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Wann war ich zum letzten Mal so richtig überrascht? Als die Krankenkassenbeiträge erhöht wurden? Weniger. Als Bolt die 9,58 Sekunden lief? Vielleicht. Als der FC Köln sich für van der Vaart interessierte? Da sicher. Aber das ist nicht vergleichbar mit dem Gefühlszustand, nachdem man die ersten beiden Partien dieser Saison von Borussia Mönchengladbach miterlebt hat. Besser, mitdurchlitten hat.

 

Die Abwehr bietet dabei wenig neues und ist für viele aufregende Momente gut. Allerdings ist sie personell auch noch lange nicht komplett. Die offensiven Leistungen kommen in ihrer Qualität hingegen wirklich überraschend. Die Auftritte von Arango waren so kaum zu erwarten, wenn man nicht gerade jahrelanger Beobachter von RCD Mallorca ist. An seiner und Bobadillas Seite spielen auch andere Spieler deutlich über dem gewohnten Niveau, namentlich Levels und Matmour. Und so gesellte sich zu der einen Überraschung, dem phasenweise brillanten Fußball, die andere, nämlich dass die Mannschaft dieses Spiel auch bei eigener Führung bis zum Schluss durchzieht. Bei einem Unentschieden und einem Mann weniger, oder bei knapper Führung in der 90. Minute – da werden keine Bälle in den Oberrang gebolzt oder die Eckfahne umdribbelt, sondern Angriffe zielsicher und gefährlich ausgespielt. Nach all den Jahren kollektiver Tranigkeit ist das nun wirklich eine Überraschung.

  

SV Werder Bremen

 

Bremen bedeutet in der Bundesliga seit Jahren vor allem eines, nämlich viele Tore. Geschossene und erhaltene. Werder scheint sich dem Grundsatz verschrieben zu haben, dass man auf Teufel komm raus immer ein Tor mehr erzielen wolle als der Gegner und liefert so immer wieder attraktive Partien. Das dürfte nicht ganz hinkommen, denn auch Trainer Schaaf wird einem 3:0 den Vorrang geben vor einem 5:4, dennoch hadert Werder schon seit einiger Zeit mit dem Umstand, dass zahlreiche gefangene Treffer bessere Plazierungen verhindern. Was tut man also, um den höchst unbefriedigenden 10. Platz der letzten Saison vergessen zu machen? Man holt – zwei offensive Mittelfeldspieler und zwei Stürmer.

 

Das wirkt schon recht verwegen, allerdings muss Werder ja auch, wieder einmal, den Abgang seines wichtigsten Spielers verkraften. Die Neuzugänge im Offensivbereich sind weniger Verstärkungen oder Verbesserungen der Mannschaft sondern dienen erst einmal dazu, den Status Quo so weit wie möglich zu erhalten.  Diego war dermaßen der Mittelpunkt des Bremer Spiels, dass die kommende Saison zum Neuaufbau gerät. Marin und Borowski sind sicher kein schlechter Ersatz, aber das eigentliche Glanzstück des neuen Mittelfeldes war schon vorher da. Mesut Özil hat im Sommer bereits die deutsche U21 zum souveränen EM-Titel geführt und spielt weiter, als würde ihm kein Urlaub fehlen. Wenn er durch die gegnerischen Abwehrreihen tanzt, sollte sein neuer Mitspieler Marin gut hinschauen, denn der nur 6 Monate ältere Özil schickt sich an, ein Star der Liga zu werden. Und er wird einer, wenn er seine Torgefahr erhöhen kann.

 

Inzwischen ist auch der weitere Verbleib von Claudio Pizarro sicher. Das war nötig, denn der übrige Bremer Sturm hat nicht die Durchschlagskraft des höchst kopfballstarken Peruaners. Damit dürfte Werders Tormaschine (64 Tore in der letzten Saison, die drittmeisten) auch dieses Jahr auf Touren bleiben und weiter die Hoffnung nähren, dass man mehr Tore schießt als bekommt. Dafür ist es auch vorteilhaft, dass Naldo wieder zur Verfügung steht, der der Abwehr Halt geben soll. Ohne ihn war es schon bedenklich, wie einfach den Frankfurtern drei Tore in Bremen zufielen. Mag Per Mertesacker auch der beste Abwehrspieler des Landes sein, ohne den Brasilianer wird es hinten schnell problematisch, und selbst dessen Stärken liegen auch noch in der Offensive.

 

Des weiteren wird entscheidend sein, wie Torsten Frings in die Saison kommt. Nachdem Löw ihm bedeutet hat, dass er genug Zeit haben wird, sich auf Bremen zu konzentrieren, hat er sicher auch die Motivation, es allen zu zeigen. Dennoch hat er in der letzten Saison erstmalig gezeigt, zu was für schlechten Leistungen er auch mal fähig sein kann, gerade im Hinrundenspiel gegen die Borussia. Zuletzt hieß es aus Bremen, er sei wieder fit und ganz der alte. Für Werder wäre das ungemein wichtig, denn im nominellen Mittelfeld ist er hinter Özil, Borowski und Marin der einzige defensiv ausgerichtete Spieler. Weder ein Ausfall von Frings noch eine Formschwäche des 32jährigen wären für seine Mannschaft zu verkraften. Sollte zudem von den Außen Fritz und Boenisch einer nicht in Bestform spielen, kann es defensiv für Bremen schnell eng werden. Die Prognose dürfte vertretbar sein, dass es diese Saison auch oft genug so kommen wird.

