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Weiter geht´s mit Teil 2 des großen Interviews, das Seitenwahl mit den Kollegen des Nürnberger Fanzines „Clubfans United“ geführt hat. Heute gibt es die Fragen, die wir gestellt haben mit den entsprechenden Antworten der Clubfans.



[Seitenwahl] Reden wir über weitere Bindeglieder zwischen unseren Vereinen. Unser ehemaliger Co-Trainer Michael Oenning ist dieser Tage eine der traurigsten Gestalten in der Bundesliga. Wie bewertet Ihr den Mann, der Euch in die 1. Liga zurückgeführt hat, dann aber in Liga 1 beim FCN ebenso gescheitert ist wie jetzt beim HSV?

 

[Clubfans United / Stefan] Michael Oenning war ohne Zweifel am Aufstieg des 1. FC Nürnberg 2009 mit beteiligt und hat Talente wie Gündogan und Diekmeier entdeckt und nach Nürnberg gebracht. Jedoch hat sich nach dem Aufstieg und dem Weggang von Co-Trainer Peter Hermann, der nun wieder an der Seite von Jupp Heynckes arbeitet, gezeigt, dass ihm das nötige Fachwissen, Konzept und Autorität für die Arbeit als Cheftrainer fehlt. Dass es beim HSV, mit vielen Parallelen zum FCN, nun wieder nicht geklappt hat, überraschte in Nürnberg wohl niemanden.

 

[Clubfans United / Alexander] Wobei man über das Fachwissen durchaus geteilter Ansicht ist. Aber wie dem auch sei, er scheint es nicht vermitteln zu können, zumindest nicht ohne einen an seiner Seite, der ihn dabei unterstützt. Vielleicht passt auch seine Art einfach nicht zu der Rolle, die man im Profi-Fußball einfach von einem Cheftrainer erwartet - seitens der Spieler, aber auch des gesamten Umfelds.

 

[Seitenwahl] Tomas Galasek hat sich um unsere beiden Vereine sehr verdient gemacht. Welche Parallelen seht Ihr zwischen ihm und Timmy Simons?

 

[Clubfans United] Grundsätzlich kann man bei den beiden was ihre Erfahrung und Führungsrolle für die jungen Spieler angeht, schon Parallelen ziehen. Rein taktisch war Galasek in Nürnberg aber noch mehr in der spielgestaltenden Rolle, während Simons die Rolle eher defensiver interpretiert und sich auf Ordnung konzentriert. Beiden gemein ist, dass sie eigentlich schon zum “alten Eisen” gehörten und in Nürnberg noch einmal einen zweiten Frühling bekamen, weil man ihnen ihre Rolle auf den Leib schneiderte.

 

[Seitenwahl] Das letzte Bindeglied, das anzusprechen wäre, liegt schon etwas weiter zurück. Welche Erinnerungen habt Ihr noch an Hans-Jörg Criens, der bei uns Kultstatus besitzt, bei Euch aber zum Ende seiner Karriere eher eine Nebenrolle spielte?

 

[Clubfans United] Criens reiht sich nahtlos in die Reihe von Spielern in Nürnberg wie Koller, Kuka oder Rink ein  - vielleicht war er sogar der Erste in dieser Reihe. In Nürnberg als großer Hoffnungsträger verpflichtet, konnte er den Abstieg nicht verhindern und enttäuschte insgesamt die Erwartungen. Am Ende schaffte es auf nur 24 Einsätze und drei Tore in seinen beiden Saisons. Wenn man heute Fans über Fehleinkäufe reden hört, fällt neben Charisteas fast sicher auch der Name Criens.

 

[Seitenwahl] Zurück in die Gegenwart. Wie überrascht seid Ihr selbst, dass Ihr trotz all Eurer Abgänge und der Torwartproblematik so gut in die Saison gestartet seid?

