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Über das, was das Derby bedeutet - für Fans aller Kategorien, für Polizei, Verkehrsbetriebe und das Image der Clubs - ist mehr als ausreichend gesprochen und geschrieben worden. Vergessen wir nicht: aus sportlicher Sicht ist die Begegnung zwischen dem 1.FC Köln und Borussia Mönchengladbach für beide Mannschaften wegweisend. Wer verliert, muss sich eingestehen, dass er wieder im Abstiegskampf steckt. Für Borussia gilt: bei einem Sieg dürfte sich das Thema vermutlich erledigt haben. Nun waren es in dieser Saison oftmals gerade die mit mehr oder weniger Berechtigung als „Sechs-Punkte-Spiele“ bezeichneten Partien, in denen Borussia im Ergebnis einiges schuldig blieb. Bochum, Freiburg – und jetzt Köln?

 

 

Borussia

 

Die Leistung der vergangenen beiden Spiele macht wenig Hoffnung darauf, dass das Team die wichtige und sicher alles andere als einfache Aufgabe in Müngersdorf meistern wird. Gegen Dortmund unterirdisch, gegen Wolfsburg zeitweise ein bisschen besser, aber keinesfalls gut, wird am Freitag Abend von allen Mannschaftsteilen mehr kommen müssen, um nicht die latent zu spürende Sorge im und um den Verein in extreme Beunruhigung zu verwandeln.

 

Sieben Gegentore in zwei Spielen, für einen Torwart ist das immer eine schlechte Bilanz, ganz egal, ob nun persönliche Patzer zu verzeichnen waren, oder nicht. Im Fall Logan Bailly sei dem Keeper bescheinigt, dass er in keinem Fall einen richtigen Bock geschossen hat, dass aber auch zumindest zwei der sieben Bälle nicht unhaltbar wirkten und dass er seine Vorderleute mit wenig überlegten Abwehrversuchen gelegentlich schwer in die Bredouille gebracht hat. Bailly und Borussia ist zu wünschen, dass sich der Torwart allmählich wieder seiner Form aus der Rückrunde der vergangenen Saison nähert.

 

Die Innenverteidigung war zuletzt nicht besser, aber wie im Fall Bailly drängt sich auch bei Roel Brouwers und Dante niemand auf, der sie höherwertig ersetzen könnte. Wie im Fall Bailly sollte man darauf vertrauen, dass sie besser spielen können als zuletzt und das auch wieder tun werden. Möglichst jetzt.

 

Tobias Levels ist der einzige Spieler, wirklich der einzige, den man nach dem Wolfsburg-Spiel von allen Vorwürfen reinwaschen muss. Auch er hat nicht fehlerlos gespielt, aber er hat den Kampf angenommen, gerackert, er war der gefühlte Kapitän, hat das Spiel seiner Mannschaft zu lenken versucht und gleich zwei hochkarätige Chancen herausgearbeitet. Das geflügelte Wort auf den Rängen: „mit elf Tobias Levels wirst du womöglich nie Deutscher Meister – aber du steigst auch nie ab“, möchte man genau so unterschreiben.

 

Ähnliches kann man zu Filip Daems im Moment nicht sagen. Der eigentliche Kapitän mühte sich gegen Wolfsburg redlich, etwas für die Offensive zu tun, wurde dabei aber immer wieder, und nicht zum ersten Mal, durch die Tatsache gebremst, dass das Zusammenspiel suboptimal funktioniert. Mit seinem Vordermann Juan Arango ohnehin, aber auch sonst wurde der Belgier mehrfach von seinen Kollegen ignoriert oder übersehen, wenn er sich auf links nach vorne aufzumachen anbot. Nach hinten fehlt Daems gelegentlich die Sicherheit und Abgeklärtheit, die man von ihm erwarten darf.

Nun rufen viele nach Jean-Sebastien Jaurès. Dessen Auftritte in der Hinrunde sollten aber bei aller Kritik an Daems nicht verklärt werden. Auch Jaurès hat Wackler nach hinten, auch Jaurès hat die Neigung zur Zweikampfverweigerung. Nach vorne macht der Franzose mit Sicherheit weniger Fehler, was aber nicht zuletzt daran liegt, dass er nach vorne überhaupt nichts macht. Allein die – auch seiner konsequenten Defensivhaltung geschuldete – bessere Kooperation mit Juan Arango spräche womöglich für einen Tausch. Viel gewonnen dürfte damit aber nicht sein.

