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tsghoffenheimAls es abwärts ging mit Borussia, war die typische und unvermeidliche Tabellenletzten-Lyrik wieder zu vernehmen. "Eine Serie" müsse man jetzt schaffen, gelegentlich auch "eine kleine Serie", was ja leichter ist als gleich eine ganze Serie. Als ob Mannschaften sich planvoll nach unten arbeiten, um dann gleichsam aus dem Hinterhalt einen Gegner nach dem anderen wegzuräumen. In der Praxis pflegen Tabellenletzte so etwas nicht zu tun und darum blüht dem gegenwärtigen Inhaber dieser Position das gleiche Schicksal wie so vielen seiner Vorgänger. Nämlich der Abstieg und die damit verbundene ferne Hoffnung auf große Serien in kleinerer Liga.


Lucien Favre gilt als ein Trainer, der mit genügend Zeit fußballerisch starke Mannschaften aufbauen kann. Beim letzten Spieltag in Wolfsburg konnte er die Schattenseite seines neuen Teams bestaunen und zur Kenntnis nehmen, womit er etwas aufbauen soll. Und er bekam einen tieferen Einblick in die Gefühlswelt seines Vorgängers, denn genauso wie unter Michael Frontzeck in zu vielen Spielen präsentierte sich die Borussia. Ungemein zweikampfschwach, leblos, auch nach dem 2:0 für Wolfsburg apathisch und erst in den letzten Minuten noch einmal mit einem Sturmlauf für Ausdauerschwache. Selbst höchst durchschnittliche Niedersachsen sahen an diesem Tag mindestens eine Klasse besser aus.


Unter anderen Umständen, nämlich wenn man es nicht schon so oft hätte mitbegruseln müssen, wäre das kollektiv schlechte Niveau ohne Ausreisser nach oben bemerkenswert gewesen. Kein Reus, Dante oder Stranzl konnte sich positiv abheben, alle zarten Ansätze der Hoffnung aus dem Spiel gegen Schalke waren wie weggewischt. 10 Spieltage vor Schluss befindet sich Borussia Mönchengladbach sechs Punkte hinter einem Nichtabstiegsplatz, mit doppelt so viel Gegentreffern wie viele Ligakonkurrenten und vier mal so vielen wie der Tabellenführer. Natürlich ist so weit vor dem Saisonende noch nichts endgültig verloren, außer den Nerven derer, die den Sonderzug auf der Heimfahrt demolierten, und es stehen auch noch einige gewinnbare Spiele bevor. Aber zu oft war die Mannschaft jetzt schon in der Situation, einen Abstiegsmitbewerber oder eine Mannschaft in der Krise vor der Flinte zu haben, und trotzdem gingen die Spiele gegen Stuttgart, St. Pauli oder Wolfsburg verloren. Da fällt es trotz neuem Trainer schwer, sich noch ein wenig Hoffnung auf den Klassenerhalt zu bewahren.


Stattdessen darf man langsam damit beginnen, sich Gedanken darüber zu machen, wie das Team im nächsten Jahr aussehen soll oder wird. Wieder einmal werden die besten Spieler verloren gehen, wieder einmal wird es Jahre dauern, Leute von echter Klasse im Borussiapark zu sehen, dieses Mal wird werden die Verkäufe aber voraussichtlich keine zweistelligen Millionenbeträge in die Kasse spülen, mit denen zweitligataugliche Substanz erworben werden könnte. Und diese Aussichten könnten Umwälzungen in der Vereinsführung noch beschleunigen.


Am Samstag wird sich wohl größtenteils die Mannschaft versuchen dürfen, die auch in Wolfsburg nicht gespielt hat. Vielleicht wird Bailly verletzungsbedingt Heimeroth weichen müssen, im Sturm konnte Hanke sich nicht als Alternative zu Reus oder Idrissou aufdrängen. Für die stets wechselmöglichen Außenverteidiger gibt es keine Alternativen, an Stelle von Neustädter könnte man langsam auch Fink ausprobieren.


Der Gegner aus Sinsheim


Im Nordbadischen ist die Zeit des niedlichen, beständig aufbauenden Kleinclubs Vergangenheit. Es war schon länger von Mäzen Dietmar Hopp zu vernehmen gewesen, dass die Ausgaben nicht mehr endlos so weiter gehen könnten. Nach der von ihm provozierten Kündigung von Rangnick gab er zu Protokoll, er habe dem Verein 240 Millionen Euro zukommen lassen, was die Frage aufwirft, ob man noch von einem Milliardär sprechen darf. Nur zu verständlich, dass er jetzt Taschengeldkürzungen im Sinn hat, andererseits wird der ohnehin fragwürdige Sinn des ganzen Unternehmens "Mein Dorf soll Bundesliga werden" noch zweifelhafter. So wie seine Rolle als geschäftsführender Goldesel, die zum ersten Mal von der DFL unter die Lupe genommen wurde. Wenig überraschend ohne Ergebnis, aber es ist deutlich, dass sich auch in der offiziellen Sicht etwas geändert hat.