 

[Clubfans United] Vor der Saison fragte man sich in Nürnberg schon wie die Ausfälle zu kompensieren sind. Aber bereits eine sehr gute Vorbereitung ließ erste Zweifel weichen und die 10 Punkte nach 6 Spielen sind für uns Nürnberger nun vielleicht weniger überraschend als für die Außenstehenden. Momentan klappt zwar nicht alles, aber eben vieles. Früher hätte uns solch ein Verletzungspech noch aus der Bahn geworfen. Heute bleiben wir, dank eines breiten Kaders in dem fast jede Position nahezu doppelt und gleichwertig besetzt ist, in der Spur. Wahrscheinlich kann man aber gar nicht ausreichend würdigen, wie gut Hecking arbeitet und wie intensiv Bader/Hecking in den bescheidenen Rahmenbedingungen die Kaderplanung betrieben. Da spielte natürlich auch die gute letzte Saison in die Karten, in der man früh an die Planung gehen konnte.

 

[Seitenwahl] Wie werden bei den Fans des FCN die Ausleih-Praktiken unter Bader/Hecking bewertet, die Euch im Vorjahr beinahe in den Europapokal katapultiert hätten, die aber auch ein gewisses Risiko implizieren, wenn Spieler wie Schieber, Didavi oder Ekici nach kurzer Zeit den Verein wieder verlassen?

 

[Clubfans United] Im letzten Jahr hatte man immer noch die Belastungen des Abstiegs in den Büchern und so war es finanziell ohne Spielerleihen einfach gar nicht möglich einen konkurrenzfähigen Bundesligakader auf die Beine zu stellen. Der Problematik mit Leihspielern ist man sich aber durchaus bewusst, aber es ist/war eben ein adäquates Mittel sich zu stabilisieren - offenbar mit Erfolg. Der Trend geht aber zum Kaufspieler und in diesem Jahr setzte man auch bewusst schon weniger auf Leihspieler und verpflichtete statt dessen einen Pekhart, Feulner und Esswein fest. Als Leihspieler hätten wir dann nur noch Jens Hegeler, den aber mit Kaufoption, und Daniel Didavi von VfB Stuttgart, der uns leider noch eine ganze Weile verletzungsbedingt fehlen wird. Um Didavi hatte man sich im Übrigen auch sehr bemüht, aber Stuttgart ließ sich nicht auf einen Transfer ein. - Leider ist der Trend eben so, dass einige der ganz großen Vereine sich mittlerweile sehr früh um die Top-Talente bemühen und diese langfristig verpflichten, um sie dann bei anderen Vereinen als Leihspieler entwickeln zu lassen, aber immer den Zugriff zu haben. Man kann nur hoffen, dass man mittelfristig dieser Praxis auch mal einen Riegel vorschiebt, wenn man Talentförderung ernsthaft im Auge hat. So wirkt das bisweilen wie am Viehmarkt. Andererseits sind die Talente auch nicht dumm und gehen auch jetzt schon mehr und mehr zu “kleineren” Vereinen, wo sie Spielpraxis und Vertrauen bekommen, aber auch gehen können, wenn alle was davon haben - wie bspw. ein Gündogan.

 

[Seitenwahl] Mit Aufstieg, Klassenerhalt, Pokalsieg und Abstieg gelang dem Club eine einzig dastehende Achterbahn. Welche Gründe sehen die Clubfans heute für den Absturz 07/08?

 

[Clubfans United] Das ist eine ganz schwierige Frage. Am Ende war es wohl ein bisschen von allem. Die Euro-League kam, auch wenn man dort ganz gut unterwegs war, wohl ein wenig zu früh. Man glaubte, ähnlich wie Hertha vor zwei Jahren, dass die Mannschaft doch gar nicht absteigen kann und man viel zu gut für den Abstiegskampf ist. Die Entlassung von Hans Meyer zu Beginn der Rückrunde ist für viele auch ein auschlaggebender Punkt. Zu allem Überfluss kamen dann auch noch Fehlentscheidungen von Schiedsrichtern hinzu die uns am Ende laut wahretabelle.de sieben Punkte gekostet haben. Nur einer davon hätte zum Nichtabstieg gereicht. - Und auch wenn man es nicht mehr hören mag: Das Abschlusspech war in diesem Jahr eigentlich schon so derart krass, dass man schon fast an den Fussballgott glauben mochte (oder an ihm zweifeln).

