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Es war alles gerichtet für ein gelungenes Wochenende und einen möglichen Sprung auf einen Europa-League-Platz. Während die Konkurrenz teils deutlich schwierigere Aufgaben zu bewältigen hatte, erwartete Borussia den Krisenklub von der Weser, dessen ohnehin schon wacklige Defensive durch die Sperren von Prödl und Sokratis zusätzlich geschwächt wurde.

 

 

Werder-Trainer Thomas Schaaf reagierte auf diese Notlage, indem er seiner Mannschaft ein Taktikkonzept vorgab, das eine vollkommene Abkehr seiner eigentlichen so offensiven Spielidee verlangte und sehr dem Pragmatismus ähnelte, mit dem auch Lucien Favre immer wieder agiert. Die taktische Geschlossenheit beider Mannschaften führte zu einem höchst ausgeglichenen Spiel, das in unterschiedlichen Phasen mal von den Gästen und dann wieder vom Gastgeber dominiert wurde. Da auch die Zahl der Chancen ähnlich hoch ausfiel, gab es am Ende eine zutiefst gerechte Punkteteilung.

 

Während die Hanseaten mit dem einen Punkt nach drei Niederlagen in Folge gut leben konnten und den Abwärtstrend in Richtung Abstiegskampf stoppten, war er für Borussia nicht wirklich genug. Zu sehr hatte man den Eindruck, dass bei einer etwas mutigeren Leistung mehr drin gewesen wäre. Bremen stand in der Defensive zwar kompakt und taktisch klug. Trotzdem wurden immer wieder individuelle Schwächen aufgedeckt, wenn Borussia ausnahmsweise einmal schnell und trickreich spielte.

 

Eine mutige Aufstellung wird Lucien Favre niemand absprechen können. Die vermeintlich stärkste Offensivreihe mit Arango und Herrmann auf den Außen und Younes sowie de Jong in der Zentrale durfte erstmals gemeinsam antreten. Dahinter wurde der gesperrte Marx durch Granit Xhaka ersetzt, dem zuletzt eher zuviel Vorwärtsdrang auf der 6er-Position angelastet wurde. Auch mit der Besetzung von Oscar Wendt als linker Außenverteidiger wählte Favre die offensivere Variante. Viele Fans fordern genau solch mutige Aufstellungen immer wieder ein, im Glauben, dass eine offensive Ausrichtung automatisch zu offensiverem Spiel und Überlegenheit der eigenen Mannschaft führen muss. Die Partie vom Samstag abend bewies ihnen leider das Gegenteil.

 

In Halbzeit 1 blieb die linke Seite vollkommen wirkungslos. Juan Arango wirkte ähnlich abwesend wie in den vergangenen beiden Spielen, die er verletzungsbedingt aussetzte. Oscar Wendt setzte nach vorne überhaupt keine Akzente und war in der Defensive einige Male ein gehöriger Unsicherheitsfaktor. Obwohl sich dies in Halbzeit 2 besserte und der Schwede die Ecke zum 1:0 schlug, so spricht in der aktuellen Verfassung wenig dafür, dass er den weit zuverlässigeren Filip Daems dauerhaft auf die Bank verdrängt.

 

Auch für Luuk de Jong war es ein undankbares Spiel. Gerade ihm hatte man diese offensive Ausrichtung gegönnt und gehofft, er würde so verstärkt mit Vorlagen und Flanken gefüttert. Dass der Holländer, der in den vergangenen Wochen deutlich ansteigende Form erkennen ließ und an einigen Toren beteiligt war, keine einzige Torchance vorweisen konnte, spricht für sich.

 

Patrick Herrmann war aktivster Borusse in der Offensive. In einigen Situationen deutete sich an, dass er gerade im trickreichen Zusammenspiel mit Amin Younes eine gefährliche Waffe für die Zukunft sein kann. Die beiden hätten allerdings viel öfter mit schnellen, überraschenden Aktionen die anfällige Werder-Defensive unter Druck setzen müssen. Niemanden sollte es ernsthaft überraschen, dass selbst für den zuletzt so hochgejubelten Younes die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Bislang brilliert er vornehmlich durch einzelne geniale Aktionen. Auf Dauer wird er aber in dieser zentralen Position hinter den Spitzen lernen müssen, das Spiel stärker an sich zu reißen und zumindest phasenweise zu bestimmen. Für die Möglichkeiten, die ihm sein Talent und sein Spielwitz bieten, kreiert er insgesamt noch zu wenige zwingende Torchancen. Was nach 3 Einsätzen von Beginn an aber weniger als Kritik, sondern vielmehr als Ansatz für zukünftige Entwicklungspotentiale gewertet werden sollte.

 

Der tragische Held der Partie war ausgerechnet der Torschütze zum 1:0. Peniel Mlapa boten sich in 20 Minuten mehr hochkarätige Torchancen als dem gesamten übrigen Team in 90 Minuten. Gleich dreimal hätte er ein Tor machen müssen, wenn er denn einen Torriecher hätte. Diesen hat er nachgewiesenermaßen nicht und es steht zu befürchten, dass sich dieser nach 4 Jahren im Profifußball auch nicht mehr entwickeln wird. Von einem Bundesliga-Stürmer sollte erwartet werden, dass er Chancen wie jene in der Nachspielzeit regelmäßig verwandelt. Beim gebürtigen Togolesen ist eher das Auslassen solcher Möglichkeiten die Regel, was viele Fans und sicher auch den Trainer zur Verzweiflung treibt. Trotzdem darf bei aller berechtigten Kritik nicht übersehen werden, dass Mlapa nach seiner Einwechselung für sichtliche Belebung gesorgt und im Gegensatz zu seinen Sturmkollegen Hanke oder de Jong solche Chancen überhaupt bekommen hat. Überspitzt formuliert ist es aber so: Wenn Borussia nur über Stürmer verfügt, die entweder gar keine Chancen erhalten oder über solche, die diese fahrlässig vergeben, dann reicht dies nicht für gehobene Ansprüche.

 

So ist es letztlich kein Wunder, dass Borussia seit Monaten im Mittelfeld der Bundesliga-Tabelle verharrt. Trotz der ebenfalls nur mäßig konstanten Konkurrenz reicht die bisherige Saisonleistung nicht aus, um eine erneute Teilnahme am internationalen Fußball zu rechtfertigen. Da spielt es letztlich eine relativ geringe Rolle, wie Lucien Favre seine Mannschaft aufstellt. Die Qualität der Spieler ist absolut ausreichend, um mit dem Abstiegskampf nicht in Verbindung gebracht zu werden. Sie ist aber offensichtlich nach dem Substanzverlust im Sommer ebenso nicht ausreichend, um sich im oberen Tabellendrittel festzubeißen.

 

Noch 9 Spieltage hat Borussia Zeit und Gelegenheit, an diesem Bild Entscheidendes zu verändern. Wie schon gesagt hat die Offensivabteilung das erste Mal in dieser Formation zusammengespielt. Granit Xhaka war bei seinem Comeback allzu offensichtlich darauf bedacht, zunächst einmal Fehler in der Defensive zu vermeiden. Es ist also durchaus noch Luft nach oben, die vielleicht ja schon in der kommenden Woche beim nächsten Heimspiel gegen Hannover 96 stärker ausgeschöpft wird. Bei nur 3 Punkten Rückstand auf Platz 6 besteht noch lange kein Grund, die Saison abzuhaken. Fakt ist aber, dass die Leistung der bisherigen Saison – und insbesondere jene von diesem Samstag – einer signifikanten Steigerung bedarf, um sich spätestens zum 34. Spieltag aus dem Mittelmaß befreit zu haben.