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Es wäre einigen Menschen zu wünschen, sie hätten die Ruhe und Gelassenheit eines Lucien Favre. Der hatte bereits am Mittwoch abend direkt nach dem Schlusspfiff die Marschroute ausgegeben, ab sofort nur noch an das anstehende schwere Meisterschaftsspiel gegen den FC Schalke 04 zu denken. Dem sei hiermit Folge geleistet. Ab sofort geht es um den kommenden Samstag, wenn Pokal-Halbfinalist Borussia Mönchengladbach im direkten Vergleich gegen einen Mitkonkurrenten um die Deutsche Meisterschaft antritt. Selten klang eine Spielankündigung so wohlig.


Die Chancen auf einen neuerlichen Heimsieg und damit den Sprung auf mindestens Platz 3 sind nicht einmal schlecht. Die letzten 4 Pflichtspiele im Borussia-Park gegen die Knappen wurden allesamt gewonnen. Nun haben die Borussen selbst oft genug die geringe Aussagekraft solcher Statistiken nachgewiesen. Dennoch zeigten der überlegene 3:1-Pokalsieg im vergangenen Dezember wie auch der Sieg über Bayern München in gleicher Höhe, dass die Elf von Lucien Favre keinen Gegner zu scheuen hat. Im heimischen Borussia-Park ist sie seit fast einem Jahr ungeschlagen und hat einige hochkarätige Mannschaften dominiert.

 

Dennoch wird abzuwarten sein, wie die Mannschaft mit der kurzen Regenerationspause nach dem kräftezehrenden Auftritt im Pokal umgehen wird. Schalke 04 zeichnet sich – noch stärker als Borussia – dadurch aus, sich in der zweiten Spielhälfte enorm zu steigern. Dies bekam Borussia im Pokal zu spüren, als die Mannschaft von Huub Stevens im Grunde tot war und in einer starken Viertelstunde dennoch aus dem Nichts noch beinahe zum Ausgleich gekommen wäre. Zu Beginn der Rückrunde bog man in Köln einen frühen 0:1-Rückstand in ein imposantes 4:1 und auch das 1:1 gegen Mainz kam nach dem Seitenwechsel durch eine große Leistungssteigerung zustande.

 

Auch wenn dieses letzte Ergebnis zweifelsohne den Meisterschaftsambitionen der Ruhrpottelf einen kleinen Dämpfer versetzt hat, so kann es nicht über die brillante Form der letzten Monate hinwegtäuschen. 7 der letzten 9 Pflichtspiele wurden gewonnen. Seit Huub Stevens die Elf im September übernahm lautet die Quote 14 aus 20. Dabei gab es bei seiner Inthronisierung noch so einige kritische Stimmen. Ralf Rangnick hatte sich mit seinem beherzten Offensivfußball in die Herzen der Fans gestürmt. Wie sollte das gut gehen, wenn diese Mannschaft von einem vermeintlichen Defensivfanatiker („Die Null muss stehen“) übernommen würde?

 

Diese Frage wurde schnell beantwortet. Stevens zeigte sich von Beginn an deutlich lockerer als bei seinem vorigen Engagement bei den Eurofightern. Anders als befürchtet ließ er seine offensivstarke Elf weiter stürmen und konnte sich dabei auf das überragende Dreigestirn Raul, Farfan, Huntelaar verlassen.

 

Diese drei dürften auch am kommenden Samstag endlich wieder vereint in der Startformation auflaufen. Zuletzt war dies nicht möglich, weil Raul eine kürzere und Farfan eine längere Zwangspause verletzungsbedingt einhalten mussten. Diese haben beide aber rechtzeitig vor dem Spitzenspiel überwunden, so dass die beste Defensive der Liga vor eine echte Herausforderung gestellt werden wird.

 

Allerdings kann man nicht gerade sagen, dass Schalkes Offensive in den vergangenen Wochen ohne zwei seiner Stars allzu viel an Qualität eingebüßt hätte. Der große Vorteil, den die Schalker gegenüber Borussia zweifelsohne haben, ist die ausgeglichen starke Ersatzbank, auf der mit Pukki, Draxler oder Marica Spieler sitzen, die jederzeit in der Lage sind, ein Spiel im Alleingang zu entscheiden.

 

Immerhin einen Punkt rettete in der Vorwoche Chinedu Obasi, der etwas überraschend in der Winterpause aus Hoffenheim ausgeliehen wurde, obwohl er zuvor 20 Monate lang lediglich eine Torbeteiligung vorzuweisen hatte. Eine mutige Wahl, mit der man bislang aber gut gelegen hat.

 

Die anfänglichen Probleme in den beiden letzten Spielen konnten jeweils durch eine Systemumstellung behoben werden. Kurioserweise war es einmal die Umstellung vom 4-3-2-1 auf ein 4-4-2 sowie im nächsten Spiel dann genau andersherum die Umstellung von 4-4-2 auf 4-3-2-1, die den Knoten platzen ließen. Es kann also davon ausgegangen werden, dass es weniger am System liegt als an der Einstellung der Spieler, die offensichtlich Probleme haben, ihre Topleistung konstant über 90 Minuten abzurufen.

