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Das Topspiel des kommenden Wochenendes findet im Borussia-Park statt, wo das Spiel um Platz 3 zu einem echten Endspiel wird. Im direkten Duell der derzeit formstärksten Mannschaften der Bundesliga kann sich vorentscheiden, wer ab September direkt in die lukrative Gruppenphase der Champions League einzieht und wer in die gefährlichen Play-Off-Spiele muss. Ein Heimsieg und Borussia könnte bei dann 5 Punkten Vorsprung auf Rang 4 die Planungen für die Königsklasse forcieren. Statistisch spricht aber vieles dafür, dass sich diese Entscheidung noch um 1-2 Wochen vertagen wird. 18 der letzten 24 Heimpartien von Borussia gegen Bayer Leverkusen endeten nämlich Unentschieden. Die übrigen 6 gingen sogar verloren, so dass die Gäste mit breiter Brust nach Mönchengladbach anreisen werden.

Starke Teams auf Augenhöhe

Aber auch das Selbstbewusstsein der Gastgeber sollte mindestens genauso stark ausgeprägt sein. Mit den diversen Mannschaften, die seit 1989 immer wieder vergeblich einen Anlauf unternahmen, die Werkself zu besiegen, hat die aktuelle Fohlenelf wenig bis gar nichts gemein. Seit der einzigen Saison-Heimniederlage gegen Eintracht Frankfurt wurden alle 8 Bundesliga-Spiele im Borussia-Park siegreich bestritten, bei einem kumulierten Torverhältnis von 17:4. Zuletzt wurden gar die Spitzenteams aus Dortmund und Wolfsburg bezwungen. Bayer ließ dagegen in den letzten 9 Partien einzig beim kleinen Derby in Köln zwei wichtige Zähler liegen.

Personell werden beide Trainer der Erfolgself der letzten Wochen weitgehend treu bleiben. Mit Stranzl bzw. Castro und Papadopoulos fehlen jeweils wichtige Defensivakteure. Mit Alvaro Dominguez und Lars Bender ist auf beiden Seiten ein weiterer fraglich. Beide Mannschaften konnten aber zuletzt eindrucksvoll belegen, dass sie all dies nahezu ohne Qualitätsverlust kompensieren können. Hatte man in Gladbach noch vor einigen Monaten die Befürchtung, ohne den österreichischen Abwehrchef könne die Defensivstärke nicht zu halten sein, so stand die Mannschaft zuletzt sogar in Abwesenheit der zwei stärksten Abwehrspieler sicher. Das System Favre ist weit mehr als die Summe ihrer Einzelteile und ganz offensichtlich nicht von den Fähigkeiten einzelner Akteure abhängig.

Der Wolf im Fohlenpelz

Das gibt Hoffnung für die Zukunft, denn bekanntlich werden zwei Leistungsträger der aktuellen Erfolgsmannschaft die Fohlenelf zum Saisonende verlassen. Über Max Kruse wurde in den letzten Wochen viel zu viel geredet, so dass die folgenden Worte jetzt auch nicht mehr viel ausmachen. Ausgerechnet kurz vor dem so wichtigen Leverkusen-Spiel könnte morgen der Wechsel zum VfL Wolfsburg noch offiziell verkündet werden, der ohnehin seit über einer Woche von jedem Medienspatz vom Dach gepfiffen wurde. Zusätzliche Unruhe sollte dadurch jetzt aber auch nicht mehr entstehen, da sich Fans und Mitspieler lange genug auf das ohnehin Unvermeidliche einstellen konnten und seit Tagen niemand mehr ernsthaft an diesem Transfer zweifelt.

Letztlich ist nichts allzu außergewöhnliches passiert. Wenn ein Spieler mit starken Leistungen auf sich aufmerksam macht, die zudem durch seinen Status als Nationalspieler medial in ein besonders helles Licht gestellt wurden, dann werden dadurch ganz folgerichtig andere Vereine aufmerksam, die ggf. einen höheren Rang in der Nahrungskette des Haifischbeckens Profifußball einnehmen. Dank der großzügigen VW-Unterstützung gehört auch der VfL Wolfsburg in diese Riege, obwohl er sich sportlich auf Augenhöhe mit Borussia befindet. Wenn dieser Verein dem Spieler nunmehr das Dreifache seines jetzigen Gehalts bieten kann, ist es legitim, dass er dies intensiv prüft. Borussia hätte ihm ggf. eine Verdopplung - also knapp die Hälfte des VW-Angebots - anbieten und ihn damit bereits zum Spitzenverdiener aufsteigen lassen können. Es wäre aber für die Gehaltshygiene im Kader irrsinnig gewesen, mit den Zahlen des Konzernvereins konkurrieren zu wollen. Max Eberl hat stets betont, solche unvernünftigen Wege nicht zu bestreiten. Ein jeder Fan sollte darüber froh sein, und den sportlich schmerzhaften, aber für 12 Mio. Euro durchaus zu kompensierenden Verlust akzeptieren.

