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Borussia hat in Heidenheim einen weiteren Punkt gegen den Abstieg geholt. Der Klassenerhalt ist rechnerisch zwar noch nicht sicher, um jetzt noch abzustürzen, müsste allerdings einer der Vereine, die ganz unten stehen, eine regelrechte Siegesserie einfahren. Das scheint nach Lage der Dinge unwahrscheinlich zu sein. Selbst wenn Wolfsburg unter Ralph Hasenhüttl aus der Krise kommen sollte, dass Mainz und/oder Bochum noch an Borussia vorbeiziehen, erscheint eher unwahrscheinlich, von Köln ganz zu schweigen. Darauf, dass Borussia die noch nötigen Punkte ganz alleine holt, sollte man sich freilich nicht verlassen. Auch der eine in Heidenheim war letzten Endes ein etwas glücklicher. Zwar spielten die Gladbacher eine angesichts der Ausgangslage recht ordentliche erste Hälfte, versäumten es aber, eine beruhigende Führung herzustellen – wobei es beruhigende Führungen in dieser Saison ohnehin nicht zu geben scheint. Auch diesmal ließ sich die Mannschaft in der zweiten Halbzeit völlig den Schneid abkaufen, fraß den Ausgleich und hätte gut und gerne noch einen Wirkungstreffer kassieren können. Am Ende war Heidenheim näher am Dreier als Borussia.

Positiv hervorzuheben ist die engagierte Leistung von Florian Neuhaus und Robin Hack in der ersten Hälfte. Neuhaus scheint seine Rolle angenommen zu haben, Hack ist neben Rocco Reitz die einzige Personalie, der man nach der Saison eine belebende Wirkung nachsagen wird.

Dass Borussia nach dem unsäglichen Pokal-Aus wirklich eine Reaktion gezeigt hat, kann man unter dem Strich nicht sagen. Ja, man begann ganz ordentlich. Aber die Automatismen, die sich in dieser Spielzeit eingestellt haben, waren auch in Heidenheim zu beobachten. Das Team kann nicht länger als 45 Minuten Druck machen, wird bei Gegenwehr schnell zappelig und versteht es nicht, eine Führung souverän zu behaupten.

Die Leidensfähigkeit der Anhängerschaft ist offenbar zuletzt überstrapaziert worden. Die fehlende Unterstützung am Samstag war sicher auch eine direkte Reaktion auf den Auftritt in Saarbrücken, aber unter dem Strich gab es selten eine kühlere Reaktion auf ein Bundesligaspiel, als am vergangenen Wochenende. Die Luft ist raus.

SEITENWAHL hat zuletzt in mehreren Texten (hier und hier) versucht, den Phänomenen auf den Grund zu gehen, die den linearen Abstieg von Borussia ausmachen, nachdem Marco Rose den Stecker gezogen hat. Öffnen wir dieses Fass also nicht erneut, schauen aber kurz, was die von uns deutlich kritisierten Roland Virkus (wegen der Sichtbarkeit seiner Taten) und Nils Schmadtke (wegen der Nicht-Sichtbarkeit seiner Taten) zu sagen haben. Kurzfassung: Nichts. Aber das mit vielen Worten. Auf Borussias Homepage gibt es ein Doppelinterview, offenbar hatte die PR-Abteilung das Gefühl, dass man was machen muss. Was allerdings wenig nutzt, wenn die Interviewten nichts zu sagen haben. Das Pokalaus war bitter, es tut uns leid für die Fans, wir verstehen die Enttäuschung, die Mannschaft gibt dennoch ihr Bestes, vielleicht geht noch was in Sachen Einstelligkeit, wir müssen lernen, eine Führung zu verteidigen, sind nicht konstant. So weit so unbestreitbar. Und dass das alles sowieso eigentlich ganz normal ist, weil Umbruch. Allein die These, die Mannschaft finde sich, ist eine Aussage, die nicht jeder halbinformierte Beobachter genauso hätte formulieren können. Ganz einfach, weil es dafür keine sichtbaren Belege gibt. Das schönste an diesem PR-Move sind die freigestellten Bilder der Protagonisten, die den Eindruck vermitteln, ein etwas aufgebrachter Virkus bellt seinen leicht betreten dreinschauenden Adlatus Schmadtke von unten scharf an. Man fragt sich nur, wofür. Schmadtkes relative Unsichtbarkeit bis hierhin dürfte kein selbstgewähltes Schicksal sein.

So bleibt uns das Vertrauen auf die Unfähigkeit von Pferden, sich zu erbrechen und die Hoffnung, auf den einen oder anderen Punkt, den man sich noch irgendwie erarbeitet, erduselt, egal. Hauptsache drinbleiben. Darauf, dass in der kommenden Saison dann irgendetwas besser wird, würden wir zurzeit allerdings keine großen Summen setzen.