augsburg neu

Auf den ersten Blick, und, damit hier nicht künstlich Spannung erzeugt wird, auf den zweiten auch, da ist bisher wenig los auf dem Transfermarkt in diesem Winter. So richtige Knallertransfers hat es bisher nicht gegeben, und es scheint auch so, als würde sich das auch nicht großartig ändern. Immerhin: Die Tottenham Hotspurs haben sich einen Spieler des kommenden Gegners geschnappt, nämlich Japhet Tanganga. Den hatten sie allerdings vorher nach Augsburg ausgeliehen und er hat dort nicht eine Minute gespielt. Und so hat auch die Borussia keine echten Neuzugänge zu vermelden, allerdings wurde der bisherige Amateur Shio Fukuda zum Profi befördert. Der 19jährige soll zukünftig also mit den Profis trainieren; ist vermutlich aber vorerst weiter bei der U23 eingeplant. Platz für ihn auf dem Trainingsplatz schaffen immerhin zwei Abgänge. Nachdem sich die Leihen von Rocco Reitz in ein nahes Nachbarland als Erfolgsmodell erwiesen hat, versucht nun auch Jungstürmer Borges Sanchez in Nijmegen Spielpraxis zu sammeln, die ihm aber den Durchbruch bei der Borussia ermöglichen soll, denn er hat seinen bestehenden Kontrakt bis 2026 verlängert und kommt schon in einem halben Jahr zurück.

Borges Sanches spielt bis zum Sommer in den Niederlanden

Der zweite Abgang ist da schon namhafter, allerdings gibt es da ganz sicherlich kein Zurück mehr. Hannes Wolf verlässt die Borussia nach dreieinhalb Jahren, und man konnte ein kollektives Seufzen in der Fanschaft der Borussia wahrnehmen. Kein trauriges, weil Wolf “mit nur 24 Jahren schon fantastische Erfahrung auf Top-Niveau in Europa gesammelt” hat, wie der Sportdirektor des aufnehmenden Clubs New York City FC fabulierte. Sondern ein erleichtertes, dass eine sehr teure Liaison nun endlich ihr Ende findet.

Lässt sich zukünftig in den USA behandeln: Hannes Wolf

Um es gleich vorwegzuschicken, Hannes Wolf hat sich untadelig verhalten, hat sich auch verleihen lassen, und kann sicherlich nichts dafür, dass seine Ablöse eine Fantasiesumme war, die auf ein tölpelhaftes Geschäftsgebaren zurückzuführen war. Man kommt aber leider nicht umhin, die Umstände seiner Verpflichtung zu erwähnen. Hannes Wolf kam als erklärter Wunschspieler von Marco Rose in den Borussia-Park, ausgestattet mit einer Kaufverpflichtung bei einer nicht näher benannten Anzahl an Einsätzen. Diese Anzahl erreichte Wolf hauptsächlich als Einwechselspieler, der zumeist zwischen der 70. und 85. Minute den Rasen betrat, gerne auch mal noch später. Bei seinen wenigen Startelfeinsätzen konnte er eigentlich nur ein einziges Mal wirklich überzeugen, nämlich bei einem Heimspiel gegen das ausleihende Konstrukt. Anfang Februar 2021 konnte dann Marco Rose erfreut berichten, dass die Klausel nun gegriffen habe, und der bisher so wenig überzeugende Wolf nun ein “richtiger Borusse” sei, ausgestattet (das sagte er allerdings nicht) mit einem Gehalt, wie das ein Championsleague-Teilnehmer nun einmal potentiellen Stammspielern so zu zahlen pflegt; und eben mit einer Ablösesumme von irgendwas um die  10 Millionen Euro, die dann zur siebenstelligen Leihgebühr hinzukam. Wolf käme ihm ja viel zu schlecht weg und hätte sich sehr gut eingefunden und prima Fortschritte gemacht.

