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Die Frage, ob das 2:2 in Gelsenkirchen eher ein Grund zur Freude oder zum Ärgern ist, beschäftigt uns seit letztem Samstag wohl alle. Erleichtert sein darf man im Borussen-Lager zweifelsohne darüber, dass die Mannschaft ihren Tiefflug aus den vorangegangenen Spielen beendet und sich wieder ihrer Stärken besonnen hat. Die Rückkehr von Einsatzbereitschaft und Willen stimmen zuversichtlich für die anstehenden schweren Wochen. Auf der anderen Seite war zweifelsohne mehr drin in dieser Partie. Die Schalker Spieler wirkten deutlich verunsichert und in der ersten und letzten halben Stunde jeweils rat- und hilflos gegen eine defensiv deutlich verbesserte Borussen-Elf. Im Zeitrahmen zwischen Minute 30 und 64 geriet die Elf von Michael Frontzeck aber gehörig unter Druck. In dieser Phase war es Glück, dass letzten Endes nur ein Gegentor fiel.


Die weiterhin offensichtlichen Schwächen der Mannschaft sollten aber niemanden verwundern. Niemand kann erwarten, dass man einem Gegner über 90 Minuten lang auf Augenhöhe begegnen kann, der für seine drei Offensivakteure mehr Geld ausgegeben hat als Borussia für all seine Spieler der letzten drei Jahre zusammen. Raul, Huntelaar und mit Abstrichen Jurado. Das ist Champions-League-Niveau und noch eine Klasse über dem, was unsere besten Spieler zu leisten imstande sind. Es ist keine Schande, von diesen Top-Stürmern zwei Tore eingeschenkt zu bekommen. Selbst wenn diese unnötig zustande kamen und das letzte so kurz vor Schluss besonders ärgerlich gewesen ist.

Die Probleme sind mit diesem einen Punkt nicht beseitigt. Dies zeigt schon der Blick auf die Tabelle, wo Borussia auf den Relegationsplatz 16 zurückgefallen ist. Wenn man bedenkt, dass mit Stuttgart und Schalke zwei Mannschaften dahinter liegen, die nicht zu den direkten Abstiegskandidaten zu zählen sind, ist dies eine gefühlte Rote Laterne. Negative Ausreißer, wie zuletzt die Hertha, sind in dieser extremen Form eine seltene Ausnahme. Nimmt man die Mannschaften zum Maßstab, die vor der Saison zum weiteren Kreis der Abstiegsanwärter gezählt wurden, ergibt sich folgendes Tabellenbild:

 

 

Mainz                         18 (+9)

Hannover                   13 (+4)

SC Freiburg                  9 (-1)

FC St. Pauli                   7 (-1)

1.FC Kaiserslautern       7 (-3)

Eintracht Frankfurt         6 (+1)

1.FC Nürnberg              6 (-2)

1.FC Köln                     5 (-5)

Borussia M´gladbach     5 (-9)

 

 

Mainz hat sich bereits jetzt aus dem Abstiegskampf für diese Saison verabschiedet. Der Vorsprung von Hannover ist mit 8 Zählern ebenfalls beachtlich. Ansonsten befinden sich alle übrigen Konkurrenten noch in Reichweite. Die nächsten Wochen werden nicht einfach, denn es folgen überwiegend Gegner, die über eine höhere individuelle Qualität verfügen. Borussia hat zwar bewiesen, mit diesen Vereinen in einer Partie gut mithalten zu können und tat sich gegen sie zuletzt sogar leichter. Dennoch wäre es nicht überraschend, wenn wir uns in den kommenden Wochen – und ggf. gar Monaten – im unteren Tabellenbereich festsetzen sollten. Die Saison ist aber noch lang und es besteht kein Grund, jetzt bereits Konsequenzen einzufordern, die man später mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit bereuen würde.

Vielmehr sollte man aus dem Schalke-Spiel die Lehre ziehen, dass hysterischen Panikattacken in der Öffentlichkeit stets mit Ruhe und Bedacht zu begegnen ist. Nach der Niederlage gegen St. Pauli wurden bereits die ersten Grabreden gehalten. Nach nur 5 Spielen schien der Abstieg bereits für so manchen besiegelt, obwohl man rein tabellarisch nicht einmal unter den letzten dreien zu finden war. Aber für die nächsten 3 bis 6 Spiele wurden ohnehin die nächsten Niederlagen inklusive Torwart- und Trainerwechsel verplant.

Man braucht noch nicht allzu lange Borussen-Fan zu sein, um solche Situationen bereits zuhauf miterlebt zu haben. Die Mechanismen sind stets die gleichen. Oft genug kam es in der Vergangenheit tatsächlich von Vereinsseite zu den eingeforderten Reaktionen. Geholfen haben diese nur selten. Der Verein tut gut daran, sich bei seinen Entscheidungen generell nicht von Panik leiten zu lassen. Schwache Phasen wie zuletzt müssen in aller Ruhe und konstruktiv untersucht und analysiert werden, damit man aus ihnen für die Zukunft lernt.