 

Das ist auf den Positionen vor der Abwehr anders. In Ermangelung eines zentralen offensiven Mittelfeldspielers kommt den beiden Akteuren auf der „Doppelsechs“ im Borussenspiel eine extrem wichtige Rolle zu, die weder Michael Bradley noch Marcel Meeuwis in den vergangenen Spielen ansatzweise auszufüllen vermochten. Stimmt beim Meeuwis zumindest das Engagement, lässt Michael Bradley es derzeit an fast allem vermissen, was ihn in vielen Spielen zuvor ausgezeichnet hat. Ob es daran liegt, dass beide nicht miteinander „können“, ist schwer zu sagen. Die Rollenverteilung scheint auf jeden Fall optimierbar. Mit Marx/Bradley lief es besser, so ist die Hoffnung auf eine Rückkehr des Mannes mit dem reizbaren Schambein verbunden mit der Hoffnung auf die Rückkehr von Struktur ins Gladbacher Spiel. Sollte es für Marx nicht reichen, sollte Michael Frontzeck über Alternativen nachdenken. Daran zu glauben, dass es beim sechsten gemeinsamen Auftritt nun endlich gut werden wird, mit dem Niederländisch-US-Amerikanischen Duo, fällt schwer.

 

Auch die offensiven Mittelfeldspieler überzeugten weder in Dortmund noch gegen Wolfsburg. Mit Juan Arango und Marco Reus ist es aber, wie mit den Kollegen in der Abwehr: es gibt keine Alternativen, bei denen es zumindest wahrscheinlich ist, dass sie es besser machen.  Mit Karim Matmour fällt zudem die einzig ernsthaft denkbare Variante vermutlich verletzt aus. Für Patrick Hermann dürfte ein Startelfeinsatz gerade in diesem Spiel noch zu früh kommen.
 

 

Im Sturm hat der Trainer im Moment die Wahl zwischen Pest und Cholera. Keinesfalls sollen damit die Stürmer grundsätzlich herabgewürdigt werden. Die abgegriffene Analogie sei erlaubt, weil die Stürmer derzeit alle „die Seuche“ haben. Bobadilla trifft nicht, Colautti trifft nicht, Friend trifft nicht, Matmour trifft sowieso nicht und ist zudem angeschlagen. Es scheint fast egal, wer da am Freitag mit wem agiert, es muss – um noch einmal in die Mottenkiste der Fußballphrasen zu greifen – bei mindestens einem der Knoten platzen. Roberto Colautti durfte am vergangenen Samstag schon zur Halbzeit duschen gehen. Diese für Michael Frontzeck eher ungewöhnliche Maßnahme dürfte ein Fingerzeig sein, dass Rob Friend in Köln den Vorzug vor dem Israeli bekommt. Friend selbst war in den zweiten 45 Minuten engagiert, aber glücklos. Seine Abschlussversuche mit dem Kopf waren eher niedlich. Raul Bobadilla wird trotz zuletzt wenig ansprechender Leistung vermutlich wieder auflaufen dürfen. Dass man  mit ihm Geduld haben muss und bereit ist, sie aufzubringen, haben Max Eberl und Michael Frontzeck oft genug betont. Vermutlich ist das richtig und gut so. Dass Bobadilla gegen Wolfsburg das Feld für Oliver Neuville räumen musste, sollte ihm Denkzettel genug sein.

 

1.FC Köln

 

Dass der 1.FC Köln nach 26 Spielen einen Tabellenplatz hinter Borussia steht und drei Punkte weniger auf dem Konto hat, ist nichts, was man vor der Saison hätte erwarten müssen. Auf dem Papier ist der FC keinesfalls schlechter besetzt, eher im Gegenteil. Was man zudem unabhängig von Tabellenstand und Punkteausbeute konstatieren kann: in der Mannschaft der Kölner stimmt etwas nicht. Die Mannschaft spielt keinen schönen, keinen engagierten und zumindest häufiger auch keinen effektiven Fußball.

