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FSV Mainz 05Es kommt nicht oft vor, dass man die Deutsche Bahn loben kann. Aber zumindest in einem Punkt ist sie Borussia Mönchengladbach voraus. Nein, nicht in Sachen Verspätung, nicht in Sachen Dauerbaustelle: In beiderlei Hinsicht kann Borussias Defensive problemlos mithalten. Auch dass man die einmal festgelegten Gleise nicht verlassen kann oder will, haben Borussia und die Bahn gemein. Immerhin will die Bahn, so war heute zu lesen, ihren Kundenservice dadurch verbessern, dass sie bei der Antwort auf Kundenbeschwerden in Zukunft die immer gleichen Textbausteine vermeiden möchte.

 

Leider gilt das nicht für die Borussen, deren Äußerungen nach Niederlagen man per Copy and Paste problemlos recyclen kann. Die Gegentore „sind natürlich viel zu viel“ und dürfen „normalerweise nicht passieren“ (Christofer Heimeroth).  „Vor allem, wie wir die Gegentore bekommen, ist bitter“ (Michael Frontzeck) und „hatte nichts mehr mit Bundesliga zu tun.“ (Thorben Marx).  „Die Gegentore fallen zu einfach, wir haben dreimal in der Vorwärtsbewegung den Ball verloren und in brenzligen Situationen zu häufig versucht, es fußballerisch zu lösen“ (Max Eberl). All das hat man, so oder ähnlich, schon gelesen in dieser Saison, und nicht nur einmal.

 

Auf Textbausteine umstellen können getrost auch die Kommentatoren. Zumindest ist erschreckend, wie gut folgende Zeilen aus dem SW-Nachbericht zum Heimspiel vor zwei Wochen auch diesmal passen: „Vor allem in der Viererkette und auch im defensiven Mittelfeld, wo Michael Bradley wieder Fehlpass an Fehlpass reihte, mangelt es an Alternativen, um Sperren, Verletzungen oder Formtiefs überzeugend zu kompensieren. Es wäre fahrlässig, sich darauf zu verlassen, dass man von all dem in der Rückrunde verschont bleibt.“

 

I rest my case sagen englische Anwälte gern am Ende eines Plädoyers. Gemeint ist, dass die eigene These hinlänglich belegt wurde. I rest my case: Ohne Dante und Brouwers genügt Borussias Viererkette den Ansprüchen der Bundesliga oft nicht. Sebastian Schachten hätte mit seinem katastrophalen Stockfehler schon kurz vor der Pause beinahe ein Gegentor verschuldet. Wenn schon die technischen Mittel fehlen und der schwere Boden ein Übriges tut, wäre es ein Leichtes gewesen, den Ball beherzt wegzuschlagen. Aber wahrscheinlich hatte Schachten den Mainzer in seinem Rücken gar nicht wahrgenommen. Nicht im Bilde war er auch beim 2:2, als er den Flankenball, der lange in der Luft war, gebannt anblickte und für den hinter ihm lauernden Allagui keine Augen hatte. Tobias Levels war noch Borussias bester Verteidiger, hob aber beim ersten Gegentor durch zögerliches Rausrücken das Abseits auf. Und beim Mainzer Siegtreffer kann man allenfalls darüber streiten, ob Daems, Anderson oder Schachten am schlechtesten standen.

 

I rest my case: Die Abwehr ist stark ersatzgeschwächt, das defensive Mittelfeld nicht. Aber auch die Bestbesetzung Marx / Bradley vermag der Defensive nicht die Struktur zu geben, wie es einst ein Galasek oder Nielsen vermochten. Schlimmer noch: Bradley, nach dem Köln-Spiel noch zu Recht für seine Offensivleistung gefeiert, ließ erneut befürchten, dass er solche Leistungen nur in Ausnahmefällen zu liefern in der Lage ist. Gegen keineswegs überragende Mainzer spielte der US-Amerikaner zwar einzelne starke Pässe, aber auch haarsträubende Fehlpässe in erschreckender Häufigkeit. Gerade bei einer Viererkette, die bei schnellen Gegenstößen heillos überfordert ist, können solche Missgeschicke im Spielaufbau fatal sein, wenn Mitspieler schon aufgerückt sind. Das war diesmal beim 2:2 zu besichtigen, und auch dies nicht zum ersten Mal in dieser Saison.

 

I rest my case: Was Max Eberl und Michael Frontzeck in der Offensive an Qualität zusammengestellt haben, ist aller Ehren wert. Ansehnlich waren beide Tore, gar zum Zungeschnalzen das zweite. Und dass mit Marco Reus eine Vertragsverlängerung gelang, ist ein Eberlsches Glanzstück. Aber all das wird den Abstieg nicht verhindern, wenn sich die Defensivleistung nicht entscheidend verbessert. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man findet ein Mittel, das Dante und Brouwers in der Rückrunde zuverlässig vor Verletzungen und Sperren schützt. Oder man erhöht durch Neuverpflichtungen die Qualität der Alternativen in der Viererkette, oder die des defensiven Mittelfelds. Dass Eberl Kaderveränderungen in der Winterpause vor wenigen Tagen erneut ausschloss, war eines der deprimierenden Ereignisse dieser Woche.