Warnung
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Warnungen gab es fürwahr genug. Wer die Auftritte von Borussia gegen Leverkusen und Hamburg verfolgt hatte, der musste für das Spiel in Dortmund mit dem schlimmsten rechnen. Wo Bayer noch zu wenig effizient und der HSV zu wenig zielstrebig gewesen war, hatten die ebenso offensivstarken wie effizienten Dortmunder leichtes Spiel mit dem, was zumindest auf dem Papier die Mannschaft von Borussia Mönchengladbach gewesen sein soll.




Bei einem Endstand von 0:5 kann selbst die ordentliche halbe Stunde zu Spielbeginn nicht mehr kaschieren, was seit einigen Wochen grundlegend falsch läuft. Dem holprigen Saisonstart folgte im September ein Rückfall in längst überwunden geglaubte Zeiten. Der Oktober wiederum beschert Borussia mit dem Spiel gegen die Senkrechtstarter aus Frankfurt sowie den schweren Auswärtspartien in Bremen und Hannover höchst undankbare Aufgaben, so dass die Weichen wie so oft in den vergangenen Borussen-Jahren auf einen heißen Herbst gestellt sind. Bevor diese Spiele jedoch angegangen werden müssen, wartet mit Fenerbahce Istanbul noch eine nicht minder schwere Aufgabe in der Europa League.

 

Trainer Lucien Favre kündigte bereits an, nicht so stark rotieren zu wollen wie noch beim Auftakt in Limassol. Durch die Verletzungen von Patrick Herrmann (Zerrung) und Alvaro Dominguez (Schädelprellung) wird er aber in jedem Fall zu einigen Umstellungen gezwungen sein. Die angeschlagenen Marc-Andre ter Stegen und Luuk de Jong dürften ihrem Trainer hingegen wieder zur Verfügung stehen. Ob noch weitere Akteure nach den katastrophalen letzten Spielen eine Auszeit bekommen, kann nur vermutet werden.

 

Tony Jantschke wäre grundsätzlich ein heißer Kandidat für eine Regenerationspause gewesen. Durch den Ausfall von Dominguez wird aber sein potentieller Ersatz Martin Stranzl in der Innenverteidigung benötigt. Matthias Zimmermann hat zuletzt selbst bei der U23 enttäuscht, so dass ein internationaler Auftritt für ihn einige Nummern zu groß erscheint.

 

Granit Xhaka ist ein weiterer Spieler, der auf der Kippe steht, nachdem er die 6er-Position zuletzt sehr fehlerhaft ausgefüllt hat. Bislang ist die Abstimmung zwischen ihm und Nordtveit alles andere als optimal. Um wieder defensiv Sicherheit ins Spiel zu bekommen, muss mindestens ein 6er konsequent nach hinten arbeiten. Durchaus vorstellbar, dass Favre daher auf die Erfahrung von Thorben Marx setzt. Gegen die Türken sollte aber gerade Tolga Cigerci hoch motiviert sein, nachdem er zuletzt ankündigte, zukünftig für die türkische Nationalmannschaft zur Verfügung zu stehen.

 

Die Aufstellung wird aber ohnehin nur sekundär sein. Wichtiger ist es, ob und wie sich Borussia als Mannschaft präsentiert und man im zu erwartenden Hexenkessel über 90 Minuten die Ruhe bewahren wird. Gegen Kiew oder in Dortmund brach die Elf nach Gegentoren unverständlicherweise in sich zusammen, was auf Defizite in der Mannschaftsstruktur schließen lässt. Zu viele der Leistungsträger, wie Daems, Brouwers, Jantschke, Nordtveit, Arango oder Herrmann entpuppen sich leider als Mitläufer, die sich im Vorjahr von den guten Leistungen diverser Leader ebenso mittragen ließen, wie sie dieser Tage mit dem Rest untergehen, wenn es nicht optimal läuft. Xhaka, Dominguez und de Jong sind zum einen noch recht jung und zum zweiten zu sehr mit ihren eigenen Leistungen beschäftigt, um die ihnen zugedachte Führungsrolle bereits jetzt ausfüllen zu können.

 


Für den BVB war Borussia der perfekte Aufbaugegner, der förmlich auf eine Klatsche zu lauern schien. In ähnlicher Weise könnte am Donnerstag nunmehr die Borussia von den Problemen ihres Gegners profitieren. In Istanbul hängt nämlich spätestens seit letztem Montag der Haussegen gehörig schief. Für den erfolgsverwöhnten türkischen Pokalsieger und Rekordmeister verlief der Saisonstart alles andere als zufriedenstellend. Nachdem man schon im Vorjahr im Meisterschafts-Endspiel gegen Galatasaray das Nachsehen gehabt hatte, ging  zu Beginn dieser Spielzeit das prestigeträchtige Supercup-Spiel gegen den Erzrivalen verloren. In den Play-Offs zur Champions League folgte ein unglückliches Ausscheiden gegen Spartak Moskau. Nach 6 Meisterschaftsspielen belegt Fenerbahce einen indiskutablen Rang 6 mit bereits 4 Punkten Rückstand hinter Galatasaray. Zuletzt setzte es nach zwei Unentschieden eine empfindliche 0:2-Niederlage beim Aufsteiger Kasimpasa Istanbul. 5 der letzten 6 Saisonspiele wurden damit nicht gewonnen, was Trainer Aykut Kocaman öffentlich in die Kritik bringt.

