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VfL WolfsburgAm 25. August 1967 wurde das deutsche Fernsehen farbig. Wie so oft bei technischen Neuerungen, waren die Feuilletons skeptisch. Schwarz-Weiß, raunte es dar, sei seriöser und künstlerisch wertvoller, die bunte Glitzerei nur für seichte Unterhaltung und Sportübertragungen zu gebrauchen. Umso pikanter, wie sehr gerade die Sportberichterstattung bis heute zwar nicht der Optik, wohl aber dem Geist des Schwarz-Weißen verpflichtet ist. Die Partie VfL Wolfsburg gegen Borussia Mönchengladbach liefert diesbezüglich Anschauungsmaterial. Wer zwischen Schwarz und Weiß nichts kennt, dem fällt das Urteil leicht: Sechste Gladbacher Pflichtspielniederlage in Folge, wenige Großchancen, Abstiegsplatz, Borussia am Abgrund. Buntseher werden daneben zwischen dem trüben Grau des Unvollkommenen auch manch grünen Hoffnungsschimmer entdeckt haben.


Dazu zählte über weite Strecken die Defensivleistung der Borussia. Anders als von vielen befürchtet, hatte Michael Frontzeck zwar statt des ungeliebten Ein-Stürmer-Systems auf zwei zentrale Angreifer gesetzt. Da insbesondere Colautti, ebenso wie der für den müden Arango in die Startelf gerutschte Marko Reus, engagiert nach hinten mitarbeitete, sich im defensiven Mittelfeld das Duo Bradley und Marx gut ergänzte und in der Innenverteidigung vor allem Dante eine starke Partie ablieferte, war von der so gepriesenen Wolfsburger Offensive nur selten etwas zu sehen.

Für dunkle Spritzer sorgten dafür einzelne Aussetzer. Logan Bailly zeigte sich auf der Linie zwar gewohnt reaktionsschnell, in der Strafraumbeherrschung aber teilweise desorientiert. Hier und bei den beiden Aluminiumtreffern Edin Dezkos stand Borussias Abwehr das Glück zur Seite. Gegen Alexander Madlung aber scheint in Gladbach kein Kraut gewachsen: Im zwölften Bundesligaspiel gegen Mönchengladbach traf der Ex-Herthaner bereits zum fünften Mal, und man fragt sich, ob es in Kenntnis der Vorgeschichte dieses Spielers wirklich so unmöglich ist, ihn bei gegnerischen Standards ordentlich zu bewachen. In diesem Fall gerieten sich Dante und Brouwers in die Quere.

Dennoch: Borussia ließ Wolfsburgs Offensive nur selten zur Entfaltung kommen und zeigte ihrerseits verschüttet geglaubte spielerische Fähigkeiten. Nach eigener Balleroberung schalteten die Gladbacher gedankenschnell um und konnten das Mittelfeld ein ums andere Mal mit zielstrebigem, ballsicherem und variablem Spiel überbrücken. Am gegnerischen Strafraum indes war es mit der Borussenherrlichkeit meist zu Ende. Dabei waren manche Zuspiele in die Spitze wirklich klug angesetzt, der aufmerksamen Wolfsburger Viererkette aber gelang es immer wieder, die Borussenstürmer durch einen rechtzeitigen Schritt nach vorne abseits zu stellen. Besonders in der 41. Minute werden das nicht nur Borussenanhänger, sondern auch neutrale Fußballästheten bedauert haben. Eine  herrliche Kombination mit Marx schloss Marko Reus zwar zum vermeintlichen Führungstor ab, stand dabei aber deutlich im Abseits. In anderen Situationen, und hier färbte das Gladbacher Hoffnungsgrün sich wieder dunkel, vergaben die Borussen aussichtsreiche Kontergelegenheiten, weil zu umständlich agiert, der besser postierte Mann übersehen, oder eine Flanke zu ungenau geschlagen wurde.

 

Die Besetzung der Sturmabteilung hatte im Vorfeld für einige Diskussionen gesorgt, zumal Oliver Neuvilles Unzufriedenheit dem Boulevard thematisches Futter geliefert hatte. Ob als Sanktion oder als Konsequenz enttäuschender Trainingsleistungen: Neuville fand sich noch nicht einmal im Kader wieder. Seine Konkurrenten konnten dabei nur bedingt Werbung in eigener Sache machen. Raul Bobadilla bewegte sich zwar gut, war im Abschluss aber zu überhastet. Dass galt für seine Großchance in der 87. Minute, als er, von Reus herrlich in Szene gesetzt, den herausstürzenden Benaglio anschoss, statt ihn zu überlupfen. Das galt besonders aber für jene schier unglaubliche Szene in der 69. Minute, als Madlung Benaglio über den Haufen rannte und Bobadilla einen Hackentrick aus fünfzehn Metern neben das leere Tor setzte, anstatt gemütlich mit dem Ball in dasselbe zu laufen.

 

Roberto Colautti arbeitete nach hinten fleißig mit, trat offensiv aber kaum in Erscheinung. Rob Friend tat dies immerhin als Torvorbereiter: Gegen Dortmund hatte die Stupidität, mit der die Borussen lange, hohe Bälle auf den Kanadier schlugen, das Publikum noch zur Verzweiflung gebracht. Dass solche Bälle aber ein durchaus probates Mittel sein können, wenn sie als eines von vielen Stilmitteln eingesetzt werden, bewies Dante in der dritten Minute der Nachspielzeit. Seinen langen Ball legte Friend gut in die Mitte auf Bradley ab, der beherzt auf 1:2 verkürzte. Der Anschlusstreffer - Christian Gentner hatte kurz zuvor einen Konter zum vorentscheidenden zweiten Tor der Gastgeber abgeschlossen – kam aber zu spät.

Unter dem Strich verlor die Borussia beim deutschen Meister zwar verdient, weil die im Ansatz durchaus vielversprechenden Angriffe nicht entschieden genug zu Ende gespielt wurden. Schwarze Trauerkleidung anzulegen, wäre dennoch verfrüht. Borussia zeigte sich im Spielaufbau deutlich verbessert, wofür neben dem Duo Bradley / Marx und den aktiven Außenverteidigern vor allem Marko Reus verantwortlich zeichnete. Es wäre überraschend, stünde der Youngster beim rheinischen Derby nicht erneut in der Startelf.