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"Was mir an ihrer Mannschaft nicht gefällt? Dass es nicht unsere ist." So begann einmal, eine seinerzeit bekannte Werbung paraphrasierend, ein Vorbericht auf SEITENWAHL vor einem Spiel gegen Werder Bremen. Das unverhüllte Lob galt, manche erinnern sich, dem kompromisslos offensiven und erfolgreichen Spiel der Bremer, das an guten Tagen für wunderschöne Spiele und zahlreiche Tore sorgen konnte. Der Gegner der Borussen am kommenden Samstag hat mit diesen Bremern noch den Namen gemeinsam, sonst nicht mehr viel. Nicht mal den Trainer.

Die Borussen wiederum suchten, wie so ziemlich die ganze Bundesliga, von den Bremern zu lernen, wie man sich so lange so stilvoll da oben hält, dazu mit eher geringen Mitteln. In der Gegenwart wären es eher die Bremer, die mit den Gladbachern auf so ziemlich allen Ebenen tauschen würden, trotz der unterschiedlichen Punktebilanz nach drei Spieltagen. Denn dass die Borussen nach drei Spielen "nur" drei Punkte haben, war bei den beiden Auswärtsspielen in München und Leverkusen auch nicht völlig unwahrscheinlich. Die Frage ist nun, ob die guten Ansätze aus allen Spielen fortgesetzt und stabilisiert werden können.

Lob aus allen Richtungen stecken die Gladbacher nach drei Spieltagen ein, Anerkennung für ansehnliches, technisch anspruchsvolles und bewegungsreiches Offensivspiel. Lob, für das sie sich zwar nichts kaufen können. Aber nach den eher schwerfälligen Spielzügen der letzten Saison war es das erklärte Ziel, bei Ballbesitz den Gegner stärker beunruhigen zu können und zu mehr herausgespielten Torchancen zu kommen. Und soweit darf man sagen, dass die zur Hälfte neu formierte Offensive diesen Anspruch glatt erfüllt. Raffael und Kruse sorgen mit technischen Finessen und viel Laufarbeit für Unruhe in der gegnerischen Abwehr und geben Arango die ersehnten Passmöglichkeiten, die er oft sehenswert nutzt. Torchancen springen dabei heraus, Tore auch, Siege bisher nur einer, aber die Gegner in den anderen Spielen waren ja auch die Nummern 1 und 3 in Deutschland. Da kann man schon mal verlieren.

Oder? Auch wenn man mal die, vorsichtig ausgedrückt, sehr ärgerliche Geschichte um drei Handelfmeter in zwei Spielen weglässt, ist da das Gefühl, dass es zu leicht zu Toren für den Gegner kommt. Was Hannover überhaupt nicht vermochte, geriet Leverkusen zu leicht. Wenn die Ambitionen nach oben nicht gefährdet werden sollen, muss das Spiel bei gegnerischem Angriff aufmerksamer und kompakter gestaltet werden.  Wie das gehen kann, dafür ist vielleicht Xhakas Auswechselung in Leverkusen ein Fingerzeig. Der Schweizer hatte einen eher glücklosen Tag, an dem er defensiv einmal mehr nicht solide wirkte. Ob das wieder zu einer Chance für Nordtveit reicht, muss sich zeigen. Damit die Kritik im Rahmen bleibt, sollte aber auf jeden Fall erwähnt werden, dass Mönchengladbach beim stark spielenden Tabellendritten des Vorjahres mit einer Mittelfeldzentrale antrat, deren Darsteller 20 und 22 Jahre alt sind. Das hättte noch vor wenigen Jahren als zumindest sehr mutig gegolten.

Der Spielplan, der es zu Beginn der Saison wirklich in sich hat, sorgt dafür, dass das nächste Heimspiel direkt wieder mit einem gewissen Druck zu siegen angegangen werden muss. Die eigenen Möglichkeiten dafür scheinen deutlich besser zu sein als im letzten Jahr, die Offensive schlagkräftiger, die Unterstützung aus dem Mittelfeld besonders durch Kramer einiges konkreter. Jeder Gegner unterhalb der besten drei Vereine in der Liga sollte aus Gladbacher Sicht mit einigem Selbstbewusstsein für Punkte eingeplant werden; die Bremer waren sogar in ihren besten Zeiten oft so freundlich, in Mönchengladbach zu verlieren. Dazu sollte man sie in ihrer aktuellen Fassung noch deutlicher auffordern als früher.

Denn wo der SV Werder Bremen früher als Vorbild und grün leuchtendes Beispiel galt; als Muster an Kontinuität und dem daraus resultierenden Erfolg, da gibt es heute wohl nur zu studieren, welche Fehler im Erfolg zu vermeiden sind. Objektiv scheint die Antwort darauf klar: Bei Özils letztem Spiel für Bremen belegten die Hanseaten Platz 3 in der Endtabelle. Seitdem wurden die Plätze 13, 9 und 14 eingefahren und an den Abstiegsplätzen geschnuppert. Wo sich früher große Spielmacher und Stürmer in den Legendenrängen des Vereins ablösten, müssen heute die Skandälchen der Arnautovic und Elia vertuscht werden. Mithin, falsch eingekauft. Besser nicht nachmachen, wenn man oben bleiben will.

