seitenwahl 202308261957 IMG 0365

Fußball macht keinen Spaß. Selten war das klarer, als in der 98. Minute des letzten Bundesligaspiels des Jahres 2023. Borussia Mönchengladbach hat getan, was Borussia Mönchengladbach in dieser Saison quasi in Reihe tut: Eine Führung verspielt, Punkte verschenkt, sich um den Lohn der eigenen Arbeit gebracht. Und so geht man als Anhänger dieses Vereins mit einem wirklich bescheidenen Gefühl in die kurze Winterpause und hat recht wenig Hoffnung, dass sich das Blatt danach entscheidend wenden könnte. 

90 Minuten lang machte Borussia ein wirklich ordentliches Spiel. Natürlich war es kein Feuerwerk, das die Gladbacher im Waldstadion abbrannten. Aber es war von der ersten bis zur letzten Minute der regulären Spielzeit eine seriös geführte Partie, konzentriert, ganz offensichtlich einem guten Plan folgend. Borussia stand, was man in dieser Spielzeit bisher eher selten sah, kompakt und sicher. Es gab nur wenige Wackler in der Defensive, Julian Weigl erfüllte seine Rolle als Stabilisator und Initiator ganz hervorragend. Borussia holte sich auch weiter vorne viele Bälle, die ganze Mannschaft arbeitete fleißig und teilweise sehr erfolgreich gegen den Ball.

Das Tor zum 1:0 in der ersten Halbzeit fiel ein wenig aus heiterem Himmel, die Führung zur Pause war folglich ein bisschen glücklich, aber wirklich nur ein bisschen. Im zweiten Durchgang ging nach vorne nicht viel, aber hinten schien nichts anzubrennen. Manu Koné hatte zweimal die große Gelegenheit, das Spiel zu entscheiden, aber einmal schoss er knapp vorbei, einmal knapp drüber. Frankfurt machte mehr, aber so richtig schweißinduzierend war es nicht, was Borussia hinten verhindern musste. 

Gerardo Seoane hatte in Frankfurt dieselbe Startelf aufs Feld geschickt, wie im Heimspiel gegen Bremen. Bemerkenswert an diesem Abend: Mit jedem Wechsel wurde Borussia ein bisschen schlechter. Nathan Ngoumou ging unter, wo Robin Hack die Frankfurter Hintermannschaft beschäftigt hatte. Christoph Kramer holte die Bälle nicht, die Rocco Reitz erobert hatte. Thomas Cvancara machte all das schlecht was (der gar nicht mal so starke) Alassane Plea gut gemacht hatte. Und am Ende kamen Friedrich und Chiarodia und damit nahm das Schicksal seinen Lauf.

An der Basis dessen, dass aus einem ordentlichen Spiel binnen weniger Minuten eine Vorweihnachtskatastrophe wurde, stand eine unglückliche aber berechtigte Gelb-Rote Karte. Maximilian Wöber, bis dahin ein Ruhepol in der Abwehr, hatte zwanzig Minuten vor Schluss etwas ungeschickt Marmoush gefoult und eine nicht zwingende, aber auch nicht völlig unberechtigte Verwarnung kassiert. Kurz vor Ende der regulären Spielzeit kam er gegen Chaibi einen Tick zu spät und trat ihm auf den Fuß. Erneut ein unabsichtliches Foul, aber korrekt sanktioniert. Wöber musste vom Platz und damit waren die defensive Ordnung und das Selbstvertrauen dahin. Zudem wurde die Nachspielzeit auf nahezu unglaubliche sieben Minuten ausgedehnt. Völlig ungedeckt stand Buta vor dem Ausgleich im Strafraum, Chiarodia schaute den Ball ins Tor statt hochzugehen. Das war der Tiefschlag und man ballte schon frustriert die Faust, doch wenn Borussia eins kann, dann einen so richtig fertig machen. Statt den Ball wegzubolzen, irgendwie vorne festzumachen, ließ man sich weiter einschnüren, statt Wöber führte das Chaos Regie im eigenen Strafraum und Chiarodia und der Frankfurter Koch entschieden die Partie gemeinsam für die Eintracht. 

Es war das siebte Spiel, in dem Borussia eine Führung nicht über die Zeit brachte. In mindestens sechs Spielen hat die Mannschaft Punkte verschenkt, nimmt man das verrückte Spiel in Darmstadt dazu, sogar in sieben. Wirklich souverän gewonnen wurden zwei (Wolfsburg, Bochum), dafür geriet man gegen Gegner unter die Räder, gegen die ansonsten fast jeder leichtes Spiel hatte. Positive Ansätze gab es in vielen Partien zu sehen, was dabei hinten rausgekommen ist, ist gerade wegen der immer wieder negativen Spielverläufe trotz aller Umbrecherei zu wenig. 35 Gegentore sind die Bilanz eines Abstiegskandidaten, hochgerechnet die eines Absteigers. Nur Darmstadt hat mehr kassiert. Dank der 31 geschossenen steht Borussia immer noch deutlich über dem Strich, und das obwohl selten alle Offensivkräfte fit waren und der zunächst so torgefährliche Tomas Cvancara nur noch ein Schatten seines Saisonstart-Ichs zu sein scheint. Immerhin: Mit Jordan kommt nach der Winterpause einer zurück, der dem Offensivspiel guttun könnte. 

Hinten aber droht weiteres Ungemach. Am 14. Januar ist der bärenstarke VfB Stuttgart Gegner der Borussia. Max Wöber wird nicht dabei sein, Ko Itakura weiterhin nicht.  Die Herren Virkus, Schmadtke und Seoane sollten wissen, was die Stunde geschlagen hat. 35 Gegentore sind ein Auftrag. Ansonsten bliebe es dabei, dass Borussia durch die Saison stolpert und am Ende hoffen muss, dass die mindere Qualität der Konkurrenz den Sturz ins Bodenlose verhindert. So jedenfalls geht es nicht weiter.