 

Festgemacht wird das in Köln an Individuen, eher selten am Kollektiv. Poldi ist schuld, Nova ist schuld, Maniche ist schuld – im Zuweisen von Verantwortung sind zumindest die den FC begleitenden Medien schnell bei der Hand. Woran es aber liegt, dass die genannten häufig nicht in der Lage waren, die ihnen zugedachte Rolle auszufüllen, ist bisher nicht hinreichend erklärt.

 

Ist es Selbstzufriedenheit angesichts dem Vernehmen nach erstaunlich dotierter Verträge? Sind es Hackordnungs-Probleme? Oder sind die Gründe im Umfeld zu suchen? Darüber rätselt derzeit ganz Köln, so darf man sich als Fan der Konkurrenz mit der Erkenntnis begnügen, dass beim Gegner etwas im Argen liegt. Man darf sich aber nicht darauf verlassen, dass sich das am Freitag in für Borussia wünschenswerter Art und Weise auswirkt.

 

Dass der 1.FC Köln auch anders kann, hat die Mannschaft in den vergangenen Wochen durchaus angedeutet. Bei den Unentschieden gegen die Spitzenteams aus Leverkusen und München hatte das Team durchaus den Biss, dessen Fehlen Lukas Podolski völlig zurecht nach der Niederlage in Mainz am vergangenen Samstag beklagte. In jenem Spiel zeigte der FC wieder sein anderes, man möchte fast sagen gewohntes, Gesicht. Gegen zehn Mainzer gelang nicht nur nichts, es wurde auch fast nichts versucht. Trainer Zvonimir Soldo sprach den Fans aus der Seele, als er konstatierte, man dürfe ein Spiel ruhig verlieren, aber nicht in dieser Art und Weise. Bitter nur, dass der Trainer genau diesen Satz in der laufenden Saison schon deutlich mehr als einmal zum Besten gegeben hatte.

 

Allein darauf zu setzen, dass die Soldo’sche Gebetsmühle auch am Freitag Abend in Betrieb bleiben muss, ist aber aus Gladbacher Sicht erheblich zu wenig. Der 1.FC Köln hat eine Mannschaft, die zu unterschätzen man sich nicht leisten sollte. Außerdem ist mit Petit ein Leistungsträger, der diese Bezeichnung meist auch verdient, am Freitag wieder dabei.

 

Keeper Faryd Mondragon war zuletzt so etwas wie der Tobias Levels von Köln: der einzige Spieler seiner Mannschaft, der die Leistung brachte, die man von ihm erwartet oder gar noch ein bisschen mehr. An Mondragon sind, seit er in Köln spielt, schon diverse Borussen verzweifelt. Gerade angesichts der schon erwähnten Treffunsicherheit der Gladbacher Stürmer in diesen Tagen besteht durchaus Anlass zum Pessimismus, wenn es um die Frage geht, wie viele Dinger man dem FC wohl wird einschenken können.

 

Für die Kölner Innenverteidigung gilt das gleiche, wie für die der Borussia. Geromel und Mohamad mögen zuletzt nicht immer sicher gewesen sein, sie haben aber vielfach bewiesen, es zu können. Außenverteidiger Miso Brecko ist mäßig aber konstant und kann rechts wie links spielen. Nachdem Pierre Womé seinen Platz auf der linken Seite verloren hat und bei Trainer Soldo in Ungnade gefallen zu sein scheint, ist Brecko so etwas wie die Stammbesetzung auf dieser Position. Gerade deswegen schmerzt den FC der verletzungsbedingte Ausfall von Rechtsverteidiger Christopher Schorch. Kevin McKenna, von Haus aus kein Außenverteidiger, vertrat ihn gegen Bayern ordentlich, gegen Mainz unordentlich.

 

Im defensiven Mittelfeld kehrt Petit nach Gelbsperre zurück, was für den FC eine gute, für Borussia eine weniger gute Nachricht ist. Der Portugiese ist in der Lage, das Spiel lagegemäß zu beruhigen oder anzutreiben. Ohne ihn fehlt dem Team meist jede Struktur. Sollte Zvonimir Soldo der Mannschaft eine eher defensive Ausrichtung verpassen wollen, könnte der vermutlich genesene Kevin Pezzoni an der Seite Petits spielen.

