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Der Rahmen für den zweiten Auswärtssieg beim FC Bayern nach 1995 war bereitet. Borussia reiste mit breiter Brust als beste Elf der letzten 5 Spieltage an. Erstmals seit ewigen Zeiten wurde vor dem Spiel nicht nur über die Höhe des selbstverständlichen Heimsiegs spekuliert. Selbst die FIFA war sich der Bedeutung des Klassikers bewusst und nahm die Auslosung zur Fußball-Weltmeisterschaft ins Vorprogramm für das Aufeinandertreffen der beiden erfolgreichsten Bundesligisten aller Zeiten auf.

 

Blickt man zurück auf die 90 Minuten vom vergangenen Freitag abend, so wurden die hohen Erwartungen alles andere als enttäuscht. Im Ergebnis spiegelt sich wieder, dass sich bei ausgeglichenen Spielen am Ende meist die individuelle Klasse durchsetzt, wie sie Mario Gomez und speziell Arijen Robben bei den Bayern verkörpern. Borussias Defensive hatte die hochgelobte Bayern-Offensive über 90 Minuten gut im Griff und ließ kaum eine hochkarätige Chance zu. Die einzig echte Ausnahme bot die Situation vor dem 0:1, als sich Jaures, Bradley und Dante gemeinschaftlich zu passiv verhielten, was bei Stürmern der Kategorie Mario Gomez regelmäßig zu einem Gegentor führt. Trotz der relativ geringen Geschwindigkeit ist Torhüter Logan Bailly hingegen kein Vorwurf zu machen. Zu platziert schlug das neue WM-Geschoss im rechten Toreck ein. Zu sehr verdeckte Dante mit seinem gescheiterten Abwehrversuch die Schussbahn.

Anders verhält es sich mit dem Freistoß zum 1:2, der sehr lange in der Luft verharrte und höchst unglücklich im langen Eck einschlug. Ein Torhüter mit so hohen eigenen Ansprüchen wie Bailly sollte einen solchen Ball über die Latte lenken können. Nachdem der Belgier in der vorigen Rückrunde als einziger Bundesliga-Schlussmann keinen einzigen Gegentreffer zu verantworten hatte, sieht seine Bilanz in dieser Hinrunde durchwachsener aus. Bailly gehört sicher zu den besseren Torhütern dieser Liga und seine Leistung kann sich insgesamt weiterhin sehen lassen. Man muss aber schon die rosarote Fanbrille aufsetzen, wenn man ihn bereits jetzt in der europäischen Top-Klasse wähnt und dies an vermeintlichen Angeboten des FC Bayern ablesen möchte. Mit seinen 23 Jahren hat er insbesondere bei hohen Bällen noch einiges zu lernen. Außer Frage bleibt aber natürlich, dass wir dank seiner Person für die nächsten Jahre Ruhe auf der Torwartposition behalten dürften. 

Ruhe ist es bei Borussia aktuell ein gutes Stichwort. Selten ging es im Umfeld so ruhig zu wie in diesen Tagen. Für die Winterpause soll sogar auf Einkäufe komplett verzichtet werden, was manch einem Borussen-Fan zum Weihnachtsfest Entzugserscheinungen bescheren dürfte. Wenn man über potentielle Einkäufe – ggf. auch schon für den Sommer – nachdenken möchte, dann erkennt man aktuell am ehesten im Sturm Verbesserungspotential. Rob Friend ist stets bemüht und zeigt auch in weniger auffälligen Spielen eine gewisse Wertigkeit, wie Freitag z. B. bei seinem einleitenden Pass vor dem 1:1. Für gehobenere Ansprüche, wie Borussia sie spätestens in ein paar Jahren anstellen möchte, reicht seine Qualität aber wohl eher nicht aus. Hier ruhen die Hoffnungen am ehesten auf Raul Bobadilla, den seine Verletzung in Verbindung mit Borussias Erfolgsserie aktuell in die Jokerrolle katapultiert hat. Mit einem einzigen Treffer ist er rein statistisch bislang hinter den Erwartungen zurück geblieben. Dennoch deutet er immer wieder an, dass aus ihm ein richtig guter Stürmer werden kann, der nicht ganz ohne Grund noch vor etwas über einem Jahr von zahlreichen Topklubs des Kontinents gescoutet wurde. Seine hochwertigen Anlagen sind unübersehbar und man kann nur hoffen, dass ihm das Schicksal eines Jörgen Pettersson erspart bleibt, bei dem einst im selben Alter mit ähnlichen Voraussetzungen der Stagnationsprozess einsetzte.  

