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1. FC KaiserslauternDer Wert des Euros sinkt, die Temperaturen sinken, die Reallöhne werden weniger, die Aktienkurse stürzen ab, nur der Benzinpreis steigt, wie immer. Ach ja, und Borussia Mönchengladbach steigt, in der Tabelle, in den Statistiken für Saisonstarts, und die Laune der Fans steigt ganz besonders hoch. Die einen rechnen die Charts der ersten fünf Spieltage hoch und kommen auf fantastische Kurse in der Zukunft; andere merken an, die Aktie Borussia sei doch ein wenig überbewertet.


Nun lügt die Tabelle bekanntlich nicht, wie von so vielen Philosophen zweifelsfrei festgestellt. Unsere Nachforschungen haben auch nicht eine ergeben, die gelegentlich mal ein bisschen schwindeln würde. Es muss also etwas dran sein an dem dritten Tabellenplatz mit 10 Punkten, zumal die Lage ja auf Favres ganze Amtszeit ausgedehnt ja nicht schlechter aussieht. Und das mit einem seinerzeit abstiegsreifen Kader. Da steigen die Hoffnungen natürlich mit den Tabellenplätzen und Favre hat alle Mühe, die Erwartungen einzudämmen mit seinem "Ich bleibe dabei, es wird eine schwere Saison". Helfen wir dem Mann ein wenig.


Als gestern der dritte Saisonsieg unter Dach und Fach war, war den Zuschauern viel mehr nach Durchatmen als nach Feiern zu Mute. Und nach etwas zu trinken. In der spätsommerlichen Hitze des Borussiaparks war das Spiel schnell auf das Niveau der Lauterer Saison gesunken. Die Gäste spielten praktisch ohne Sturm und als sei dem Rest der Mannschaft dies klar, versuchten sie zur Schadensbegrenzung, den Ball möglichst wenig nach vorne zu spielen. Die Gladbacher bemühten sich zwar immer wieder um Angriffe, wirkten dabei aber so frisch als wären sei vorher 100 mal ums Stadion gesprintet. Keine Spur mehr von dem schwungvollen Spiel gegen Wolfsburg; besonders Reus war seine Pause vor dem Spieltag anzumerken.


Und zum Schluss, nach einer regelrechten Bobadillade, musste man gegen erschreckend schwache Pfälzer noch um den Sieg zittern. Der Mannschaft, die in Bayern gewonnen und die Wolfsburg vom Platz gefegt hat, war es also kaum möglich, einen echten Abstiegskandidaten zu Hause zu bezwingen. Vielleicht lügt die Tabelle nicht, sagt aber auch nicht direkt die ganze Wahrheit? Keine Angst, sie haut uns nicht übers Ohr. Man muss sie nur richtig lesen. Da steht nämlich: Borussia Mönchengladbach ist in der Lage, schwächere Teams zu schlagen, auch wenn die Mannschaft nicht gerade einen Glanztag erwischt. Hat sie einen Glanztag und der Gegner einen schwachen Moment, kann er sich warm anziehen. Hat sie keinen Glanztag, kann sie gegen Teams der mittleren Güteklasse trotzdem auf Punkte hoffen, dafür gibts aber keine Garantie. Das ergibt unterm Strich ebenfalls ein Team der mittleren Güteklasse, was sich nach einigen Spieltagen weiter auch in der Tabelle so einstellen wird.


Es braucht ja auch gar keine hohen Ziele für die Zukunft, um sich über das kleine Wunder der Gegenwart zu freuen. Zum Beispiel hat Kaiserslautern uns letztes Jahr zwei schmerzhafte Niederlagen verpasst und war gestern weitgehend chancenlos. Und das auf Gladbacher Seite mit einem Kader, der bis auf Hanke und ter Stegen aus der Zeit vor Favre stammt. Dieser Trainer erstaunt immer mehr. Das gefestigte Abwehrspiel der Mannschaft sorgt offenbar auch dafür, dass manche Spieler wieder mehr Sicherheit haben, um ihr fußballerisches Talent ins Spiel zu bringen; bei Arango scheint das jedenfalls der Fall zu sein. Dabei hätte man vor einigen Wochen nicht unbedingt drauf wetten mögen, dass der manchmal phlegmatisch wirkende Venezolaner fester Teil der so diszipliniert spielenden Favre-Truppe wird.


Überhaupt wirkt Arango manchmal wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Nicht der schnellste, oft ohne rechte Lust zu Defensivaufgaben, praktisch ohne Kopfballspiel. Dafür mit Köpfchen. Seine "Polyvalenz" ist darauf begrenzt, dass er eventuell auch hinter den Spitzen spielen könnte. Aber er hat einen linken Fuß, mit dem er alles wettmachen kann und endlich scheint eine Zeit gekommen zu sein, in der er das mehrere Spiele am Stück demonstriert. Ein edles Ballgefühl und vollendete Schusstechnik ergeben wahlweise die präzisesten 40-Meter Pässe der Bundesliga oder knallharte Schüsse aus 30 Metern und darüber. Und sie versetzen den Besitzer dieses linken Fußes in die Lage, besondere Sachen zu versuchen, wie in der Vorsaison beim Freistoß gegen Hamburg. "Arango ist ein Lümmel" befand der Kommentator auf Liga Total beim Spiel gegen Wolfsburg und da das rein fußballerisch gemeint war, darf man ihm da gerne Recht geben.


In Favres geordneter Fußballmaschinerie ist Arango ein Ausreisser, ein Anarchist auf dem Platz, selbst wenn er sich nach besten Kräften ins System fügt. Vielleicht spielt er die Saison auch nicht durch; gerade er hat mit die meisten Konkurrenten auf seiner Position. Aber wenn Arango spielt, sind Dinge möglich, von denen man eventuell länger spricht als vom Ergebnis. Denn wie das Ergebnis zu Stande gekommen ist, darüber schweigt sich die Tabelle aus.