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„Ein Unentschieden würde ich nehmen. Für uns zählt jeder Punkt!“. Euphorie im Hertha-Umfeld vor der kommenden Partie? Fehlanzeige! Nüchternheit ist die neue Berliner Tugend. Hauptsache nicht mehr in den Abstiegskampf trudeln.  Zwar hat man noch ein komfortables Polster zu den Abstiegsrängen, doch Erfahrung macht klug. Das letzte Wochenende hat gezeigt, wie schnell sich die Karten im Kampf um den Klassenerhalt neu verteilen. Ein Punkt gegen den Tabellendritten wäre da fast schon wie ein Sieg zu bewerten. So weit ist es also gekommen. Der Hauptstadtklub mit dem Hang zu Höherem bescheidet sich, während der Provinzverein vom Niederrhein als Favorit ins Olympiastadion reist. Die Karten scheinen also klar verteilt. Das ist ehrenvoll für einen Verein, welcher vor nicht all zu langer Zeit als Auswärtsdepp galt. Und es verzerrt die Realität vor dem Spiel.

„Es wird schwer!“. Der Standardsatz von Lucien Favre ist in Mönchengladbach schon fast zum Gassenhauer verkommen. Fast wirkt er wie der junge Hirte, der die Dorfbewohner so lange vor dem bösen Wolf warnt, bis diese ihm nicht mehr glauben. Was in der aktuellen Gladbacher Euphorie gerne übersehen wird: ES WAR SCHWER! Ein ärgerliches Ausscheiden im DFB-Pokal im Elfmeterschießen und eine knappe Niederlage auf Schalke sind die Negativhöhepunkte 2015. Dazu ein knappes Ausscheiden aus dem Europapokal gegen den Titelverteidiger und drei Auswärtsunentschieden. Wer das noch Anfang Januar prophezeit hätte, wäre auch unter Optimisten als Phantast bezeichnet wurden. Keine andere deutsche Mannschaft hat sich in diesem Jahr so wenig Schwächen geleistet, so hart am Limit gespielt wie die Borussia. Nicht die Starensembles aus Wolfsburg, Dortmund und Schalke, ja nicht mal der FC Bayern! Eine solche Leistung ist nicht die Norm – sie ist phänomenal! Und nicht beliebig abrufbar. Es war also ein Kraftakt, die aktuelle Position zu erreichen und es werden noch vier Kraftakte nötig sein, um sie zu verteidigen. Schon deshalb ist es wichtig, weiterhin von Spiel zu Spiel zu denken.

Fasziniert blicken bereits die ersten Fans auf das vermeintliche Endspiel um die direkte Champions-League-Qualifikation gegen Leverkusen. Zwei Punkte vor, jetzt ein Sieg in Berlin, während Bayer gegen Bayern verliert. Dann geht man mit einem komfortablen Vorsprung in die entscheidende Partie. Unter Umständen kann man nach dem übernächsten Wochenende sogar schon für Real Madrid planen. So die simple Logik. Sehr simple. Denn ein Rückschlag für den rheinischen Rivalen ist alles andere als sicher. Nach der eher beiläufig wahrgenommenen Meisterschaft und ganz besonders nach dem verlorenen Halbfinale werden die Münchener nun ihren Fokus auf Barcelona legen. Auch vor dem Hintergrund der Verletztenmisere könnten die Bayern für die nächsten Spiele eine Mannschaft aufs Feld schicken welche mehr mit „Jugend forscht“ als mit einem Meisterteam zu tun hat. Einen Vorgeschmack haben sie schon am letzten Spieltag gegeben, als sie die Hertha mit einer B-Elf knapp 1:0 besiegten Obwohl es fraglich ist, ob das Ergebnis mit der bestmöglichsten Aufstellung anders ausgefallen wäre. Die Hertha hat sich in den letzten Wochen zu einem unbequemen Gegner entwickelt.

Eng verbunden mit dem Aufschwung ist der Name Pal Dardai. Der Ungar ist Identifikationsfigur, Rekordspieler, Wunschtrainer der Fans und erinnert an Zeiten, als man sich Mailand noch näher als Magdeburg wähnte. Mit ihm setzten die Berliner in höchster Abstiegsnot alles auf eine Karte. Wäre das Experiment Dardai gescheitert, hätte es wohl größere Umwälzungen innerhalb des Vereins gegeben. Es funktionierte. Dardai verordnete seinem Team eine konsequente Defensivtaktik und führte es so in kürzester Zeit in ruhigeres Fahrwasser. Vor der Niederlage in München war man sieben Spiele in Folge ungeschlagen. Fünf davon ohne Gegentor. Eine bemerkenswerte Quote für eine Mannschaft, die vor seinem Antritt im Schnitt noch zwei Tore pro Spiel kassierte. Natürlich hat so ein Erfolg auch andere Namen. Valentin Stocker zum Beispiel, der nun endlich in Berlin angekommen zu sein scheint und als Antreiber glänzt. Oder Marvin Plattenhardt, der sich in der ersten Mannschaft festgespielt hat. Fraglich ist der Einsatz von Stammtorwart Kraft, der noch an einer Rippenprellung leidet. Burchert vertrat ihn schon in München.

Betonabwehr ist nicht grade die Taktik, welche die Borussia bevorzugt. Wie schwer man sich gegen derart defensiv ausgerichtete Gegner tut, hat man in der Vergangenheit erleben müssen. Die Fohlen lieben den Raum. Doch was ist, wenn der Gegner diesen konsequent zustellt? Dann ist Geduld ganz wichtig, so wie gegen Köln oder zuletzt gegen Wolfsburg, als die Tore buchstäblich in letzter Sekunde fielen. Geduld alleine wird aber nicht helfen. Die Hertha ist durch die letzten Spiele zu einem gefestigten Team geworden, welches fleißig die fehlenden Punkte zum Klassenerhalt zu sammeln versteht. Man muss also kein Prophet sein, um für Sonntag ein schweres Spiel voraus zu sagen.

 

Hertha: Burchert - Pekarik, Langkamp, Brooks, Plattenhardt - Haraguchi, Skjelbred, Lustenberger, Schulz - Stocker - Kalou

Borussia: Sommer - Jantschke, Dominguez, Brouwers, Wendt - Xhaka, Kramer - Johnson, Herrmann - Raffael – Kruse

 

TIPPS:

Michael Heinen: „Berlin ist ein undankbarer Gegner, gegen den ein Sieg vorausgesetzt wird. Das wird schwerer als von vielen erhofft. Am Ende setzt sich Borussia aber knapp mit 1:0 durch."

Christian Spoo: "Es wird schwer. Mit dem 0:0 kann Borussia leben. Womöglich sogar ganz gut, je nachdem, ob die Bayern sich in Leverkusen noch einen Ausrutscher leisten."

Thomas Häcki: „Nullnummer in Berlin. Ich befürchte ich bin mit dem Punkt zufrieden.“

Christoph Clausen: "Drei Gefallen tun die Berliner den Borussen leider nicht: Erstens, mit einer B-Elf anzutreten. Zweitens, mit der Einstellung 'Die Bundesliga ist vorbei' ins Spiel zu gehen. Und drittens, ein Fußballspiel zuzulassen. Stattdessen gilt es erneut, ein destruktives Abwehrbollwerk zu überwinden. Und erneut schmeckt den Borussen die Aufgabe so wenig wie das torlose Remis, das am Ende zu Buche steht."