Und zwei Wochen später konnte Marco Rose außerdem berichten, dass er selbst bald ein falscher Borusse sein würde. Diese Gemengelage hat man Hannes Wolf als Rucksack aufgeladen und mitgegeben. Dass er danach bei keinem Trainer Fuß fassen konnte und seine Zeit sportlich äußerst unbefriedigend verlief, dass er angesichts der sehr guten Bezahlung aber trotzdem keinen Schritt woandershin wagte, wie gesagt, es ist ihm nicht vorzuwerfen. Deutlich mehr Schuld trägt aber da schon der damals für die sportlichen Geschicke Verantwortliche bei der Borussia. Dass Marco Rose in seiner offenkundigen Hybris besser wissen wollte als alle anderen, wie man so einen Kader gestalten sollte, geschenkt, aber musste man ihn an dieser Stelle wirklich gewähren lassen, bei diesen gravierenden finanziellen Konsequenzen und angesichts der Lage, in die sich Borussia gerade inmitten der Pandemie manövrierte? Diese Fehleinschätzung ist ein beeindruckendes Lowlight in den an Fehleinschätzungen nicht gerade armen letzten Monaten des Wirkens von Max Eberl bei Borussia Mönchengladbach.

Alle Beine sortiert, aber kein Fortune

Eben jener Eberl ist nun - Überraschung! - nachdem ihm das Leipziger Krokodil mit dem eigenen Knüppel unter den Vorhang geprügelt hat, im bayerischen Kasperletheater wieder aufgetaucht. Hans Meyer wusste einst von den Denkmälern zu berichten, die zügig errichtet aber genauso schnell auch angepinkelt würden. Hier jedoch ist jemand, und dass obwohl oder weil es nur für eine Plakette gereicht hat, höchstselbst mit sattem Strahl unterwegs. Man wünscht ihm dort an der Säbener Straße ein ähnlich gutes Händchen, wie er es bei seinen letzten Inthronisierungen und Entscheidungen an der Hennes-Weisweiler-Allee bewiesen hat. In das dortige Panoptikum der Entscheidungsträger passt er jedenfalls mittlerweile ganz hervorragend.

Kommen wir nun zum vorhandenen Personal bei der Borussia und überlegen, wie das beim Besuch der Augsburger im Park – das zweite späte Sonntagsspiel in Folge – aussehen könnte. Moritz Nicolas darf weiterhin das Tor hüten; mittlerweile ist man wirklich gespannt, ob Omlin ihn wirklich einfach so wieder wird verdrängen können, wenn er wieder spielfit ist. Mehr Fragezeichen gibt es da schon in der Innenverteidigung. Bleibt Coach Seoane bei der Viererkette, steht er vor der Wahl, ob der wieder spielbereite, zuletzt aber auch nicht durchgängig souverän agierende Wöber Friedrich verdrängt oder letzterer nach seinem doch ordentlichen Spiel am Sonntag eine weitere Chance erhält. Vor allem vor dem Hintergrund, dass Wöber mit einem Infekt beim Training fehlte, spricht viel für Friedrichs Einsatz. Das spielt aber natürlich zusammen mit den Überlegungen, wie man mit der Spielsperre für Weigl umgeht. Formieren Reitz und Koné eine Doppelsechs oder muss Kramer das Mikro gegen den Platz auf der 6 eintauschen? Denn Koné verletzte sich beim Training am Mittwoch an der Hüfte und droht auszufallen. Und wird Plea nach seiner Kapselverletzung rechtzeitig fit? So oder so, es wird interessant, ob Seoane noch einmal auf den offensichtlich transferwilligen Neuhaus setzt, der eine der vakanten Positionen übernehmen könnte, zum Beispiel in einem offensiver angelegten 4-2-3-1 mit Neuhaus z.B. auf der 10. Es wird darauf ankommen, ob man in Neuhaus noch das Potential sieht, dass er unbestreitbar einst zeigte: Das des Nationalspielers, der damals diesen Pass auf Hofmann in Mailand spielte. Der den Ball aus 20 Metern humorlos vorbei an Manuel Neuer, dem Grötaz von kickers Gnaden, in den oberen rechte Winkel des Tores wemmste. Wir stehen wohl gerade an der Weiche, an der sich entscheidet, ob dieser Weg im Trikot der Borussia weiterführt oder in den nächsten Tagen endet. Für ersteres muss er jetzt und in diesem Spiel quasi zwingend spielen. Funfact: Er würde dann bei einem Startelf-Einsatz die Borussia als Kapitän aufs Spielfeld führen.

