“Wir wussten, daβ sie so spielen werden”. So (oder ähnlich) lautete Jupp Heynckes verblüffendes Geständnis nach der überraschenden 1:3 Niederlage im Borussiapark im Januar 2012, als das von Lucien Favre defensiv hervorragend eingestellte Fohlenteam den Rekordmeister nach allen Regeln der Kunst ausgekontert hatte. Ganz ähnlich klang auch der Kommentar André Schuberts nach dem gestrigen Spiel: “Wir wussten, dass der Gegner sehr hoch presst…” . Das wirft natürlich die Frage auf, warum man sich dann nicht geeignet auf dieses Spiel des Gegners vorbereitet hat, also klarer Fall von Trainerschuld? Ganz so einfach ist es nicht. Mit dem FC Augsburg hat Ingolstadt schon seit Jahren einen älteren Bruder in der Bundesliga und gegen den trat die Borussia unter dem Taktikfuchs Lucien Favre 8 Mal in der Bundesliga an: die Bilanz sind ein Sieg, 3 Unentschieden und 4 Niederlagen und jedes Mal wusste Gladbachs bester Trainer seit Hennes Weisweiler genau wie der Gegner agieren würde.

Natürlich kann “diese Teams liegen uns nicht” jetzt nicht die Pauschalerklärung sein, also schauen wir uns an, was André Schubert am letzten Samstag anstellte. In Abwesenheit des noch nicht wieder völlig fitten Raffaels stellte er nachvollziehbarerweise das gleiche Team auf, das in der Vorwoche den Tabellendritten Hertha BSC auseinandergenommen hatte. Auch die grundsätzliche 3-4-3 Ausrichtung war wie in den letzten ansehnlichen Spielen gehabt. So sehr die Wiederberufung Andre Hahns nach seiner engagierten Vorstellung gegen Berlin logisch und gerecht erscheinen mag, konnte man sich bei seiner 100%igen Chance in der 8. Minute schon fragen, ob ein Patrick Herrmann hier nicht besser aufgehoben gewesen wäre. Zum einen hat der Saarländer in solchen Situationen schon sehr häufig Killerinstinkt bewiesen, zum anderen wäre es mit ihm , der das schnelle Bewegen in freie Zonen beherrscht wie kaum ein anderer, vielleicht nicht bei dieser einzigen glasklaren Chance geblieben. “Wir wussten, dass der Gegner sehr hoch presst und du die erste Pressing-Zone sehr schnell überspielen und in die Tiefe kommen musst” sagte Schubert auf der anschliessenden Pressekonferenz. Trotz Hahns guter Leistung gegen Berlin war das eine Aufgabe, für die Patrick Herrmann vermutlich besser geeignet war.

Die nächste schwerwiegende Trainerentscheidung fand in der Halbzeit statt. Der verwarnte Xhaka wurde ausgewechselt und durch Tony Jantschke ersetzt. Wiederum sehr nachvollziehbar, aber auch eine für den sonst so risikofreudigen Schubert eher konservative Maβnahme. Die “Safety First”-Strategie wurde dann in der zweiten Halbzeit bestätigt, als der zugegebenermaβen wirkungslose Dahoud durch Hinteregger ersetzt wurde. Je nach Sichtweise war dies eine Kapitulation des Gladbacher Coaches oder aber nur eine pragmatische Anerkennung der Tatsache, dass man an diesem Nachmittag kaum mehr als einen Punkt mitnehmen würde.

Wie auch immer, keine dieser Entscheidungen des Gladbacher Trainers waren primär verantwortlich für die Niederlage, sondern der entscheidende Punkt war, dass sich das Team für einen CL-Teilnehmer viel zu sehr durch die aggressive Spielweise der sehr gut eingestellten Ingolstädter beeindrucken lieβ. Eine für Gladbacher Verhältnisse unterirdische Passquote von 60% symbolisiert wie wenig der übliche Spielfluss existierte. In fast jedem Moment fehlte es an Geschwindigkeit, Ballsicherheit und Souveränität.

Für die Anhänger der Borussia geht somit eine Achterbahnfahrt weiter. War diese zu Saisonbeginn mit von groβen Schwüngen (5 Niederlagen, 6 Siege) geprägt, so geht es jetzt so schnell auf (Heimsieg) und ab (Auswärtsniederlage), dass es einem fast den Magen verdreht. Wer wie ich zur Reisekrankheit neigt, hofft natürlich, dass der Zug bald in ruhigeren Gefilden stoppt. Aber als Fan eines Vereins hat man ein Ticket gelöst, welches das Aussteigen unmöglich macht. Es sind noch 5 Spiele und dann sehen wir uns an der nächsten groβen Zwischenstation.