 

[Seitenwahl] Auf Eurer Website proklamiert Ihr, dass es einzig um das Erreichen der 40 Punkte für den Klassenerhalt geht. Wie seht Ihr aber mittelfristig Eure Chancen, wieder regelmäßig weiter oben anzugreifen? Oder könntet Ihr Euch mit einem bescheidenen Leben im Bundesliga-Mittelfeld abfinden?

 

[Clubfans United] Auf lange Sicht gesehen ist das Ziel sich in der Bundesliga zu etablieren. Nach dem Aderlass, mit der Rückkehr der Leihspieler zu ihren Heimatvereinen, den Wechsel von Gündogan zu Dortmund und Wolf zu Werder, musste man erstmal kompensieren und wurde nicht nur von Herrn Basler als Abstiegskandidat gehandelt. Deswegen gibt nicht nur der Verein als Marschroute 40 Punkte vor. Hat man die vorzeitig erreicht, kann man gerne über andere Ziele nachdenken. Mittelfristig ist unser klares Ziel Etablierung in der Liga. Langfristig aber wird im Sport immer das Ziel sein gewinnen zu wollen und um Titel mitzuspielen.

 

[Seitenwahl] Die Fanfreundschaft Nürnberg / Schalke wurde vielen Fans anderer Vereine als erste ihrer Art bekannt. Wie kam es da eigentlich zu? Wolltet ihr eine Interessengemeinschaft der Vorkriegsmeister gründen, und warum ist Fürth dann nicht dabei? ;)

 

[Clubfans United / Stefan] Über die Entstehung der Fanfreundschaft, die wohl im Jahre 1980 entstanden ist, kursieren viele Geschichten. Die bekannteste ist wohl, dass einige Schalker Fans auf ihrer Rückreise von einem Auswärtsspiel bei den Bayern in Nürnberg, mangels Geld für die Weiterfahrt, hängen geblieben sind. Nürnberger Fans sammelten daraufhin Geld für die Knappen ein, damit diese ihre Heimreise antreten konnten. Ich selbst war schon in zweimal in Gelesenkirchen auf einem Auswärtsspiel und muss sagen, dass mich die Intensität der Fanfreundschaft sehr beeindruckt hat. Man wird herzlich empfangen, und vor wie nach dem Spiel kann man, egal bei welchem Ergebnis, zusammen um mit den Schalker Fans friedlich zu feiern. Noch heute klingt mir das Ebbe-Sand-Lied im Ohr, welches in einer Schalker Fankneipe gespielt und auch von mir fröhlich mitgeträllert wurde “Wer schiesst euch an den Tabellenrand, Ebbe Ebbe Sand”

Fürth? Wo ist Fürth?

 

[Seitenwahl] Zwischen den Ultras vieler Vereine wird die Luft seit Jahren rauher, und die Gefechte zwischen Nürnbergern und Bayern sind da ganz vorne mit bei. Lässt sich das in den Griff kriegen und wie?