 

Dem Meistertrainer von 2011 wird vorgeworfen, zuletzt unglücklich aufgestellt und gewechselt zu haben. Insbesondere sein Verhalten gegenüber Klublegende Alex De Souza brachte einen Teil der Fans und sogar der Mannschaft gegen ihn auf. Der 35jährige Alex, der von seiner Spielweise ein wenig Juan Arango ähnelt, ist absoluter Publikumsliebling und als Spielmacher im Team eigentlich konkurrenzlos. Schon beim Auftakt zur Europa League gegen Olympique Marseille wurde er beim Stand von 2:0 ausgewechselt. In der 4. Minute der Nachspielzeit egalisierten die Franzosen anschließend zum 2:2. Diese Geschichte wiederholte sich am vergangenen Wochenende, als Kocaman seinen Spielmacher erneut zur Halbzeit beim Stand von 0:0 aus der Partie nahm, die Mannschaft im Folgenden in sich zusammenbrach und mit 0:2 verlor.

 

Alex soll dies amüsiert zur Kenntnis genommen haben und beschwerte sich zudem via Twitter über seinen Coach. Angeblich soll dieser der Mannschaft direkt nach der Partie seinen Rücktritt verkündet haben, was vom Verein aber dementiert wird. So bleibt Kocaman im Amt, während der Verein am Montag überraschend Alex suspendierte. Seitdem beherrscht diese Story die Istanbuler Medienlandschaft und überschattet sogar den wichtigen Auftritt in Mönchengladbach. Dies wird sogar noch dadurch verstärkt, dass kommenden Sonntag das als ohnehin wichtiger angesehene Derby gegen Besiktas ansteht.

 

In den letzten Spielen, in denen die Mannschaft planlos und spielerisch erschreckend auftrat sowie durch zahlreiche Abstimmungs- und Abspielfehler auffiel, hatten einige Beobachter den Eindruck, es könne gegen den umstrittenen Trainer gespielt werden. Einige Spieler, wie Baroni und Stoch, zeigten sich öffentlich mit Alex solidarisch, was durchaus als Affront gegen den Trainer gewertet werden darf.

 

Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Mannschaft in der Lage ist, sich unter diesen Voraussetzungen auf die Partie konzentrieren zu können, die am Donnerstag um 21.05 Uhr im Borussia-Park angepfiffen wird. Beide Mannschaften stehen gehörig unter Druck, so dass dem ersten Tor eine vorentscheidende Bedeutung zukommen könnte. Gelingt dieses Borussia, so könnte der angeschlagene Gegner eine relativ leichte Beute sein. Andererseits können die Türken mit Spielern wie Demirel, Yobo, Meireles, Kuyt und Sow eine Menge an Qualität und Erfahrung vorweisen, die sie bei allen aktuellen Problemen nicht wirklich als Underdog erscheinen lässt

 

Nach den unglücklichen Punktverlusten beider Mannschaften in der Nachspielzeit des ersten Gruppenspiels, müssen beide die Partie im Grunde gewinnen, um im Fall von Borussia ihre Chancen auf ein Weiterkommen zu wahren, bzw. im Fall von Fenerbahce der selbsternannten Favoritenrolle in der Gruppe gerecht zu werden. Gleichzeitig können es sich beide aber mit Blick auf die anstehenden Wochen kaum leisten, die Partie zu verlieren. Faktisch würde die Elf von Lucien Favre aber schon ein Unentschieden in der Europa League vor dem Doppelpack gegen den stärksten Gegner aus Marseille ebenso unter gewaltigen Zugzwang bringen wie in der Meisterschaft vor den schweren Partien der nächsten Wochen.

 


 

Borussia: ter Stegen – Jantschke, Brouwers, Stranzl, Daems – Cigerci, Nordtveit – Ring, Xhaka, Arango – de Jong

 

Fenerbahce: Demirel – Gönül, Korkmaz, Yobo, Kaldirim – Topal, Meireles – Kuyt, Topuz, Erkin – Sow

 

Seitenwahl-Tipps:

 

Michael Heinen: Die Ausgangslagen von Borussia und Fenerbahce sind sich dermaßen ähnlich, dass sich ein 0:0-Unentschieden geradezu aufdrängt.

 

Christian Spoo: Borussia ist in einer desolaten Verfassung, daran ändern auch die von Lucien Favre angekündigten "Auswechslungen" nichts. Mit viel Glück fängt das Team sich nur zwei Gegentore. Nach vorne geht weiterhin nichts.

 

Thomas Häcki: Bonjour Tristesse? Nein! Das 2:2 ist gute Unterhaltung pur. Schlechte Stimmung nur auf der Bank, weil Favre die mannschaft kräftig durcheinander wirbelte.

 

Christoph Clausen: Dass beide Teams nervlich angeschlagene sind, merkt man dem Spiel an. Hoffen wir auf die Lernfähigkeit der Borussen: Vor den Zauber haben die Götter die Defensivarbeit gesetzt. Leistet man in diesem Sinne tätige Reue und kommt ein bisschen Glück dazu, könnte am Ende ein knapper 1:0-Sieg stehen.

 

Christian Heimanns: So lange haben wir auf Europa gewartet und jetzt kann man sich kaum drauf freuen. Machen wir das Beste draus und sehen das 0:0 gegen Fenerbahce als eine Art Fortschritt.


Christian Grünewald: Borussia will sichtlich etwas gutmachen, aber die Köpfe sind (noch?) nicht wieder frei - 2:1 für die Gäste aus der Türkei.