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TSG HoffenheimNatürlich die ersten beiden Gladbacher Tore, Kleinodien der Geschwindigkeit und Präzision. Aber wer nach Schlüsselszenen für den Gladbacher Höhenflug fahndet, würde auch in der 16. Minute fündig. Dabei begann die Szene mit einem Malheur. Martin Stranzl, der Immergrüne, zeigte sich einen Moment lang welk und spielte in Bedrängnis einen gruseligen Fehlpass. Die Mitspieler waren aufgerückt, die Situation somit eine bedrohliche. Aber die Art und Weise, in der die Borussen dann die Gefahr bannten: In ihr zeigte sich, warum diese Mannschaft in zehn Bundesligaspielen nur fünf Gegentore kassiert hat, davon zwei durch fragwürdige Elfmeter.

Während die Kollegen blitzschnell in die defensive Ordnung eilten, drängte Havard Nordtveit geschickt Hoffenheims Steve Zuber ab und kam dabei ohne taktisches Foul aus, ohne also Firmino eine aussichtsreiche Freistoßgelegenheit zu bescheren. Am Ende dieser Szene, die so bedrohlich begonnen hatte, sprang für die Gäste nur ein harmloses Schussversüchchen durch Eugen Polanski heraus.

Auch dass ausgerechnet Nordtveit den Patzer seines Kapitäns ausbügelte, ist von Bedeutung. Schließlich war der Norweger vor zwei Wochen durch die Verletzung Granit Xhakas in die Startelf gespült worden. Xhaka zu ersetzen, war alles andere als eine Kleinigkeit: Mit gutem Grund adelte Lucien Favre seinen Landsmann vor kurzem als „Herzstück“ des Gladbacher Aufbauspiels. Nordtveit aber sprang mehr als ordentlich in die Bresche, das Spiel gegen Hoffenheim war sein stärkstes in dieser Saison. Generell ist die Qualität des Gladbacher Kaders inzwischen auch in der Breite eine solche, die taktischen Mechanismen sind allen Spielern so zur zweiten Natur geworden, dass die Borussia mit einer Souveränität personell variieren kann, die wahrlich Champions League-tauglich ist.

Das gilt für das zentrale Mittelfeld, wo neben Weltmeister Kramer und dem zum Schlüsselspieler gereiften Xhaka auf Nordtveit Verlass ist und Borussia mit dem in der Vorbereitung starken Thorben Marx und dem hochtalentierten Mo Dahoud noch zwei richtig gute Optionen in der Hinterhand hat. Es gilt auf den Außenbahnen, wo mit Hahn/Herrmann und Hazard/Traoré gleich zwei pfeilschnelle und torgefährliche Flügelzangen zur Auswahl stehen, von denen jede einzelne bei den meisten Bundesligisten zu den Kronjuwelen zählen würde. Es gilt für die Innenverteidigung: mit Martin Stranzl, der weingleich im Alter stetig reift, mit Tony Jantschke, dessen Berufung ins Nationaltrikot grotesk überfällig ist, mit Alvaro Dominguez, dessen 8-Millionen-Ablöse man inzwischen als Schnäppchen werten muss, mit Roel Brouwers, diesem Traum von einem verlässlichen Ersatzmann. Es gilt für die Planstellen außen in der Viererkette, wo es sich Lucien Favre leisten kann, mit Fabian Johnson einen der auffälligsten Rechtsverteidiger der letzten Weltmeisterschaft nicht oder auf anderen Positionen einzusetzen. Und wo ein Filip Daems nicht mangels eigener Qualitäten noch ohne eine einzige Minute Spielzeit in dieser Saison ist, sondern wegen starker Konkurrenz.

Es ist diese Breite, Ergebnis exzellenten Scoutings und kontinuierlich kluger Transferentscheidungen, die es Borussia erlaubt hat, die Dreifachbelastung durch Liga, Pokal und internationalem Wettbewerb schadlos wegzustecken. Die ständige Rotation ermöglichte, damit die Begrenzung individueller Belastungen, damit wiederum die Verringerung von Verletzungswahrscheinlichkeiten.

Nur im Tor wird nicht rotiert. Voreilig, wie Fußballfans es nun mal so sind, hatten manche nach zwei unglücklichen Szenen in der Vorbereitung und einer dritten im ersten Bundesligaspiel Zeter und Mordio geschrieben und den post-ter Stegen-Notstand ausgerufen. Wie unnötig. Sommer hat sich schnell als würdiger Nachfolger erwiesen, in der Luft zwar nicht ganz so dominant wie ter Stegen, dafür in der Spieleröffnung vielleicht sogar besser und mit Reflexen zum Zungeschnalzen gesegnet. Auch gegen Hoffenheim verhinderte er kurz vor Schluss mit einer seiner vorinstallierten Glanztaten den möglichen Anschlusstreffer.

Patrick HerrmannMann des Spiels aber war ein Altbekannter: Patrick Herrmann war frustriert in die Saison gestartet, findet sich angesichts des Überangebots auf der rechten Außenbahn inzwischen aber links immer besser zurecht. An allen drei Toren war er beteiligt. Besonders sehenswert zweifellos das erste, das er mit einer starken Volleyweiterleitung auf Raffael, gefolgt von einem präzisen Doppelpass initiierte, bevor er den an sich durchaus ordentlich postierten Beck überspurtete und eine überlegte Flanke zu Hahn schlug. Aber auch sonst bekamen die Hoffenheimer den quirligen und wieselflinken Herrmann nie unter Kontrolle. Mehr Spiele wie diese, und ein weiterer Anruf von Jogi Löw ist nur eine Frage der Zeit.

Lucien FavreIn mancherlei Hinsicht war das Spiel gegen die TSG eine besondere Nagelprobe. Sicher, durch die Art und Weise, wie die Favre-Elf die Bayern an den Rand einer Niederlage brachten, sorgte bundesweit für Aufsehen. Und die folgenden Siege in Hannover und Frankfurt waren, trotz kurzer und unnötiger Aufregung in der Schlussphase des Pokalspiels, beeindruckend souverän. Aber die Leistung gegen die Bayern hätte, wer unbedingt wollte, noch zur Eintagsfliege herunterreden und die folgenden Siege als bloße Pflichterfüllung deklarieren können. Aber wer in einem weiteren Spitzenspiel den Gegner über weite Strecken so sicher beherrscht, wer sich auch nach einem unglücklichen Ausgleichstreffer nur kurz schütteln muss, um Minuten darauf den zweiten Offensivtusch des Tages zu spielen, der ist im oberen Tabellendrittel angekommen, um zu bleiben.

Natürlich wird Borussia auch mal wieder verlieren, vielleicht sogar schon am Sonntag in Dortmund. Wer in der Champions League den Einzug ins Achtelfinale schon am drittletzten Spieltag in der Tasche hat, steht auf dem 17. Bundesligaplatz offensichtlich unter Wert. Aber wer die Borussia in dieser Saison gesehen hat, weiß: Auch die Niederlagen, die da kommen, werden diese Mannschaft nicht umwerfen. Solche Stabilität auf solchem hohen Niveau war selten am Niederrhein. Mit Max Eberl und Geburtstagskind Lucien Favre hat sie zwei Baumeister, die man nicht genug lobpreisen kann.