 

Rasante Offensive, mitunter zweifelhafte Abwehr – ein wenig wirkt Bremen wie eine Vorlage für die Borussia der neuen Saison, nur mit höheren Zielen als dem Klassenerhalt. Mit nunmehr der kompletten Elf am Start kann sich Werder aber noch als eine Nummer zu groß erweisen.

 

Borussia

 

Am Ende der Partie gegen Berlin waren die Zuschauer ähnlich durchgeschwitzt wie die Spieler. Von 6:2 bis 3:5 wären alle Ergebnisse denkbar gewesen. Nach nur zwei Spielen fällt es schwer, endgültige Aussagen über diese Mannschaft abzugeben, darum seien hier nur ein paar Schlaglichter festgehalten:

 

-         Levels: Vor einem Jahr ein glatter Ausfall, spielt in Leistungssphären, die ihm keiner zugetraut hätte. Wenn er dieses Niveau stabilisieren kann, ist er praktisch ein Neueinkauf.

-         Matmour: Bringt zumindest physisch eine atemberaubende Leistung. Mit der Athletik eines Zehnkämpfers wirft er sich leidenschaftlich in jeden Zweikampf bis zur 90. Minute und gelegentlich trifft er auch noch. Was wäre, wenn er jetzt auch noch die klaren Chancen alleine vorm Tor verwerten würde? Hans Meyer: „Dann würde der Spieler nicht bei Borussia spielen.“ Kann trotzdem immer an seiner Effektivität arbeiten.

-         Arango: Eine Mischung aus Dynamit und Gefühl im linken Fuß. Nicht nur Fans der Borussia reiben sich die Augen bei seinen Pässen und Schüssen. Der beste Spielmacher im Team seit 10 Jahren.

-         Bobadilla: Ein Bulle mit Ballgefühl und reaktionsschnellem Zusammenspiel. Wer neben ihm spielt, Colautti oder Neuville, wird von seiner Spielfreude angesteckt.

-         Innenverteidigung: Mit und ohne Dante labil, obwohl Brouwers die besten Leistungen bringt, zu denen er fähig ist.

-         Stabilität: Gibt es nicht. Gegentore können zu jedem Moment fallen, am liebsten aber direkt nach eigenen. Es bleibt abzuwarten, wie sich Meeuwis über einige Spiele hinweg entwickelt. Und zu hoffen.

 

Zur Wettervorhersage: Wenn Frontzeck seiner Linie mit 2 Stürmern treu bleibt, ist eine torreiche Partie in Aussicht. Es scheint auch angeraten, sich nicht zu weit hinten zu positionieren, zumal Meeuwis und Marx die Abwehr entlasten können. Dadurch käme Bradley zu seiner benötigten Pause und die Mannschaft könnte sich in der Aufstellung vom letzten Sonntag weiter einspielen. Wenn Colautti fit ist, ist sein Einsatz wahrscheinlicher als der von Neuville, auch wenn dessen Stundeneinsätze sich als wertvoll erweisen.

 

Aufstellung: 

 

Bremen: Wiese – Fritz, Mertesacker, Naldo, Boenisch; Borowski, Frings, Özil, Marin; Almeida, Pizarro

 

Borussia: Heimeroth – Jaurès, Brouwers, Kleine, Levels; Arango, Meeuwis, Marx, Matmour; Bobadilla, Colautti

  

Seitenwahl-Prognose

 

Mike Lukanz: Die Bremer schlagen an guten Tagen fast jede Mannschaft in Europa. Die gesamte Bandbreite ihrer Leistungsfähigkeit müssen sie am Sonntag nicht nutzen, um 2:1 zu gewinnen, zumal sich das Ergebnis knapper liest, als es tatsächlich war.

 

Christoph Clausen: Borussia hat sich exzellent verstärkt, bis zur Qualität des Bremer Kaders ist es, von wenigen Positionen abgesehen, aber noch ein weiter Weg. Obwohl ich der Borussia einen Überraschungserfolg durchaus zutrauen würde, scheint mir daher ein 3:2- Erfolg der Gastgeber wahrscheinlicher.

 

Michael Heinen: So viel Glück wie in der Vorsaison wird Borussia kein zweites Mal haben. Dieses Mal spielt man zwar besser, verliert dafür aber unglücklich mit 1:2.

 

Christian Spoo: Dem kleinen A... wird hoffentlich ein scharfzahniger Wadenbeißer zur Seite gestellt, eine Marin-Show gegen Borussia möchte ich nicht sehen. Aber auch ohne eine solche Show wird Werder Bremen das Spiel am Sonntag gewinnen - zumal der Pizarro-Wechsel rechtzeitig zum Gladbacher Gastspiel über die Bühne ging. Er wird mindestens einmal treffen, seine Mannschaft insgesamt drei mal - Borussia ist nur für einen Ehrentreffer gut. Macht 3:1.

 

Thomas Häcki: Nach Bremen ohne Bailly? Wie soll das denn gehen? Aber jetzt mal im Ernst: In den letzten Tagen konnte man meinen, Gladbach wäre bereits die Überraschungsmannschaft der Saison. Doch diese ist noch lang und an der Weser sah man in den letzten Jahren selten Land. Und so wird die Borussia beim 1:3 wieder zurück auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Das ganze ist aber kein Beinbruch, solange die Leistung stimmt.

 

Christian Heimanns: Lange wirkte Werder wie eine Erinnerung an die Fohlen von früher, jetzt versucht Borussia, wie die Bremer zu spielen, in jeder Hinsicht. Das wird Spaß machen, da zuzusehen, aber es bringt den Gästen keine Punkte. Borussia verliert 2:3.