environmental pollution 3714969 1920

Bildquelle: Felix Wolf auf Pixabay

Über den bevorstehenden Wechsel von Max Eberl in die Position des GeschĂ€ftsfĂŒhrers Sport eines GetrĂ€nkevertriebsunternehmens ist in den letzten Tagen und Wochen viel gesagt und geschrieben worden. Nur noch nicht von jedem. Da SEITENWAHL (von einer einzelnen Ausnahme abgesehen 😊) Neuigkeiten erst dann thematisiert, wenn sie amtlich sind, ist jetzt der Zeitpunkt, sich ein letztes Mal mit der Person Max Eberl zu beschĂ€ftigen, bevor das Thema in den Tiefen der Vereinsgeschichte verschwindet und Max Eberl nur noch der ReprĂ€sentant eines Konkurrenten mit zweifelhaftem GeschĂ€ftsgebaren ist.

Max Eberl war von 1999 bis 2005 als Spieler von Borussia Mönchengladbach ein ĂŒberschaubar begabter Verteidiger, dessen Alleinstellungsmerkmal es war, in seiner gesamten Karriere nie auch nur ein einziges Tor geschossen zu haben. Nach einer Zeit als Nachwuchskoordinator wurde Max Eberl 2008 Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach und spĂ€ter auch GeschĂ€ftsfĂŒhrer der Spielbetriebs GmbH. In seiner bis 2022 wĂ€hrenden Amtszeit war Max Eberl DAS Gesicht des Vereins. Er schaffte es in dieser Zeit, die Koordinaten von Borussia Mönchengladbach neu auszurichten. Nach chaotischen Jahren war „KontinuitĂ€t“ das neue Stichwort, die neue Leitlinie im Verein, gelebt z.B. durch das Festhalten an Michael Frontzeck bis zum letztmöglichen Moment, gelebt auch durch Konstanz in der GeschĂ€ftsfĂŒhrung, gelebt durch das Festhalten an Lucien Favre selbst gegen dessen eigenen hin und wieder geĂ€ußerten Willen zum Abschied. Gelebt, indem man mit Spielern wie Brouwers, Jantschke, Herrmann, Kramer, Stindl, Sommer, Elvedi oder TraorĂ© (AufzĂ€hlung nicht abschließend) eine im Großen und Ganzen funktionierende Struktur erschuf, um die wirtschaftlich notwendigen und sportlich unvermeidlichen AbgĂ€nge von Passanten wie Reus, Xhaka, Kruse oder Zakaria immer aufs Neue zu kompensieren, ja sogar gestĂ€rkt aus dieser Fluktuation hervorzugehen.

Seitenwahl AJ7X3834 Die Zeit von 2011 bis 2019 war die erfolgreichste Periode der jĂŒngeren Vereinsgeschichte, was mehrere Teilnahmen an der Champions League und der Europa League belegen, Erfolge, an die in Gladbach noch im Herbst 2010 niemand zu denken wagte. In dieser Phase wirkte Eberl wie eine moderne Ausgabe von Helmut Grashoff, ambitioniert, aber dennoch bodenstĂ€ndig. Eberl schien sich der Möglichkeiten und Grenzen von Borussia Mönchengladbach bewusst zu sein, ja er erhob diese gewissermaßen zum Prinzip seines Handelns. Betrachtet man die Rhetorik dieser Jahre, dann war sehr viel davon die Rede, bei allem Erfolg nicht zu vergessen, wo man herkommt. Eberl redete gern von Leitplanken, die man sich gegeben habe. Er meinte damit, dass das Personal von Borussia Mönchengladbach auch charakterlich zum Verein passen mĂŒsse und dass Trainer, Spieler und auch Fans von Borussia Mönchengladbach die wirtschaftlichen RealitĂ€ten in der Bundesliga zu akzeptieren haben. Zu akzeptieren, dass es Vereine mit grĂ¶ĂŸeren finanziellen Möglichkeiten gibt, an denen man nur im Ausnahmefall sportlich vorbeikommt, zu akzeptieren, dass man sportlichen Erfolg fĂŒr Borussia Mönchengladbach nicht an Titeln, sondern nur an der Ausschöpfung des Potentials festmachen kann, schien Max Eberl damals leicht zu fallen. Unvergessen, mit welchem Enthusiasmus Eberl den Einstelligkeitshattrick feierte, unvergessen auch der Nachdruck, mit dem er betonte, die Qualifikation fĂŒr die Champions League sei fĂŒr Borussia Mönchengladbach wie ein Meistertitel. Ein gern gebrauchtes Sprachbild Eberls war das von gallischen Dorf, dass den Imperien der Bundesliga widerstehen und da sein mĂŒsse, wenn die anderen schwĂ€cheln. Der Max Eberl dieser Tage lehnte auch ein Angebot aus MĂŒnchen ab, weil seine Arbeit in Mönchengladbach noch nicht beendet war, wie er damals sagte.