Nachjustierungen in der Stammelf sind immer vorstellbar und werden auch von Michael Frontzeck überdacht. Allein schon deshalb, weil Roel Brouwers notgedrungen für vermutlich drei Partien ausfallen wird. Dies muss angesichts seiner letzten Leistungen kein so großer Nachteil sein. Filip Daems kann in die Mitte rücken, wo er in der Vergangenheit seine besten Spiele im Borussen-Dress absolviert hat. Auf links dürfte anfangs Sebastian Schachten Chance erhalten, im zweiten Anlauf in Liga 1 Fuß zu fassen. Sollte es ihm nicht gelingen, steht Jens Wissing bereit, den man genau für solche Situationen vor der Saison verpflichtet hat.

So verschmerzbar der Ausfall von Brouwers ist, so ist es wenig fair, ihn als generellen Sündenbock auszumachen. Noch vor wenigen Wochen wurde er als Goalgetter bejubelt und für seine starke Vorsaison geachtet. Dies alles scheint bei vielen jetzt bereits vergessen. Gleiches gilt für Tobias Levels, der deutlich schwächer als im Vorjahr spielt, als er überraschend zum unumstrittenen Stammspieler der Viererkette aufgestiegen war. Oder nehmen wir Logan Bailly, der in dieser Saison bislang ohne jeden Zweifel maßlos enttäuscht. Sein Verhalten bei hohen Bällen war auch auf Schalke mal wieder unterirdisch. Die Überlegung, ob ein Christofer Heimeroth mit all seiner Durchschnittlichkeit aktuell die bessere Wahl sein könnte, darf man anstellen. Wehren sollte man sich nur dagegen, den Belgier alleine für die defensiven Unzulänglichkeiten verantwortlich zu machen. Dies würde den Verteidigern ein zu bequemes Alibi liefern. Im Übrigen haben Daems, Brouwers und Levels schon lange vor der Verpflichtung Baillys ähnliche Schwächen offenbart, so dass ihnen damals von nicht wenigen Fans die Bundesliga-Tauglichkeit abgesprochen wurde.

Borussia ist insgesamt immer noch auf dem richtigen Weg, der aber kein einfacher und ganz bestimmt kein kurzer ist. Möglich, dass er uns in dieser Spielzeit ein paar Tabellenschritte zurückwerfen wird. Wichtig ist, dass die Mannschaft im Laufe der Saison eine gewisse positive Entwicklung erkennen lässt. Dies kann bei einem Marco Reus z. B. schon die Bestätigung seiner Vorjahresleistung sein. Von Raul Bobadilla ist zu erhoffen, dass er sich fortan immer so ins Spiel einbringt wie am Samstag. Auch dort gelang nicht immer alles, aber man merkte dem Argentinier an, dass er seine Chance um jeden Preis ergreifen wollte. Gleichwohl Mo Idrissou in der kommenden Partie zurückkehrt, wäre es ein schlechtes Zeichen, würde man Bobadilla für seinen engagierten Auftritt nicht belohnen. Mit Patrick Herrmann steht ohnehin ein Spieler bereit, dem angesichts seines Alters nach den turbulenten letzten Wochen eine Pause zu gönnen ist.

Es ist leider auszuschließen, dass es Borussia in absehbarer Zeit gelingt, ohne solche Krisensituationen auszukommen. Die Qualität, die man bräuchte, um dies zu bewerkstelligen, kann man mit dem vorhandenen Budget kaum erzielen. Ganz abgesehen davon, dass auch teure Kader vor diesen Phasen nicht gefeit sind, wie unser Gegner vom Samstag belegt. Was man zu verhindern versuchen sollte, das sind Auftritte wie in Stuttgart. Es gibt Tage, an denen nichts zusammenläuft und sich alles gegen einen verschwört. Sowas darf gelegentlich zu unerwartet hohen Niederlagen führen, wie es z. B. gegen Frankfurt geschah. Gegen Stuttgart jedoch mangelte es der Mannschaft an Charakter. Dass es besser geht wiesen die Spieler auf Schalke nach, wo sie von der ersten Minute an zeigten, dass sie zur Besserung gewillt waren. Selbst wenn die Partie am Ende verloren gegangen wäre, hätte man der Mannschaft diesbezüglich nichts vorwerfen können. Es liegt nun an ihr, daran in den kommenden Wochen anzuknüpfen und sich somit Stück für Stück den Kredit zurückzuerspielen, den die letzten Wochen gekostet haben.