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Der Borussen-Express fährt weiter genau nach Fahrplan und sammelt geplante drei Punkte in Kaiserslautern ein. Da interessiert es einen Lucien Favre auch nicht, dass es 17 Jahre lang keinen Gladbacher Sieg dort gab, solche Statistiken verlieren vor seinem Wirken jegliche Aussagekraft. Dafür kommen andere hinzu, wie die von vier Siegen und einem Unentschieden aus 5 Spielen in der Rückrunde. Man hat langsam den Eindruck, dass der Schweizer, wenn er nach den Siegen regelmäßig von sehr, sehr schweren Spielen bei sehr, sehr schweren Gegnern spricht, nicht nur seine gewohnte Höflichkeit zum Ausdruck bringt sondern sich gelegentlich, wenn wirklich keiner hinguckt, heimlich mal ins Fäustchen lacht.


Wenn nach dem Spiel von einer durchschnittlichen Leistung der Gladbacher gesprochen wird, handelt es sich genau genommen um die Quersumme einer teils wunderschönen ersten Halbzeit und einer zweiten, die von wieder erwachten Kaiserslauterern geprägt war.  Dabei stellte sich anfangs die Frage, wie das tadellos eingespielte, blitzschnelle Angriffsspiel der Gladbacher darunter zu leiden hätte, dass Mike Hanke vergrippt nicht mitspielen konnte.  Die Antwort lautete, dass der Ausfall dank einer prima Leistung von de Camargo  an diesem Tag zu verschmerzen war. Die Antwort wurde auch ziemlich schnell gegeben, nämlich in der 9. Minute, als eben Igor de Camargo einen Pass steil an zwei Kaiserslauterern vorbeilegte, den der flinke Herrmann sich noch angeln und an Trapp vorbei ins Tor setzen konnte.

Auch am 2. Tor war de Camargo beteiligt, als Reus ihn in eine Passstafette einbezog, die am Ende Arango in Schussposition brachte. Was Arango daraus machte, kann in der Bundesliga vielleicht maximal noch Raúl, aber der  hat das noch nicht bewiesen. Juan Arango ist dermaßen verliebt in die Möglichkeiten, die ihm sein außerordentliches Ballgefühl im linken Fuß gibt, dass er nur selten ein Mal den Ball mit einem satten Vollspannschuss bestraft. Viel lieber dreht er kunstvolle bis bizarre Kurven mit dem Ball und lässt die Kugel auf Wegen zum Mitspieler oder ins Tor finden, die die Gesetze der Ballistik außer Kraft setzen. Entweder schlägt er dann diamanthart mit dem Außenrist zu, wie bei seinem Tor gegen Bremen, als er fast seitlich am Ball vorbeizog und Wucht und Effet des Schusses Roberto Carlos hätten vor Neid erblassen lassen. Oder er macht es wie gegen Kaiserslautern, wenn der Winkel des Passes stimmt und das Tempo nicht zu langsam und nicht zu hoch ist, tippt den Ball genussvoll mit den Zehen an und lässt ihn schön gemächlich ins Tor fliegen. Aber entlang einer Kurve, die für den Torwart bei noch so verwegenem Sprung einfach unerreichbar ist.

Das 2:0 zählte die Lauterer sichtlich an und den Rest der erste Halbzeit konnten sich die Gäste in gelegentlichen Proben ihrer Spielfreude versuchen.  Noch war kein direkter Bruch im Spiel zu spüren, als Patrick Herrmann in der 38. Minute verletzt vom Platz getragen werden musste, aber in der zweiten Halbzeit, als die Lauterer noch ein Mal ihren Kampfgeist in die Waage legten, konnte Leckie den Ausfall kaum auffangen. Noch Mitte der Hinrunde hätte man es nicht für möglich gehalten, dass eine Verletzung von Herrmann etwas fürchtenswertes sein könnte, aber mindestens seit seiner Gala gegen Bayern ist der junge Flügelmann in bestechender Form und beschäftigt die gegnerischen Abwehrreihen oft stärker als Marco Reus. Laut Nachricht der Vereinshomepage wird er jetzt für ca. acht Wochen ausfallen.

Die Meldungen um seinen Ausfall sind oft verknüft mit Wendungen wie "gerade als Bundestrainer Löw über eine Nominierung von Herrmann nachdachte". Nachdem erst Reus bei jeder Nominierung plötzlich unpässlich war und dann Hanke die Diskussionen um eine Rückkehr ins Nationalteam mit einer Grippe beantwortete, fällt es langsam schwer, nicht an eine tückische Konspiration des Bundestrainers zu glauben. Hoffen wir aus Mönchengladbacher Sicht, dass er Tim Wiese noch einige Jahre lang für besser als ter Stegen hält. Durch den langen Ausfall bekommt der Sieg jetzt etwas pyrrhushaftes.

Und so bleibt die Freude über den Sieg am Ende doch getrübt. Einmal durch Herrmanns Ausfall, der ausser in den nächsten Ligaspielen dann auch nicht im Pokalhalbfinale gegen Bayern dabei sein dürfte. Und dann auch, weil die ständigen Diskussionen um weitere Abgänge aus der Mannschaft das Umfeld verunsichern. Am Samstag war es die Meldung einer Münchner Boulevardzeitung, Dante sei sich mit den Bayern einig, die so schnell weitergereicht wurde, wie Gerüchte nun mal durchs Internet fliegen. Die fehlende Klarheit in diesem Bereich und besonders bei Favres Vertragssituation wirkt beträchtlich störend in diesem sensationellen Lauf des Teams. Zwar zieht die Mannschaft davon unbeeindruckt ihre Kreise und hat aus fünf Rückrundenspielen 13 Punkte geholt, was allein einen Feiertag wert wäre. Und trotzdem sieht man jeden neuen Sieg mit dem Wissen, dass es ein Spiel weniger ist bis zum Saisonende, nachdem die Mannschaft nicht mehr so zusammen spielen wird. So haftet allen Erfolgen dieser Wochen etwas flüchtiges an als ob man wüsste, dass beim Aufblühen schon das Verwelken feststeht.