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Das Personalkarussell bei Borussia knirscht und stockt in der Sommerpause bisher mehr, als dass es sich geräuschlos dreht. Die Freude nach der Last-Minute-Rettung ist verklungen, die Hoffnung auf eine ruhigere Zukunft wird durch die bisherigen Neuverpflichtungen und die drohenden Abgänge nicht gerade befeuert. Drei Wochen vor dem ersten Pflichtspiel ist kaum abzusehen, welches Gesicht die Mannschaft in der kommenden Spielzeit haben wird. Der Umgang einiger Spieler mit dem Verein und des Vereins mit einigen Spielern sorgt darüber hinaus für einige Unruhe im Umfeld.

 


Die Transfers, die der Verein bisher getätigt hat, stehen in merkwürdiger Relation zu den Aussagen von Sportdirektor Max Eberl zu Beginn der Transferperiode. Bezeichnete er es da als seinen Kardinalfehler, zu sehr auf die Jugend gesetzt zu haben, hat der Verein bis heute fast ausschließlich Perspektivspieler unter 21 verpflichtet. Zur Aussage, auch gestandene Spieler holen zu wollen, passt lediglich der Transfer des Schweden Oscar Wendt.


Zumindest problematisch mutet, angesichts der Erfahrungen aus der vergangenen Saison, auch an, dass der Schwerpunkt der Transferaktivitäten bisher im Bereich der Offensive liegt und dem Vernehmen nach auch weiter liegen soll. Dort, wo das Team auch in der vergangenen Spielzeit – trotz verletzungs- und wahnsinnsbedingter Ausfälle noch die wenigsten Probleme hatte, herrscht derzeit fast ein Überangebot an Spielern. Das wäre nicht weiter schlimm, sähe es weiter hinten, vor allem im defensiven Mittelfeld, nicht etwas dünn aus. Dass auf dieser so wichtigen Position ein erfahrener und stabiler Mann fehlt, wurde in den vergangenen Monaten immer wieder bemerkt. Allein geschehen ist nicht viel. Einen „Ersatz für  Michael Fink“ werde es wohl noch geben, so ist mittlerweile dann doch zu hören, nachdem die Transferaktivitäten bereits vorschnell als „beendet“ deklariert worden waren. Es steht zu hoffen, dass damit gemeint ist, den Spieler zu holen, der Michael Fink sein sollte, nämlich eine routinierte Führungskraft – und nicht den Ergänzungsspieler, der Michael Fink letzten Endes war. Inwieweit Borussia für einen Top-Transfer wie er z.B. dem 1.FC Köln mit Sascha Riether gelungen ist, die finanziellen Mittel fehlen, bleibt ein Rätsel. Die Zurückhaltung auf dem Transfermarkt ist nicht ganz leicht zu verstehen angesichts des steten Verweises auf die wirtschaftliche Gesundheit Borussias. Dass ein Spieler wie Matthias Zimmermann trotz erstaunlicher Ablösesumme im Endeffekt einen Bruchteil dessen kostet, was Köln summa summarum für Riether wird aufwenden müssen, sollte allerdings auch jedem klar sein, der sich über das unterschiedliche Transfergebaren der rheinischen Rivalen ein wenig wundert.


Verstärkt wird das ungute Gefühl, das viele Fans in den vergangenen Wochen schrittweise beschleicht, durch die unklaren Verhältnisse bei einigen Spielern aus dem Altkader. Die Trennung von Karim Matmour, Logan Bailly und Marcel Meeuwis ging dabei relativ geräuschlos über die Bühne. Kein Wunder: es war in diesen Fällen wohl allen Beteiligten daran gelegen, das Arbeitsverhältnis zügig zu beenden bzw. im Fall Bailly zunächst zu unterbrechen.

 

Komplizierter stellt sich das Ganze bei vier anderen Spielern dar. Dante und Michael Bradley halten es offenkundig nicht länger in Gladbach aus. Bradley hatte das in der bekannten Form und mit den bekannten Konsequenzen schon während der vergangenen Saison deutlich gemacht. Sein Verhalten wurde und wird von Verantwortlichen wie von Fans recht klar verurteilt. Ein Spieler, der in einer für den schwierigen Situation allein sein persönliches Fortkommen im Auge hat, ist nicht gut für das Team. Dass es darüber hinaus aber keinen Verein zu geben scheint, der Bradley will und den Bradley gleichzeitig für sich sebst für erträglich erachtet, macht den Fall schon fast absurd. Vorliegende Angebote tut der US-Amerikaner ab, bei Aston Villa ließ er die Gelegenheit, sich zu beweisen, ungenutzt. Borussia dient Bradley in diesem Fall als Auffangnetz. Kein Mensch sollte annehmen, dass der Spieler sich gegebenenfalls über das Maß des gerade nötigen würde einbringen wollen.

