Warnung
  • JUser: :_load: Fehler beim Laden des Benutzers mit der ID: 82

Die puren Zahlen des Ereignisses lassen die Berichterstatter in Statistiken schwelgen. Der erste Sieg von Borussia Mönchengladbach bei den Bayern seit 16 bayernJahren. Der zweite dort überhaupt in 48 Spielen und ca. 700 Saisons. Manch einer sprach von einer Blamage der Bayern, ganz als wären die Borussen doch noch abgestiegen und mindestens eine Klasse unter den Bayern. Das illustriert zum einen den leicht hirnlosen Dauerhype, der um die ständige Sensation Bayern München getrieben wird, und zum anderen, dass der Traditionsverein Borussia Mönchengladbach seit zig Jahren aus Tradition nicht viel gerissen hat.


Darum suchen sich die Gladbacher Anhänger andere Zahlen zum dran erfreuen. So ist der Sieg in Bayern der siebte Sieg mit Favre in 13 regulären Bundesligaspielen, oder der achte in 15 Spielen unter Einschluss der Relegation. Darunter Siege gegen Dortmund und jetzt Bayern, nur vier Niederlagen und 100 % aller Spiele gegen Köln gewonnen. Darauf lässt sich doch wirklich aufbauen.


Also schauen wir einmal im Lichte des ersten Saisonspiels, was man Mannschaft und Trainer von Borussia Mönchengladbach zutrauen kann. Auffällig ist, dass es sich um das gleiche Team wie in der letzten Rückrunde handelt, Neuzugänge sitzen höchstens auf der Bank. Die Stärke dieser Mannschaft liegt in der organisierten Defensive. Schwächere Gegner als die Bayern haben Mühe, richtig zur Entfaltung zu kommen; Kaliber wie die Münchner müssen ihre Chancen schon besser nutzen, wenn sie was holen wollen. Zumal die Bälle dann auf der Torlinie von einem 19jährigen in Empfang genommen werden, der vorsichtig geschätzt in die obere Hälfte der Bundesligakeeper zu gehören scheint.


Wie Favre das Team so eingestellt hat und in welcher Größenordnung die Verbesserung der letztjährigen Schiessbude liegt, rangiert weiter zwischen einem kleinen Wunder und einem großen Rätsel. Wo bis zu Favres Antritt sich ein Schnitt von 3 Gegentoren pro Spiel eingestellt hatte, gab es seit seinem ersten Spiel gegen Schalke überhaupt nur einmal mehr als ein Gegentor. Dabei wirken die personellen Veränderungen moderat, Stranzl z.B. war in München nicht mal vertreten. Und der Einsatz der einzelnen Spieler hat auch unter Frontzeck meist gestimmt; dennoch wirkt jetzt alles viel gezielter und abgestimmter. Etwa wie zu Favres Berliner Zeiten, die auch viele knappe Siege brachten, die dort meist aber recht klar erspielt worden waren.


Damit hat er bei der Borussia noch ein wenig Arbeit. Ein richtig typisches Favrespiel gab es erst einmal bei der Borussia zu sehen und das war weder gegen Bayern noch der Torhagel gegen Köln sondern der souveräne und ungefährdete 1:0 Sieg in Hannover. In vielen anderen Spielen gab es nach der Balleroberung schnell Grund dazu, den Ball wieder erobern zu müssen, weil er ziemlich schnell wieder weg war. Vor allem die Zentrale mit Neustädter und Nordtveit setzt sich damit nach wie vor in Szene, was in der Sommerpause auch die Erwartung von Neueinkäufen für die Position geweckt hatte. Es sieht danach aus, als wären die Limits der Mannschaft dadurch gesetzt, was in der Offensive möglich ist, dazu sind aber noch ein paar Dinge im Auge zu behalten.


Personell wird vorne möglicherweise nicht alles gleich bleiben. Besonders Arango wird ständig ein höheres Niveau als letztes Jahr abliefern müssen, denn sein möglicher Ersatz Matthew Leckie scheint nahe dran an der ersten Elf zu sein. Auch das vorhandene Personal hat durchaus seine Qualitäten, bekanntermaßen mit Reus, immer mehr aber auch mit Igor de Camargo. Der "Braselgier", wie in Kollege Spoo nennt, ist in fittem Zustand technisch, läuferisch, im Zuspiel und im Kopfball stark und zudem auf eine abgezockte Weise torgefährlich. Sowohl das gültige 1:0 in München ist ganz und gar sein Stil als auch das vorher zu Recht wegen Foul abgepfiffene. Beides weckt ein bisschen die Erinnerung an Martin Dahlin, dem moralische Bedenken bei seiner Art zu spielen kein Hindernis waren. Fehlt jetzt nur noch, dass ein Fan seine Tochter Marie-de Camargo tauft.


Irgendwann wird aber auch der Zeitpunkt kommen, wo die vordere Abteilung Favres Vorstellungen stärker verinnerlicht. Und falls der Verletzungsteufel dieses Jahr einen Bogen um Gladbach macht, kann er mit dem Abstiegsgespenst zusammen weit weg auf Reisen gehen.