 

[Clubfans United / Alexander] Ein heikles Thema, das hier wahrscheinlich den Rahmen sprengen würde. Aber ohne zu tief auf die Ultra-Szene einzusteigen kann man sagen, dass man hier einfach einen Spiegel der Gesellschaft hat, was Rivalisierung und Gewalt in “Szenen” angeht. Fußball war immer auch ein Ventil und mit der zunehmenden Kommerzialisierung wird der Druck auf dieses Ventil auch einfach nur noch größer. Man muss da sehr tief einsteigen und viel an der Basis arbeiten, um in seinem Verein und in der Rivalisierung untereinander etwas zu bewirken. In Frankfurt bspw. hat es den Anschein, dass man die Sache etwas zu locker gehandhabt wird - in Nürnberg hat man nach den Vorfällen im Jahr 2008 intensiv an der Fanbasis gearbeitet und so die Situation in den Griff bekommen. Dass das nicht immer und lückenlos zu schaffen ist, liegt auch an der sehr heterogenen Fanszene, bei denen manche ja noch nicht einmal wirklich als organisiert bekannt sind.

 

[Seitenwahl] Kommen wir zu unserer Borussia.  Wie wird unsere Wiedergeburt“ bei Euch gesehen? Sehen die Fans den FCN auf Augenhöhe mit Borussia oder angesichts der Platzierung im Vorjahr eher einen Schritt voraus? Wen erwartet Ihr am Ende der Saison weiter oben in der Tabelle?

 

[Clubfans United] Gladbach war letztes Jahr bei uns gar nicht am Zettel als Konkurrent gegen den Abstieg. Die Neuverpflichtungen klangen spektakulär, die Basis solide. Man erwartete die Fohlen also eher im vorderen Mittelfeld der Liga. Entsprechend ist es keine so große Überraschung, dass ein Trainer, der zur Mannschaft passt, auch Erfolg haben würde. Der Verlauf war dann natürlich spektakulär - wie das manchmal nur der Fußball so als Drehbuch schreiben kann. Nach den Eindrücken der letzten beiden Spielzeiten ist man geneigt zu sagen, dass Nürnberg eine stabilere Struktur hat. Scheinbar unabhängig von der Aufstellung und auch nach Rückschlägen wie Erfolgserlebnissen ruht die Mannschaft von Hecking in sich selbst und weiß, was sie tun muss, kennt ihre Stärken und Schwächen. Gladbach scheint dagegen eher in der Lage die Extreme zu bedienen: Man traut ihr Außergewöhnliches zu, was auch an den Einzelspielern wie Reus liegt, man wäre aber auch von einem Einbruch nicht wirklich überrascht. Vielleicht passend zur IAA der Vergleich: Bei Nürnberg scheint so ein solider Diesel zu laufen, während man in Gladbach eher einen Motor aus dem Rennsport am Start hat. Am Ende landet Nürnberg mindestens im Mittelfeld - wo Gladbach landet entscheidet sich, ob der Motor die ganze Renndistanz durchhält.

 

[Seitenwahl] Borussia ist unter Favre berüchtigt für seine überragende Defensive, der Club hingegen präsentierte sich in der Offensive zuletzt eher harmlos und wenig effektiv. Wie seht Ihr angesichts dieser Ausgangslage Eure Chancen, am Samstag zum Torerfolg zu kommen? Für wie wahrscheinlich haltet Ihr es, dass dieser dann auch zu einem Auswärtssieg reichen wird?

 

[Clubfans United] Insgesamt treffen da durchaus zwei sehr gute Defensiven aufeinander. Da sehe ich sogar beim FCN ein Plus, nicht umsonst hat der Club eine der besten Statistiken, was das Verhindern von Torchancen angeht. Umgekehrt ist unsere Quote vorne so schlecht auch nicht - wir erarbeiten uns zwar nur wenige wirklich hochkarätige Chancen, daraus resultiert aber dann doch oft ein Tor (statistisch), und wenn man eben auf eine Standard warten muss. Es ist also vielleicht eher die Frage, ob bzw. wie Gladbach zu einem Tor kommen wird. Nach vorne haben wir ganz sicher noch viel Luft nach oben - aber eben auch Spieler, die dieses Steigerungspotenzial erwarten lassen, vielleicht schon gegen Gladbach?

 

[Seitenwahl] Auch wir danken für das Gegeninterview und wünschen Euch viel Erfolg für den Rest der Saison ab Spieltag 8.