 

Petits Landsmann Maniche hat sich mit seinem Auftritt in Mainz aus der Mannschaft gespielt, ihn könnte der offensiver orientierte Zoran Tosic vertreten. Der Winterpausen-Neuzugang hat in Köln bisher noch nicht überzeugt, war zuletzt nurmehr Einwechselspieler und wird auf die Chance brennen, sich im Derby zu beweisen.


Um die weiteren Plätze im Mittelfeld konkurrieren der junge Adam Matuschyk,  Fabrice Ehret, der in der Hinrunde noch meist als Verteidiger aufgeboten und Sebastian Freis, dessen Position ähnlich wie bei Lukas Podolski irgendwo zwischen Mittelfeld und Sturm liegt. Adil Chihi, der sich zu Beginn der Rückrunde einen Stammplatz erkämpft hatte, fällt bis auf weiteres verletzt aus.

 

Vorne tummeln sich trotz der zuletzt herben Kritik mit Milivoje Novakovic und Podolski vermutlich auch am Freitag die nominellen Stars des Teams, die in der Saison bis dato eher als Problemkinder in Erscheinung getreten sind. Podolski zumindest ist der Wille nicht abzusprechen, seine Mitspieler mitzureißen gelingt dem Nationalspieler aber kaum. Übermäßiges Glück kann man ihm auch nicht attestieren. Bei Novakovic ist es eher der Wille, den viele Beobachter nicht ausmachen können. Der Slowene spielte bisweilen lustlos, nicht nur einmal wurde ihm vorgeworfen, die Leistung willentlich zu verweigern. Trotzdem scheint er auch am Freitag für die Startformation gesetzt zu sein. Möge das Derbyfieber ihn nicht dergestalt anstecken, dass seine Leidenschaft geweckt wird.


Voraussichtliche Aufstellungen


1.FC Köln: Mondragon – McKenna, Geromel, Mohamad, Brecko – Petit, Pezzoni – Matuschyk, Tosic -Novakovic, Podolski


Borussia: Bailly – Levels, Brouwers, Dante, Daems – Marx, Bradley – Reus, Arango – Bobadilla, Friend


SEITENWAHL-Prognose


Christoph Clausen: Im Duell der bemühten Nervenbündel siegt der Glücklichere. Wer das sein wird, ist reine Kaffeesatzleserei. Aber da die Kölner zur Zeit auch nicht souveräner auftreten, spricht nichts dagegen, auf einen 1:0-Auswärtssieg zu setzen.

 

Thomas Häcki: Angesichts der letzten Leistungen wäre ein Punkt in Köln schon ein Fortschritt. Da auch die Kölner bei einer Niederlage in akute Abstiegsgefahr geraten würden, heißt die Devise beim 1:1: "Besser als nix!".

 

Christian Heimanns: Eine Schande, wenn die eigene Lage so aussieht, dass man sich nicht mal mehr am Elend anderer freuen kann. Selbst wenn die Vorfreude auf den 21. Sieg in Köln die einzige bleiben wird, tippe ich ein 2:1 für uns. Besser als gar keine Freude.

 

Michael Heinen: Rechtzeitig zum Derby hat sich Borussia wieder außer Form gebracht. Zwar geht es den Kölnern nicht viel besser, dennoch werden diese am Ende mit 2:1 siegreich bleiben.

 

Mike Lukanz: Nüchtern betrachtet braucht Borussia noch fünf bis sechs Punkte, um durch zu sein. Diese sechs Zähler waren in den Heimspielen gegen Bochum und Freiburg auch eingeplant. Die Saison hat jedoch auch gezeigt, dass Siege auch dann möglich sind und realisiert werden, wenn sie niemand erwartet (in Hamburg, gegen Schalke). Insofern sollten die zwei Siege in den letzten acht Spielen noch eingefahren werden. In Köln wird es noch nicht reichen. 1:1.


Christian Spoo: Die Borussen wissen, worum es geht, der FC hat eine inhomogene seelenlose Truppe. So einfach ist das? Natürlich nicht. Borussia hat eine schwarze Serie, der FC zuletzt gegen Bayern und Bayer gezeigt, dass sie in wichtigen Spielen dann doch da sind. So einfach ist das? Auch nicht. Ich erwarte ein unschönes Fußballspiel zweier Mannschaften, die vor allem nicht verlieren wollen. Am Ende entscheidet die mangelhafte Chancenverwertung Borussias das Spiel mit 2:1 zugunsten des 1.FC Köln.