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Am Donnerstag werden die Gruppen für die Champions-League ausgelost. Wie hatten die Anhänger von Borussia Mönchengladbach in der Sommerpause diesen 27. August herbeigesehnt – gespannt, mit welchen europäischen Top-Teams man sich würde messen können, gespannt, ob man mit den internationalen Spitzenmannschaften würde mithalten können. Aber jetzt, da der Termin dieser Auslosung immer näher rückt, sind Spiele in der Champions-League keine Ereignisse mehr, auf die sich die Anhänger von Borussia Mönchengladbach uneingeschränkt freuen. Der Fehlstart in der Bundesliga lässt Spiele gegen Madrid, Manchester oder Turin mehr wie Pflichtaufgaben erscheinen, die die Konzentration aufs Wesentliche stören könnten. Das Wesentliche, das hat Lucien Favre schon vor der Saison unmissverständlich klar gemacht, ist die Bundesliga. Und da zeigt sich schon zu Beginn der Saison, dass die Ausgabe des Saisonziels „einstelliger Tabellenplatz“ womöglich doch mehr war, als augenzwinkerndes Understatement.

Dass sich Borussia vom Ballsportverein Dortmund hat auseinandernehmen und an die Wand spielen lassen, wurde so gerade noch als Ausrutscher akzeptiert, zumal die Mannschaft von Thomas Tuchel im Moment offenbar jeden Gegner an die Wand zu spielen vermag, wenn nicht gerade Weidenfeller im Tor steht. Die Heimniederlage gegen Mainz aber greift das in der vergangenen Saison gewachsene Selbstverständnis der Borussenfreunde empfindlich an. Borussia 2015/16 ist verwundbar und es gibt viele Dinge, die einzuüben bzw. abzustellen sind, will man mittelfristig Spiele gegen Gegner wie Mainz es war, erfolgreich gestalten.

Wo es überall hakte, ist schon nahezu überall von fast jedem analysiert worden, schauen wir deswegen doch lieber auf das, was dann doch funktionierte. Denn bei allem Ärger über die verlorenen Punkte: im Vergleich zum Saisonauftakt lief es bei Borussia doch recht gut, und das lag nicht allein an der geringeren Klasse des Gegners.

Goldrichtig war die Entscheidung, mit Tony Jantschke einen gestandenen Führungsspieler ins Abwehrzentrum zu beordern. Der Kapitän spielte nicht ganz fehlerfrei,  war aber ungeheuer präsent, führte den jungen Marvin Schulz und unterband zahlreiche Aktionen der Mainzer. So lange Martin Stranzl nicht bei hundert Prozent ist, wird Jantschke innen gebraucht.

Positiv wirkte sich die Rückkehr von Patrick Herrmann in die erste Elf aus. Der Nationalspieler überzeugte durch Einsatz, Torgefahr und Tempo. Seine Auswechslung wurde  mit Pfiffen bedacht, die sich deutlich gegen den Trainer bzw. diese seine Entscheidung richteten. Favres Erklärung nach dem Spiel, wonach es Herrmann noch an Fitness mangelt, mag man akzeptieren. Zu sehen war von fehlender Fitness für das Laienauge freilich nichts.

Die zweieinhalb verdaddelten Großchancen trüben zudem den Blick auf die dritte positive Erscheinung des Mainz-Spiels: Thorgan Hazard. Wo gegen St. Pauli und Dortmund Josip Drmic noch orientierungslos und ineffizient durch die gegnerische Hälfte irrte, machte Hazard das, was Borussia zur Zeit offenbar benötigt: den Kruse. Hazard lief, holte sich Bälle in der eigenen Hälfte ab, bot sich an. Dass das nicht immer nur glücklich war, lag weniger am Belgier, als an der unterirdischen Darbietung seines Offensivpartners Raffael.

Borussia ausgerechnet jetzt eine neue Spielweise mit Drmic als Fixpunkt in der Spitze beibiegen zu wollen, hätte etwas heroisches – wäre aber objektiv betrachtet der reine Wahnsinn. Die verunsicherte Mannschaft sollte zur Zeit möglichst so justiert werden, dass die das aus der vergangenen Saison gewohnte Spiel spielen kann. Das gelang in der zweiten Hälfte gegen Mainz bis zum Gegentor durchaus ordentlich. Borussia machte ihr Spiel, kam zu Chancen und man dachte schon, wie damals im Frühjahr, „Wir müssen nur geduldig sein...“. Hätte vielleicht auch geklappt, wenn der zweite Teil dieses Satzes nicht „...und hinten brennt sowieso nichts an“ hieße. Darauf kann man sich offenkundig zur Zeit nicht verlassen.

Darf man die defensive Anfälligkeit an einzelnen Spielern festmachen? Vermutlich nicht, die Bemerkung, dass die Außenverteidiger bei beiden Treffern ursächlich beteiligt waren, muss dennoch erlaubt sein. Julian Korb war beim ersten zu langsam, Oscar Wendt verteidigte beide Male nicht den Gegner sondern den leeren Raum. Klar ist: wenn der Gegner schnell angreift, geht bei Borussia jede Ordnung verloren. Unmotivierte Ballverluste, Fehlpässe im Mittelfeld sollten folglich im Moment noch verbotener sein, als ohnehin. Granit Xhaka leistet sich davon jede Menge, an der Basis des Mainzer Siegtreffers stand ein Freistoß, den Xhaka durch einen allzu lässigen Pass Richtung Oscar Wendt verbockte. Der Schweizer fremdelt mit der ungewohnten Rolle und dem mehr neben als mit ihm spielenden Lars Stindl sichtlich. Den Schweizer ohne die Absicherung spielen zu lassen, die zuletzt Christoph Kramer bot, bedeutet, das Team einer der Stärken der vergangenen Spielzeit zu berauben.

Keinen Ersatz für Kramer geholt zu haben, ist im Moment die Wurzel vielen Übels. Möglich, dass Xhaka/Stindl sich noch einspielen. Dass aber zur Zeit viele die Rückkehr von Havard Nordtveit herbeisehnen, um dem Misstand im defensiven Mittelfeld ein Ende zu bereiten, sagt weniger über die Qualität des Norwegers, als über die Unzufriedenheit mit der aktuellen Konstellation aus. Auch hier gilt: womöglich muss zunächst einmal jeder das spielen, was er bis zur Sommerpause gespielt hat, damit die Stabilität zurückkehrt.

Wenn es Lucien Favre gelingt, diese Stabilität zurückzubringen, ganz egal mit welchem Personal und ganz egal, welches Preisschild an den Spielern klebt, die dann erst einmal außen vor sind, nur dann wird der Donnerstag der Champions-League-Auslosung doch in der Rückschau ein Termin gewesen sein, dessen Auswirkungen Borussias Anhängern ein bisschen Freude und nicht nur Bauchweh bereitet hat.