Die Verdienste, die Max Eberl sich in dieser Zeit um Borussia Mönchengladbach erworben hat, werden bleiben, auch wenn natĂŒrlich die von Ex-Trainer Rose in die Welt posaunte These, Eberl habe Gladbach alleine aufgebaut, kompletter Unsinn ist und nur beweist, wie wenig Rose den Verein Borussia Mönchengladbach verstanden hat (wenn er sich ĂŒberhaupt je die MĂŒhe gemacht haben sollte, das zu tun).

Den Max Eberl aus dieser Zeit gibt es jedoch nicht mehr. An irgendeinem Punkt seiner Entwicklung hat Max Eberl fĂŒr sich entschieden, dass die selbst geschaffenen Leitplanken zu eng sind. Zu eng fĂŒr den Ansatz, „den nĂ€chsten Schritt“ gehen zu wollen. Zu eng fĂŒr den plötzlich entdeckten Anspruch Max Eberls, selbst auch einmal etwas „Blechernes“ in der Hand halten zu wollen. Das war der Beginn einer Fehlerkette, die mit der Inthronisierung von Marco Rose als Trainer begann (ungeachtet dessen, dass die Beendigung der Stagnation unter Dieter Hecking wahrscheinlich richtig war) und mit der Einstellung der neuen Freundin auf einer Position im unmittelbaren Umfeld der Mannschaft endete. Weitere Bestandteile der Fehlerkette haben die Kollegen von mitgedacht-block.de in einem lesenswerten Artikel aufgelistet, was hier keiner Wiederholung bedarf. Auch die HĂ€ufung der 2023 auslaufenden VertrĂ€ge wĂ€re einem voll auf seinen Job konzentrierten Max Eberl ungeachtet Corona wohl nicht passiert. Diese Entwicklung ging einher mit einer verĂ€nderten Rhetorik des Vereins in Person seines fĂŒhrenden ReprĂ€sentanten Eberl, der sich – wie schon gesagt – aufs Blecherne fixierte, kritischen Anmerkungen von Fanseite gegenĂŒber zunehmend dĂŒnnhĂ€utig reagierte und sich in der unschönen Auseinandersetzung um ein Positionspapier kleinerer Vereine zur Verteilung der Fernsehgelder recht harsch an die Seite des in ĂŒblicher Gutsherrenart agierenden FC Bayern stellte. Gleichzeitig, so deuten verschiedene Stimmen aus dem Umfeld des Vereins an, machte Max Eberl so etwas wie eine CharakterverĂ€nderung durch: Aus einem stets zugewandten Menschen, dessen TĂŒren meist fĂŒr alle offen standen, wurde ein verbissener und verschlossener Mensch, der auch intern sachlich-kritische BeitrĂ€ge eher unwirsch abbĂŒgelte und nur mehr auf sich selbst hörte.

seitenwahl 20220128 CV1 3191 (1)Alle ErklĂ€rungsversuche in Bezug auf die Ursachen dieser Entwicklung wĂ€ren ein Ausflug ins Reich der Spekulation, den wir uns sparen wollen. Ob und wie krank Max Eberl im Januar 2022 war, ob es damals schon PlĂ€ne zu einem Wechsel in Richtung des Dosenimperiums gab, all das ist eigentlich vollkommen unerheblich. Denn denkt man die Entwicklung von Max Eberl seit 2019 zu dem Max Eberl des Jahres 2022 zu Ende, dann ist klar: Genauso wenig, wie Marco Rose zu Borussia Mönchengladbach passte, genauso wenig wie Adi HĂŒtter zu Borussia Mönchengladbach passte, genauso wenig passt der aufs Blecherne fixierte Max Eberl des Jahres 2022 charakterlich noch zu Borussia Mönchengladbach. Dieser Max Eberl hat die einstigen Leitplanken verlassen, dieser Max Eberl hat vergessen, wo Borussia Mönchengladbach herkommt und wo Borussia Mönchengladbach hingehört, was einen Verein wie Borussia Mönchengladbach ausmacht. Deshalb war die Trennung im Januar 2022 genauso logisch wie die jetzige Vertragsauflösung. Deshalb ist der „nĂ€chste Schritt“, in dem aus dem tapferen Gallier der LegionĂ€r des Dosenvertriebs wird, ebenso logisch.

Max Eberl als Mensch ist zu wĂŒnschen, dass er irgendwann aufwacht. Max Eberl als Sportmanager ist zu wĂŒnschen, dass sich Geschichte wiederholt (was Historiker stets bestreiten) und zwar in der Form, dass Max Eberl in gleicher Weise scheitert wie einst Klaus Allofs, der sich nach dem Verlust seines glĂŒcklichen HĂ€ndchens aus Bremen auf den Weg nach Wolfsburg machte, um dort den „nĂ€chsten Schritt“ zu gehen. Das Ende ist bekannt.