Sieht man es als Hauptaufgabe der Bundesliga den deutschen Meister zu ermitteln, so ist sie so langweilig wie nie zuvor.  Während es in England vier verschiedene Titelträger in den letzten vier Jahren gab, Spanien seit Jahren faszinierende Dreikämpfe zwischen Real, Barca und Athletico erlebt hat, so ist in Europa vielleicht nur die schottische Liga, wo Celtic gerade den 6. Titel in Folge anstrebt, zur Zeit noch öder als die deutsche. Auch was den zweiten Rang angeht, ist es eher zum gähnen. Sollte RB Leizpig seine eher durchwachsene Rückrunde so fortsetzen wird Borussia Dortmund vermutlich zum vierten Mal in 5 Jahren Vizemeister. Spannungsmomente hat da in den letzten Jahren schon eher das Rennen um die Europapokal-Plätze 3-6 beschert, aber selbst da schien das Quartett Leverkusen-Schalke-Borussia-Wolfsburg mehr oder weniger festgesetzt zu haben, auch wenn es den gelegentlichen Überraschungsgast (Augsburg, Mainz) gab.

Umso überraschender dass in diesem Jahr keines dieser vier Teams bislang im oberen Tabellendrittel Fuss gefasst hat. Statt dessen findet man auf einmal Clubs wie Hoffenheim, Hertha, Köln oder Frankfurt auf Plätzen die zur EL oder gar Champions-League führen. Die Borussia spürt diese neue Ausgeglichenheit der Liga gerade am eigenen Leib. Zwar hat man mit 5 Punkten Rückstand auf Platz 6 durchaus noch gewissen Kontakt zu den lukrativen Plätzen aber genauso liegt man auch nur 5 Punkte vor dem gefürchteten Relegationsplatz 16. Es stellt sich die Frage, ob dies eine wirklich ungewöhnliche Situation ist für ein Team der Tabellenmitte nach 25 Spieltagen oder ob wir das in den vergangenen Jahren nur nicht mitbekommen haben, weil wir solche Erfahrungen lieber dem FC Köln oder Mainz 05 überlassen haben.

Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, haben wir uns mal angeschaut wie in den 21 Spielzeiten seit der Einführung der 3-Punkte-Regel im Jahre 1995 die Punktzahlen des Tabellensechsten und des Tabellensechzehnten nach 25 bzw 34 Spieltagen so aussahen (Man beachte dabei, dass es nicht notwendigerweise die gleiche Mannschaft ist/war, die am 25. Und 34. Spieltag Platz 6 (16) belegt).  Es stellt sich heraus, dass die Differenz im Durchschnitt mit 15 Punkten um einiges höher als die momentanen 10 Punkte liegt. Im Jahr 2008 trennten gar 21 Punkte den damaligen Titelverteidiger Stuttgart auf Platz 6 und Energie Cottbus auf Platz 16. Allerdings wurden die jetztigen 10 Punkte auch immerhin bereits viermal unterboten. In den Spielzeiten 95/96, 97/98, 05/06 und 06/07 waren es gar nur 9 Punkte zwischen sechs und sechzehn. Die momentane Situation ist somit also nicht einzigartig, aber gehört schon zu den engeren Lagen. Verantwortlich ist dafür vor allen die vergleichsweise hohe Punkteausbeute des HSV auf Platz 16. 27 Punkte hatte in den 21 Vorjahren nur ein einziges mal ein Sechzehnter zu diesem Zeitpunkt und zwar Eintracht Frankfurt in der Saison 06/07 (damals zum Leidwesen von Gladbach, welches 3 Punkte dahinter auf dem letzten Platz rangierte und dort auch brav blieb). Man erinnere sich, dass den Relegationsexperten aus der Hansestadt im Jahre 2014 diese Punktzahl über die gesamte Saison reichte um sich völlig unverdienterweise ins Entscheidungsspiel gegen Fürth zu retten.

Für die Borussia ist nun vor allem die Frage interessant, was das für die eigenen Aussichten bedeutet. Hat man noch eine Chance bzw. besteht noch Gefahr oben/unten Regression fuer Platz 16mitzumischen oder ist das Niemandsland halt in diesem Jahr lediglich etwas schmaller als sonst. Um das zu beantworten haben wir versucht auf Grund der Punktzahlen des Sechsten (Sechzehnten) am 25. Spieltag die entsprechende Ausbeute nach 34 Spieltagen mittels einer linearen Regression vorherzusagen. Das bedeutet dass wir die bestmögliche Gerade durch die Punktwolke aus Punkten nach 25 Spieltagen (x-Achse) und 34 Spieltagen (y-Achse) legen. Nimmt man den diesjährigen Wert nach 25 Spielen und geht senkecht hoch zur angepassten Gerade, kann man auf der y-Achse den Schätzwert ablesen. Gerundet kommen wir zu dem Ergebniss dass der Sechste dieses Jahr 51 Punkte erzielen wird, der Sechzehnte 36. Borussia bräuchte dementsprechend noch 5 Punkte um den Klassenerhalt zu sichern, aber noch 19 um in die Europa-League zu kommen.

Das mag manch einer nun voreilig als Beleg dafür werten, dass die Borussia ab jetzt nur noch um die goldene Ananas spielt, aber es gibt 2 Dinge zu beachten: 1) ausser wir holen selbst den Pokal (und dann kann uns Platz 6 völlig egal sein) wird mit grosser Wahrscheinlichkeit auch Platz 7 reichen um zumindest die Qualifikation zur EL zu erreichen. Für diesen Platz haben wir dieselbe Rechnung nicht durchgeführt, aber vermutlich erwartet man 49 Punkte zum Schluss auf diesem Rang; 2) wir geben hier Werte die im Durchschnitt zu erwarten sind, aber wie man an den Grafiken erkennt gibt es einige Variabilität in diesen Dingen. Z.B gab es fünfmal einen Sechsten mit 39 Punkten nach 25 Spielen, aber die Endpunktzahl rangierte zwischen 55 und 47, wobei dieser unterer Wert bedeuten würde Borussia müsste „nur“ aus den verbleibenden 9 Spielen noch einemal soviel Punkte holen wie aus den letzten 8.

Zusammenfassend können wir also festhalten, dass diese Saison zumindest zwischen den Positionen 6-16 eine vergleichsweise sehr ausgeglichene ist. Schaut man sich die Daten über die letzten 21 Jahre an, gibt es allerdings kein Anzeichen dafür dass dies einem allgemeinem Trend folgt, d.h. es gibt keinen (statistischen) Grund anzunehmen dass die nächsten Jahre ähnlich ausgeglichen sein werde. Für den VFL bedeutet dies die Chance, dass man auch nach einer  bislang eher mittmäβigen Saison immer noch eine Chance hat europäische Platzierungen zu erreichen, gleichermassen aber auch noch nicht völlig vorm Abstieg gerettet ist. Unsere statistische Prognose zeigt allerdings auch, dass für eine erneute Qualifikation fürs internationale Geschäft ein starker Endspurt der Borussia und/oder einiges an Glück nötig sein werden. Aber im Fussball ist immer alles möglich und es wäre höchst ärgerlich, wenn man eine EL-Qualifikation nur deswegen verpasst weil man die Bundesliga zu früh ad acta gelegt und sich nur noch den Pokal konzentriert hat.