Nur, warum eine Dekade lang außerordentlich gut eingekauft wird und dann das völlige Gegenteil, das müsste irgendwann einmal Klaus Allofs erläutern. Was man wohl aus dem Bremer Absturz mitnehmen kann ist: Mut zum Risiko im Gehaltsgefüge kann schnell nach hinten ausschlagen. Aus Gladbacher Sicht daher schön zu hören, wenn die Vereinsführung darauf verweist, dass man lieber hohe Ablösen als hohe Gehälter zahlt. Die Probleme, die bei Werder durch die verpassten Spiele in Europa entstanden sind, blockieren jetzt finanziell aufwändigere Lösungen, also Einkäufe und Vertragsauflösungen. Und Vorsicht bei dem Versuch, einen Fußballverein mit einer Reha für verhaltensauffällige Spieler zu verwechseln.

Der Erbe dieser ungünstigen Lage ist Robin Dutt, der einen beschaulichen DFB-Posten für den Versuch in Bremen aufgab. Ein erster messbarer Erfolg gelang ihm insoweit, als dass Bremer Tor- und Gegentorfestivals ein Ding der Vergangenheit sind. 2:1 Tore aus drei Spielen und damit sechs Punkte, das hätte schlechter anfangen können. In der Tat, sogar viel schlechter. Wenn zum Beispiel der Braunschweiger Reichelt nicht die Latte eingedellt hätte oder überhaupt eine der vielen Chancen dort ein Tor für Braunschweig geworden wäre. Oder wenn die Augsburger ihre Chancen halbwegs vernünftig in Zählbares umgetauscht hätten, und das in Bremen. Und wenn von den Dortmunder Torschüssen jeder zehnte eingeschlagen hätte, wäre es ein Debakel geworden, statt einem manierlichen 1:0.

Die Berichterstattung gibt drei unterlegene Spiele her und so an die fünfzig zugelassenen Torschüsse und Chancen. Die Tabelle weist aber 6 Punkte aus und ein Gegentor und nur die zählt. Sicher haben die Bremer weiterhin mit handfesten Schwierigkeiten zu kämpfen, die Abwehr wird nur durch kollektives Verteidigen am Leben erhalten und eigenes Angriffsspiel ist ein seltenes Ereignis geworden. Aber der kompakte Rückzug funktioniert jetzt immerhin, und die neu erworbene Konterstärke stellte Junuzovic in Braunschweig unter Beweis. Mielitz im Tor hält weit besser, als die Anhänger zuvor befürchtet hatten, und im Mittelfeld hat sich Mehmet Ekici einen Anlauf von zwei Jahren genehmigt, bevor er nun endlich sein Können nachweist.

 Karrieren und Spielerbiographien sind nicht planbar, das ist am deutlichsten zu sehen, wenn man sich vergegenwärtigt, dass Ekici und Gündogan vor zwei Jahren in Nürnberg noch ungefähr auf Augenhöhe praktizierten. Ekici hatte in Bremen viel Gelegenheit, während seiner Verletzungspausen Gündogans Weg in die Nationalmannschaft, zur Meisterschaft und ins Champions League Finale zu verfolgen. Er selber scheint nun endlich auf Dauer einen Stammplatz in der Bundesliga zu bekommen. Mit Hunt und Junuzovic könnte er am ehesten die Gladbacher Einladung auf die Punkteablieferung zurückweisen.

Aufstellungen:

Borussia: ter Stegen; Jantschke, Stranzl, Dominguez, Daems; Herrmann, Kramer, Nordtveit, Arango; Raffael, Kruse

Bremen: Mielitz; Fritz, Prödl, Caldirola, Gebre Selassie; Junuzovic, Makadi, Ekici, Hunt; Arnautovic, Elia

SEITENWAHL-Meinung

Michael Heinen: Es wird nicht so berauschend wie gegen Hannover und mühseliger als es sich viele vorstellen. Bremen liegt der Borussia aber, so dass es einen 1:0-Heimsieg gibt.

Christoph Clausen: Stürmische Hanseaten - das war einmal. Unter Robin Dutt entwickeln sich die Bremer zum Spezialisten für Bollwerke. Daran zerschellen auch die Gladbacher Siegeshoffnungen. Die Partie endet torlos.

Christian Grünewald: Bremen mag defensiv konstanter geworden sein - wenn Borussia aber das Kombinationsspiel der letzten Wochen beibehält, wird die Werder-Abwehr auch geknackt werden. Borussia gewinnt verdient mit 2:0.

Christian Spoo: Die Bremer Wackelabwehr ist zwar Geschichte, einen Bremer Wundersturm gibt es gleichwohl nicht. Und für einen Gladbacher Treffer reicht es dann doch. Also 1:0 für Borussia.

Thomas Häcki: Gladbach gegen Bremen: Das stand in der Vergangenheit für attraktive und torreiche Begegnungen. Unter der Voraussetzung, dass diesmal keine seltsamen Schiedsrichterentscheidungen den Spielfluß stören, darf sich der Besucher auch am Samstag auf ein unterhaltsames Match freuen. Die Borussia siegt mit 3:1.

Christian Heimanns: Wenn sich Bremen am Samstag eingräbt, wird so mancher Betrachter die Entwicklung erst richtig zur Kenntnis nehmen. Immer vorausgesetzt, dass nicht irgendwelche neuen Interpretationen von Handspiel zur Aufführung kommen, werden die Borussen dennoch 2:0 gewinnen.