Wenn die Stürmer schon nicht treffen, dann ist wenigstens auf einen noch Verlass. Roel Brouwers ist einer der großen Gewinner dieser Vorrunde. Als Zweitliga-Kicker und Ziehsohn von Jos Luhukay war er bereits verspottet worden. An der Seite von Dante blüht er jetzt aber richtig auf und zeigt defensiv wie offensiv seine Qualitäten. Fraglich, ob z. B. ein Karim Matmour den genialen Pass von Bradley dermaßen souverän an Hans-Jörg Butt vorbeigeschoben hätte. Leider ließ sich der oft unterschätzte Bayern-Keeper an diesem Tag nur dieses eine Mal überwinden. Gegen die zahlreichen Fernschüsse von Arango und Co. war er hingegen stets auf dem Posten. Vielleicht hätte es Borussia öfter wie bei jenem Torerfolg auf spielerische Art versuchen sollen – schienen die Bayern hier doch defensiv extrem anfällig. 

In Halbzeit 2 ging es in beiden Strafräumen sehr ruhig zu. Durch ihre Feldüberlegenheit hätten sich die Bayern das bis zum Seitenwechsel höchst schmeichelhafte Unentschieden verdient gehabt. Dass es letztlich sogar zum Sieg reichte, war der Einwechselung von Arijen Robben zu verdanken. Im Gegensatz zu seinen Mitspielern ließ dieser sich durch die gute Defensivarbeit von Borussia nicht beeindrucken. Es zeigt sich immer wieder, dass die Klasse einiger weniger Topspieler entscheidende Unterschiede ausmachen kann. Die Weltklasse-Leistungen von Dante in den vergangenen Wochen trugen ebenso wesentlich zur Leistungssteigerung seiner Defensivkollegen bei wie das Offensivspiel der Bayern durch Robben und Ribery an entscheidender Qualität gewinnt.  

Ausgerechnet der Zusammenstoß eben jener Topakteure beider Mannschaften sollte dann auch das Traditionsduell zwischen Bayern und Borussia entscheiden. Dante lief hierbei ein wenig in den Laufweg des eh schon strauchelnden Robben, was ein penibler Schiedsrichter wie Herr Weiner pfeifen darf. Ärgerlich wird dies erst durch die Inkonsequenz, auf der Gegenseite mehrfach andere Maßstäbe in vergleichbaren Situationen angelegt zu haben. So hätte Demichelis konsequenterweise nach seiner Aktion gegen Matmour in der Anfangsphase vom Platz gestellt werden müssen. Wenn schon ein DFB-Verantwortlicher wie Matthias Sammer dem Schiedsrichter Parteilichkeit zugunsten des Heimteams unterstellt, so sollte dies zu denken geben. 

Doch fernab solcher Ärgernisse hat Borussia wieder einmal ein sehr ordentliches Spiel abgeliefert und ist dem FC Bayern München in dessen Stadion auf Augenhöhe begegnet. Spätestens seit dem Sieg in Hamburg spielt die Mannschaft endlich so, wie man es sich seit Jahren herbeigesehnt hatte. Michael Frontzeck hat seine Stammelf jetzt gefunden und er tut gut daran, diese weitgehend unverändert auflaufen zu lassen. Eingespieltheit und Konstanz sind nicht zu unterschätzende Erfolgsfaktoren. Sich aber beruhigt zurückzulehnen und von einer langweiligen Saison im gesicherten Mittelmaß auszugehen, wäre das denkbar falscheste Signal.  

In der kommenden Woche wartet mit Hannover 96 ein unangenehmes Spiel, das Frontzeck nicht ohne Grund zum schwersten der letzten Zeit erklärt hat. Zum ersten Mal seit Beginn des Höhenflugs wird Borussia als klarer Favorit und mit der Erwartungshaltung eines vermeintlich sicheren Pflichtsiegs in die Partie gehen. Dabei haben die Niedersachsen in dieser Saison schon einige Male gezeigt, dass sie auch auswärts zu Überraschungen in der Lage sind. Die drei Punkte werden also hart erkämpft werden müssen und in der Offensive wird man zwingender und abschlussstärker zu Werke gehen müssen als zuletzt in den Spielen gegen Köln oder Stuttgart. 

Es ist noch ein weiter Weg bis zur Erreichung des Saisonziels, den Klassenerhalt ohne größere Gefahr zu bewerkstelligen. Borussia ist aber zweifelsohne auf einem hervorragenden Weg und darf nach 15 Spieltagen ein sehr positives Zwischenfazit ziehen.