Ein Neuhaus in glücklicheren Tagen

Dass Robin Hack erneut eine Chance erhält, kann man wohl so gut wie sicher annehmen. Ob im Verbund mit Plea oder Jordan wird sich zeigen. Letzterer ist ebenso wie der zuletzt verletzte Tomáš Čvančara (mehr Diakritika als durchschnittliche Trainingstage im Monat) zwar im Trainingsbetrieb, aber eigentlich wohl noch kein Kandidat für die Startelf. Auf jeden Fall gilt: Die Borussia  wird auf einen Gegner treffen, der insofern Waffengleichheit hergestellt hat, als dass der auf der sechs agierende Dorsch ebenfalls gelbgesperrt nicht mit in den Borussia-Park wird reisen können. Auch ohne Kartensperre wäre er aber wohl nicht aufgelaufen, weil er einen Eingriff an den Adduktoren hat vornehmen lassen. Das klingt übrigens irgendwie eklig. Am ehesten vertreten dürfte ihn Tim Breithaupt, der bei einem Testspiel gegen SSV Ulm am Sonntag über 90 Minuten zum Einsatz kam und einen Treffer zum 3:1 Sieg beisteuerte. Dieses Testspiel folgte auf die Bundesligapartie am Samstag, in der man sich des schönen Xavis Mannen letztendlich verdient aber erst spät mit 0:1 geschlagen geben musste. Einen derartigen Widerstand hatten Augsburg nicht viele zugetraut. Deren Saisonverlauf klingt auch sehr vertraut. Als Abstiegskandidat vieler gestartet, aber spätestens einen Trainerwechsel später sammeln sie dann doch wieder ihre Punkte und bleiben letztlich drin. Gerade zuhause, und auch am letzten Wochehende zeigte sich das Bild des schwer zu bespielenden FCs in der heimischen Fuggerstadt. Das war auch beim Hinspiel gegen die Borussia so, als in einem wilden 4:4 die Borussia eine Führung nicht über die Zeit brachte und hinterher noch einen eher glücklichen Punkt mitnahm.

4:4. Immerhin

Viele nicht über die Zeit gebrachte Führungen später trifft man aber nun im heimischen Borussia-Park auf die Augsburger und da sieht die Bilanz deutlich freundlicher aus. Der letzte Augsburger Sieg in Gladbach liegt fast acht Jahre zurück, und seitdem lautet die Bilanz 6 Heimsiege und 2 Unentschieden. Eine höchst erfreuliche Statistik. Eine weniger erfreuliche besagt, dass Borussia seit dem März 2022 nicht mehr zwei aufeinanderfolgende Bundesligaspiele in einer Saison gewonnen hat. Genau das würde aber am Sonntag passieren, wenn man die gute Heimbilanz gegen Augsburg mit einem weiteren Heimsieg ausbauen würde. Und das ja nichts in Stein gemeißelt ist, zeigte sich ja beim letzten Sonntagabendspiel, als man zum x-ten Male nach einer Führung wackelte und dann aber einfach mal keinen Ausgleichstreffer mehr kassierte. Einfach mal machen, Borussia.

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Der Seitenwahl-Tipp:

Michael Oehm: Alles neu macht nicht der Mai, sondern der Januar. Borussia gewinnt schon wieder 3-1. Und Jordans Frühling beginnt schon im Winter.

Christian Spoo: Die Mannschaft kann jetzt eine Führung über die Zeit retten. Kann sie auch zweimal in Folge gewinnen? Kann sie. Knapp aber wichtig, 2:1 für Borussia.

Claus-Dieter Mayer: Immer wenn Borussia einen richtigen Schritt nach vorn machen kann, misslingt genau das: So auch beim nicht sehr ansehnlichen 1:1 gegen den FC Augsburg.

Michael Heinen: Zuhause ist Borussia inzwischen wieder eine Macht und besiegt auch Augsburg mit 3:2.

Thomas Häcki: Wann gab es zuletzt 2 Bundesligasiege in Folge? Solange diese Frage nicht beantwortet wurde, bleibt es bei einem zähen 2:2