 

Anfällig erscheint Schalke auf der Position, wo mit Jones, Holtby und Kluge einige Akteure ausfallen und mit Roman Neustädter für die neue Saison nachgebessert wurde. Die Doppel-6 wird mit Höger und Moritz arg durchschnittlich notbesetzt.

 

Zumindest nominell gut klingt die Besetzung der Viererkette, die auch bei Standards in der Offensive gefährlich sein kann. Christian Fuchs ist dabei eher ausführendes Organ, während Höwedes, Matip und Papadopoulos allesamt starke Kopfballspieler sind. In der Defensivarbeit sind sie solide, jedoch ebenso wie ihr Torwart Lars Unnerstall nicht gänzlich vor Fehlern gefeit.

 

Dass war im Dezember selbst der sonst so souveräne Marc-André ter Stegen nicht, der den Ball vor dem Gegentor unglücklich vor die Füße von Draxler abprallen ließ. Dennoch wird der Keeper nicht zu Unrecht von diversen Medien zum EM-Kandidaten hochgejubelt. Die Souveränität, mit der ter Stegen die Mannschaft von hinten heraus leitet, ist für einen 19jährigen atemberaubend. Auch wenn es zuletzt nicht immer von Vorteil war, wenn einem Borussen der Ruf zur Nationalelf ereilte, wäre die Berufung durch Jogi Löw eine absolut nachvollziehbare Entscheidung. Auch Tony Jantschke hat es zumindest verdient, ins Blickfeld des Nationaltrainers gerückt zu werden. Defensiv bringt er seit Monaten absolute Topleistungen, wie nur ganz wenige auf seiner Position. In der Offensive sind er und Gegenüber Daems aber sicher noch ausbaufähig. Gegen Schalke werden die beiden alle Hände voll zu tun haben, die gefährlichen Angriffe der schnellen Farfan und Obasi abzuwehren.

 

Personell wird Lucien Favre nicht viel ändern. Lediglich Martin Stranzl könnte nach seiner Grippe zurück in den Kader oder gar in die Startelf stoßen, wo er dann Roel Brouwers verdrängen würde. Auf Marco Reus, der zuletzt als zweifacher Torschütze gegen Schalke geglänzt hat, wird es in der Offensive wieder einmal stark ankommen. In den vergangenen beiden Auswärtsspielen konnte er nicht mehr an seine überragende Form der letzten Monate anknüpfen. Es wäre enorm wichtig, wenn er Samstag abend auf heimischem Rasen wieder zurück in die Spur fände.

 

Ein Sieg über den FC Schalke 04 wäre ein Meilenstein im Kampf um die Plätze 3 und 4, in dem die Knappen aller Voraussicht nach der größte direkte Konkurrent sind. Während diese bei einer möglichen Qualifikation zur Champions-League gesetzt wären und damit einen relativ leichten Gegner zugelost bekämen, müsste Borussia als 4. in der Abschlusstabelle ohne Marco Reus gegen einen vermutlich sehr harten Brocken um den Einzug in die millionenschwere Gruppenphase kämpfen. Aber für solche Gedanken ist in der Gedankenwelt eines Lucien Favre kein Platz, so dass zu Ehren unseres Erfolgstrainers von Spiel zu Spiel gedacht sei. Und da gilt es kommenden Samstag ganz einfach „nur“, mit dem FC Schalke einen schweren, offensivstarken Gegner zu besiegen.

 

Borussia: ter Stegen – Jantschke, Stranzl, Dante, Daems – Herrmann, Nordtveit, Neustädter, Arango – Reus, Hanke

 

Schalke: Unnerstall – Höwedes, Matip, Papadopoulos, Fuchs – Farfan, Höger, Moritz, Raul, Obasi – Huntelaar

 

SEITENWAHL-Tipps

 

Michael Heinen: „Um mit Lucien Favre zu sprechen: "Es wird schwer. Schalke ist verdient 3. Das meint was." Trotzdem hat Borussia gerade daheim immer wieder gegen große Gegner überzeugende Leistungen gezeigt. Wenn es Marco Reus gelingt, die Form der letzten beiden Spiele wieder etwas zu steigern, reicht es am Ende zu einem 1:0-Sieg.“

 

Christoph Clausen: „Dortmund setzt sich weiter ab, weil zwei Verfolger sich die Punkte teilen. Borussia und Schalke trennen sich 1:1.“

 

Christian Spoo: „Zwei mäßige bis miese Kicks in Folge hat es lange nicht gegeben. Wenig spricht dafür, dass Borussia am Samstag komplett anders auftritt als in Wolfsburg und Berlin. Gegen Schalke ist das leider zu wenig - demzufolge setzt es die erste Heimniederlage. Die ohne Schale in der Hand und demnächst mit Roman Neustädter auf der Bank gewinnen mit 2:1.“

 

Christian Heimanns: „Starker Sturm gegen sichere Abwehr, Schalke und Gladbach auch im Formverlauf im gleichen Takt. Das sieht nach einem unweigerlichen Unentschieden aus, optional ist nur noch die Höhe. Sagen wir, 2:2.“