Daum hat Gladbachs vormaligen Abstiegskonkurrenten Eintracht Frankfurt zu einem Zeitpunkt übernommen, als die Lage dort alles andere als aussichtslos war. Unter seiner fast schon bizarr anmutenden Regentschaft beschleunigte sich die Talfahrt nur noch. Die Rückrunde der Eintracht ist in Punkteausbeute und Leistung noch deutlich unterhalb der Horror-Hinserie unserer Borussia anzusiedeln.

Ob und wie ein Trainer wie Daum bei Borussia „funktioniert“ hätte, lässt sich natürlich nicht mit letzter Gewissheit sagen, wohl aber lässt sich vermuten, dass kein Trainer der Welt mit Borussia, so wie sie im Februar 2011 da stand, besser abgeschnitten hätte, als Lucien Favre es jetzt getan hat.
Dem Trainer gebührt dafür Respekt und Dank - ganz unabhängig davon, ob die Mannschaft die Relegation erfolgreich übersteht oder nicht. Respekt gebührt – trotz eventueller Fehler in der Vergangenheit – aber auch denen, die ihn nach Gladbach geholt haben.