Das Image des sympathischen Kleinclubs ist endgültig weg, war zuvor auch schon durch Mainz oder die alternativen Kommerzkünstler aus St. Pauli unterminiert. Die überraschenden Erfolge der ersten Spielzeit und die stürmische Spielweise sind so weg wie ihr Erschaffer und manche der Fans mögen sich überlegen, lieber wieder wie früher Spiele des FC Bayern zu sehen. Nach der Einsicht, dass Bundesligafußball mehr Geld kostet als geahnt, steht Dietmar Hopp nun die Erkenntnis bevor, dass schneller Erfolg sehr flüchtig ist. Und dass es noch mehr Geld erfordert, auch nur eine Mittelfeldposition länger zu halten. Wie er und in der Folge sein Verein das verkraften, ist noch nicht abzusehen.


An den unkonstanten Leistungen seines Teams ändert sich wenig. Der neue Trainer Marco Pezzaiuoli gehört wie sein Vorgänger zu dem neuen Trainertypus, der ohne großen Namen aus aktiver Profizeit daherkommt, dafür mit aktuellen Taktikformen und Athletiktraining groß geworden ist und die die modernen Aufstellungen erst einmal gefahrlos in den Jugendabteilungen ausprobieren konnten. Ob der namhafte Jugendtrainer Pezzaiuoli sich bei den Profis durchsetzen kann, wird die Praxis bald zeigen.


Sein Team scheint wenig entschlossen, ihm die Arbeit zu erleichtern. Nach den ersten Unentschieden in der Rückrunde gab es erst Siege in Schalke und gegen Kaiserslautern, dann eine Klatsche in München und eine Heimniederlage gegen Mainz. Im defensiven Mittelfeld ist der Abgang von Luiz Gustavo so schnell nicht zu ersetzen, in der Offensive wurde nach dem Theater um Demba Ba der ausgewiesene Flügelstürmer Ryan Babel als Neuzugang präsentiert. Es dauerte nicht lange, bis der hochtalentierte Dribbelkünstler seine Fähigkeiten demonstrierte. Sowohl jene, über seinen Flügel völlige Konfusion in die gegnerische Abwehr zu tragen und sie im Konter um sich selbst zu drehen, als auch die Fähigkeit zum geradezu Robbenhaften Egoismus im Abschluss. Auf diese Weise ist er noch nicht die Verstärkung im Vergleich zu Ba, die er dennoch mit Sicherheit sein kann.


Aufstellungen


Borussia:

Bailly; Levels, Dante, Stranzl, Daems; Herrmann, Nordtveit, Neustädter, Arango; Reus, idrissou


Hoffenheim:

Starke; Beck, Vorsah, Compper, Ibertsberger; Rudy, Alaba, Vukcevic, Sigurdsson; Ibisevic, Babel


SEITENWAHL-Meinung


Christoph Clausen: Wenn die Herren heuer mal wieder richtig Lust und Nervenstärke haben sollten, müsste ein Sieg gegen die Fünfzigpluseinsregelzurfarcemacher durchaus nicht absurd sein. Wahrscheinlich aber reichen Konzentration und Engagement eher zu einem 1:1.


Michael Heinen: Zuhause ist Borussia bekanntlich eine Macht. Deshalb steht einem 2:1 gegen Hoffenheim so gut wie nichts im Wege.


Christian Spoo:
Sie wollen uns quälen. Immer, wenn man sich als Borussenfan gerade mit dem Abstieg abzufinden beginnt, hauen sie wieder einen raus. So wie am Samstag. Nach dem durchaus überzeugenden 3:1-Sieg gegen Hoffenheim gehen wir voller Hoffen heim. Um dann eine Woche später in Bremen wieder bitter enttäuscht zu werden.


Thomas Häcki: Natürlich stirbt die Hoffnung zuletzt. Und deshalb gewinnt die Borussia nach ansprechender Leistung mit 2:1. Schließlich kann man dann den Abstand verkürzen und hat danach in Bremen ein 6-Punkte-Spiel. Dejà-vu nicht ausgeschlossen


Christian Heimanns: Gute Voraussetzungen für ein schlechtes Spiel. Beste Voraussetzungen für ein Gegurke, in dem Hoffenheim am Ende 2:1 gewinnt.