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Lange Zeit sah es so aus, als werde das Spiel gegen den VfB Stuttgart den aus der laufenden Saison gewohnten Verlauf nehmen. Borussia schickte sich an, erneut eine Führung aus der Hand zu geben. Noch in der 75. Minute hätten vermutlich viele Fans keinen Euro darauf gewettet, das ihre Mannschaft den Platz als Siegerin verlassen würde. Diesmal aber lief es anders, Borussia schaffte es, mit Leidenschaft, der zweiten Luft und etwas Glück, den Tabellendritten der Bundesliga zu schlagen. Verdient oder nicht sollte nicht die Frage sein. Die drei Punkte aus diesem Spiel sind in vieler Hinsicht sehr wertvoll. Zum einen geben sie Borussia die Gelegenheit, vor den eher schlecht gewinnbaren Auswärtsspielen in Leverkusen und München ein einigermaßen komfortables Punktepolster aufzubauen, um nach den zu erwartenden Niederlagen – auch nach Leipzig muss man im Februar noch – nicht in ernsthafte Abstiegsgefahr zu geraten. Zum anderen ist es dem Selbstverständnis der Mannschaft sicher zuträglich, zu wissen, dass man eben doch eine Führung über die Zeit bringen und ein nominelles Top-Team schlagen kann.

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Enorm hilfreich dabei, den Sonntagabend letzten Endes zu einem erfreulichen zu machen, war der Blitzstart mit dem 1:0 durch Robin Hack in der 21. Sekunde. Balleroberung, Weiterleitung, Vorlage durch Rocco Reitz und Abschluss durch Hack waren sehenswert und stellten die Weichen für eine ansprechende Anfangsphase. Borussia stand relativ tief, verlegte sich auf schnelle Gegenangriffe. Alassane Plea verteilte dabei die Bälle bevorzugt auf die Flügel, wo er Hack, Honorat und Netz einzusetzen verstand. Das zweite Tor der Borussia nach 19 Minuten war allerdings die Folge des schlampigen Stuttgarter Spielaufbaus, Plea setzte erneut Hack hervorragend ein und der vollstreckte kühl. Auf den Tribünen fabulierten daraufhin die meisten schon vom erofften „Hack-Trick“, die nächste Großchance hatte allerdings Netz, der den Ball nicht insselbe brachte. Danach war es vorbei mit der Borussen-Herrlichkeit. Und so schien alles seinen gewohnten Lauf zu nehmen. Borussia zog sich zurück, Stuttgart war im Vorwärtsgang und beschäftigte die Defensive schon zum Ende der ersten Hälfte stark. Zweimal hatte Undav den Anschlusstreffer auf dem Fuß, beide Male war es großes Glück, dass der Alleinunterhalter im Stuttgarter Angriff nicht sein zehntes Saisontor erzielte.

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Nach der Pause wurde Stuttgart noch stärker, Borussia kam kaum mehr aus der eigenen Hälfte. Die logische Folge war das 1:2 durch Vagnoman. In diesem Fall hatte die Borussendefensive Pech. Von Undavs Gesäß sprang der Ball zu Leveling, der Vagnoman bediente. Netz und Hack konnten nicht eingreifen und der Schuss des Nationalspielers von der Strafraumgrenze geriet perfekt. Nicolas konnte nichts machen. „Und kläglich grüßt das Murmelteam“ – dieser Titel hätte über diesem Text geprangt, wenn alles seinen gewohnten Gang gegangen wäre. „Punkt nähme ich mit“ sagte zu diesem Zeitpunkt der Sitznachbar und erntete Zustimmung rundherum. Das Anschlusstor änderte im Grunde nicht viel, Stuttgart drängte weiter, Gladbach verteidigte so gut es ging. Der Spielaufbau endete weiterhin spätestens in Höhe der Mittellinie. In dieser Phase wirkte Borussia ideenlos, stand hinten aber recht stabil. Der VfB war aus seiner Sicht zu wenig effizient, eine große Möglichkeit zu einer Möglichkeit nahm sich Undav durch unsaubere Ballannahme selbst.

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Und dann geschah das, womit viele nicht mehr gerechnet hatten: Borussia wachte wieder auf, Borussia erkannte, dass das Powerplay des Gegners Raum zum Kontern eröffnete. Die Einwechslung von Jordan für den verletzten Plea und von Ngoumou für Honorat zahlte sich aus. Dank Jordan ging in der Mitte nicht mehr jeder Ball verloren, war eine Anspielstation da. Und dank Ngoumou war auch auf dem rechten Flügel wieder etwas Alarm. Die erste Chance hatte Jordan, die zweite Hack, bei dessen Sturmlauf auf das Tor von Nübel das Publikum in Erwartung des dritten Treffes schon fast geschlossen aufgestanden war. Während die Stuttgarter Versuche zunehmend verzweifelt wirkten, machte Borussia das entscheidende Tor. Koné ging auf rechts durch, sein Abschluss ging ans Lattenkreuz, den Abpraller konnte Jordan geistesgegenwärtig verwerten und der Borussia-Park erlebte einen dieser Momente. Ein Tor, bei dem alle wissen: Das war’s jetzt. Rund 50.000 Steine die von rund 50.000 Herzen fallen. Eine Situation, bei der man weiß, warum es trotz Schnee und knapp über 0 Grad im Borussia-Park am Ende doch schöner sein kann, als es vor der Glotze jemals möglich wäre.

Unter dem Strich steht ein Sieg, den man ob der Spielanteile und eines über mehr als die Hälfe des Spiels doch etwas dürftigen Auftritts der Mannschaft als glücklich bezeichnen muss, den sich das Team aber durch seinen Einsatz und die Entdeckung des Durchhaltevermögens dann doch verdient hat. Über einen Punktverlust, eine erneute Niederlage gar, hätte Borussia sich nicht beschweren dürfen, es kam aber anders und das ist mehr als erfreulich.