seitenwahl 202201281423 CV1 3367 QUELLE BORUSSIAMan soll aufhören, wenn es am schönsten ist. Tatsächlich fällt es den meisten Menschen schwer, diese goldene Faustregel umzusetzen. Bleibt man allerdings zu lange, droht irgendwann die Gefahr eines unrühmlichen Abgangs, der im schlimmsten Fall sogar mehrere Jahrzehnte erfolgreichen Wirkens in den Schatten stellen kann. So widerfuhr es Max Eberl, der vermutlich noch heute von den Fans als Vereinslegende gefeiert würde, wäre er schon einige Jahre früher zum FC Bayern gewechselt. Im selben Jahr, in dem jener Ex-Bulle als Spieler an den Niederrhein wechselte, stieg ein gewisser Rolf Königs ins Borussen-Präsidium ein, der den Fans trotz eines allzu abrupten Abgangs weit positiver in Erinnerung bleiben wird.

Im schicksalsträchtigen Jahr 1999 stand der Verein in etwa dort, wo sich der FC Schalke 04 aktuell befindet. Finanziell kurz vor der Insolvenz und in der Tabelle zwischenzeitlich auf einem Abstiegsplatz der 2. Bundesliga. Erst die Ablösung von Königs späterem Präsidiumskollegen Rainer Bonhof durch ihren späteren Präsidiumskollegen Hans Meyer im Spätsommer 1999 brachte die sportliche Wende. Finanziell war die Installation von Stephan Schippers als Geschäftsstellenleiter ein Meilenstein, den Königs als Vizepräsident hinter Wilfried Jacobs mit zu verantworten hatte. Jacobs wurde wenig später durch Dr. Adalbert Jordan ersetzt, dem nach seinem Tod im Jahr 2004 Rolf Königs nachfolgte. Unter dem damals 62jährigen Unternehmer wurde auf der höchsten Position im Verein endlich wieder die Kontinuität geschaffen, für die zuvor über 30 Jahre lang Dr. Helmut Beyer stand.

Wie erfolgreich Königs in seiner Anfangszeit im Präsidium (mit)arbeitete, ließ sich erst im Rückblick so richtig würdigen. Dass der Verein eine wirtschaftlich höchst prekäre Situation überstand und gleichzeitig ein neues Stadion mit überragendem Preis-Leistungsverhältnis auf die Beine stellte, ging ob der sportlichen Achterbahnfahrt in der Außenwirkung ein wenig unter. Mit rund 87 Millionen Euro war der Borussia-Park um mehr als die Hälfte günstiger als die 192 Mio. teure Turnhalle in Gelsenkirchen-Erle.

PraesidiumDas neue Stadion sowie die damit verbundene finanzielle Gesundung des Vereins bildeten die Grundvoraussetzung für den sportlichen Höhenflug der 2010er-Jahre. Ähnlich wie Dr. Beyer für die starken 70er und 80er Jahre steht, wird Königs auf alle Zeit als Präsident dieser erfolgreichen Epoche in die Vereinsgeschichte eingehen.

Trotz aller Erfolge war Königs nie der absolute Publikumsliebling. Gerade in seinen ersten Jahren bei Borussia fremdelten die Fans mit dem nicht nur wegen seiner Frisur aalglatt wirkenden Vollblut-Kapitalisten, was ihm den Spitznamen „Öl“ einbrachte. Seine oftmals pragmatischen Aussagen zur „Marke Borussia“ spiegelten nicht immer die Gefühlslage der traditionsbewussten Fans. Doch Königs war bereit zu lernen, zog sich bald weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück und agierte ab sofort stärker im Hintergrund. Seine kommunikativen Schwächen wurden erst viele Jahre später bei der legendären Abschiedskonferenz von Max Eberl wieder offenbar. Die unglücklich wirkenden Aussagen des Präsidenten wurden aber für viele Fans durch den späteren Wechsel von Eberl nach Leipzig in ein neues Licht gerückt.

Dass der Rücktritt vom Präsidentenamt mit inzwischen 83 Jahren vielleicht um ein paar Jahre zu spät kam und dass auch Königs zuletzt im Verein eine leistungshemmende Wohlfühlatmosphäre zugelassen hat, darf konstruktiv-kritisch bemängelt werden. Es ändert aber nichts an der Gesamtbewertung eines Menschen, der Borussia Mönchengladbach über 25 Jahre lang maßgeblich geprägt und ihr einige der besten Jahre ermöglicht hat. Von daher kann dieser Beitrag nur positiv enden mit einem Dank an Rolf Königs, der sich seinen Platz in der Hall of Fame des Vereins redlich verdient hat.