Wie das bei Dante aussieht, ist schwerer zu prognostizieren. Man mag angesichts des tadellosen Betragens und der immens wichtigen Leistung, die der Brasilianer bis dato in Gladbach gezeigt hat, nicht glauben, dass er sich hängen lässt. Andererseits hätte man es auch kaum für möglich gehalten, dass der bisherige Publikumsliebling derart auf einen Abgang insistiert, auf Fotos „zufällig“ schaut, wie das Leiden Christi und sein Pensum bei Trainingsspielen doch eher lustlos herunterspult. Auch hier fällt auf, dass der Spieler den Verein mit seinem Wechselwunsch unter Druck setzt, ohne dass ein Verein in Sicht wäre, der a) dem angeblichen Anspruch Dantes, international zu spielen und b) der vermutlich (und hoffentlich) nicht ganz unerheblichen Ablöseforderung Borussias genüge tun könnte.

Man könnte sich angesichts der ärgerlichen Fälle Dante und Bradley also hinstellen und einmal mehr den Verfall der Sitten im Fußball, das Ende der Vereinstreue, die Machtposition der Spieler seit Bosman und deren mangelnden Respekt vor rechtsgültigen Arbeitsverträgen beklagen.

 

Das aber fällt schwer, sieht man, wie ein Verein wie Borussia auf der anderen Seite mit Spielern umspringt, für die er keine Verwendung mehr sieht. Mo Idrissou und Tobias Levels sollen verschwinden. So hat es der Verein zwar nicht wörtlich ausgedrückt, es dennoch die Spieler und die Öffentlichkeit klar wissen lassen. Nun mag man gerne streiten, ob und wie Levels und Idrissou dem Verein in der kommenden Saison weiterhelfen würden. Natürlich ist Tobias Levels fußballerisch limitiert, natürlich ist Mo Idrissou ein etwas kapriziöser Typ. Andererseits hat es Levels vor der „Seuchensaison“ 2010/11 durchaus vermocht, fehlende Fertigkeit durch Einsatz teilweise mehr als wettzumachen und wäre Borussia ohne Idrissous 1:0 gegen Dortmund heute Zweitligist.

Tatsache ist: beide Spieler haben sich nichts zu Schulden kommen lassen, was ein Aussortieren rechtfertigen würde. Beide Spieler haben einen gültigen Vertrag, der von Levels gilt sogar noch zwei volle Jahre. Diese Verträge datieren aus dem Frühjahr bzw. Sommer 2010, sind also nicht so alt, als dass man davon ausgehen kann, dass sich die Leistungsfähigkeit der Spieler seither dramatisch verschlechtert hat. Der Fall Levels mutet dabei besonders drastisch an. Der Rechtsverteidiger spielt seit 1999 bei Borussia, ist einer der wenigen Spieler aus der Region. Nun ist dieses „Ur-Borussen“-Argument wohl tatsächlich nur aus Fan-Sicht eines. Dass einem modernen Fußballverein solche Folklore in diesen Tagen egal ist, muss man akzeptieren. Nur galt Tobias Levels bis vor wenigen Monaten noch als Führungsfigur. Er war Kapitän, wenn Filip Daems ausfiel, er gehörte dem Mannschaftsrat an, galt als Integrationsfigur und für die fremdsprachigen Spieler dank seiner Übersetzungskünste als Integrationshelfer. Levels lebte diese Rolle auf und neben dem Platz. Und mag das eine oder andere Interview „zu viel“ gewesen sein, sollte man nicht vergessen, dass die Freude Levels’ über Erfolge des Teams ungestellt und echt war. Außer Christofer Heimeroth ist kein Spieler im aktuellen Kader denkbar, der von der Ersatzbank so offensichtlich mitgefiebert hat. All das gilt nichts mehr.

Idrissou und Levels haben nach der vergangenen Saison, als bereits gemutmaßt wurde, sie könnten zu den Wechselkandidaten gehören, deutlich gesagt, dass sie bleiben wollen. Dem Verein ist ein solches Bekenntnis, wenn es nicht ins Konzept passt, egal.

 

Aber auch hier ist Klagen unangebracht. All das gehört zum Fußballgeschäft dazu. Formal gesehen macht Borussia nichts falsch. Die Verträge sind nicht gekündigt und das Recht auf anständige Behandlung ist nicht Bestandteil von Arbeitsverträgen. Der Verein und vor allem auch die Fans sollten sich aber nicht hinstellen, und das Verhalten von potenziellen Leistungsträgern wie Dante und Bradley rügen und andererseits den Umgang mit nicht länger erwünschten Spielern mit Argumenten wie „es reicht einfach nicht“ gutheißen. Die vorliegenden Fälle sollten uns allen lediglich als Warnung dienen, mit Emotionen in Bezug auf das im Business handelnde Personal – seien es Spieler, sei es der Trainer oder der Sportdirektor – sparsam umzugehen. Es geht um Geld, es geht ums Ego, Verträge gelten wenig, Worte nichts.