Gleichermaßen sollte Kruse keine Feindseligkeit entgegengebracht werden, da er sich nichts Unehrenhaftes hat zu Schulden kommen lassen. Schon sein Wechsel vom damaligen Europacup-Teilnehmer aus Freiburg zu den schlechter platzierten Gladbachern war eine rational-monetäre Abwägung, die sich erst im Nachhinein als goldrichtig entpuppt hat. Gut möglich, dass sich das Pokerface dieses Mal verzockt hat. Angesichts des höheren Gehalts und der sportlich nicht minder guten Aussichten beim VW-Club sollte Kruse dieser Wechsel aber nicht übel genommen werden. Er hat zu keiner Zeit den Verein oder die Fans belogen oder allzu überschwängliche Vereinstreue zur Schau gestellt. Man muss seine Entscheidung nicht mögen und nachvollziehen, sollte sie aber respektieren. Dies sind die Mechanismen des knallharten Geschäfts Profifußball, mit denen sich gerade ein Max Eberl zu arrangieren versteht. Solange er und Co-Baumeister Favre dem Verein vorstehen, bestehen gute Aussichten darauf, dass Borussia auch aus dieser Transferphase erneut nicht allzu geschwächt hervorgehen wird.

Kramer gegen Kramer

Neben Kruse haben sie noch einen weiteren Abgang zu kompensieren, der am Samstag wie kein zweiter im Fokus stehen wird. In anderen Ländern wäre es Sitte, einen Christoph Kramer in solch einem wichtigen Spiel gegen seinen neuen Verein nicht spielen zu lassen. In Deutschland ist es zum Glück nicht so, denn die Erfahrung lehrt, dass die Spieler i.d.R. Profi genug sind, sich bis zum letzten Moment für ihren aktuellen Verein einzusetzen. Max Kruse ist hier das beste Beispiel, der einst im Trikot der Freiburger 2 Tore gegen Borussia erzielte und damals die letzten Hoffnungen auf die eigene Europacup-Teilnahme zunichte machte. Auch beim späten Siegtreffer gegen Wolfsburg vorletzte Woche wird er vermutlich bereits eine Ahnung gehabt haben, damit sein neues Team zu besiegen. Ähnliche Professionalität ist auch von Christoph Kramer zu erwarten, der bei allen unglücklichen Aussagen der ersten Saisonhälfte nicht den Eindruck eines böse kalkulierenden Fußballsöldners macht. Ein Restrisiko verbleibt, dass ihm z. B. ein ähnliches Malheur passieren könnte wie einst in Dortmund und die Nordkurve nach dem Spiel eher "Der Kramer brennt" intonieren wird als das von ihm präferierte Borussen-Lied. Es ist ihm aber zuzutrauen, dies zu verhindern und einmal mehr sein Bestes für den Verein zu geben, der ihm den großen Durchbruch ermöglicht hat. Die Leistungsunterschiede zu Bayer sind so marginal, dass es sich Favre nicht wirklich erlauben kann, auf einen der absoluten Leistungsträger zu verzichten. So hervorragend Nordtveit ihn vertreten könnte. An die Klasse von Kramer kommt er nicht vollumfänglich heran.

Kampf der Systeme

Doch so sehr diese beiden Personality-Stories das öffentliche Bild vor dieser Partie bestimmen: Auf dem Platz werden andere Faktoren eine wichtigere Rolle spielen. Wird die starke Borussen-Defensive den überfallartigen Bayer-Angriffen standhalten? Gelingt es ihr zudem, Freistöße in Strafraumnähe zu vermeiden, die bei einem Calhanoglu fast schon gefährlicher sind als dessen Elfmeter? Wird die Borussen-Offensive mit ihrem gnadenlosen Umschaltspiel und insbesondere ein Patrick Herrmann gegen seinen Lieblingsgegner wieder einmal zu Galaform auflaufen? Unter Druck erscheint die Bayer-Abwehr ab und an zwar anfällig. Dies hat sich zuletzt aber stabilisiert. In 7 der letzten 10 Pflichtspiele blieb Bernd Leno ohne Gegentreffer, so dass Bayer nach Bayern und Gladbach mittlerweile auf die drittstärkste Defensive der Liga verweisen kann.

Borussia wird ihre absolute Bestleistung benötigen, um dem Gegner auf Augenhöhe zu begegnen und ihn dann mit etwas Glück vielleicht sogar besiegen zu können. Nach den Erfahrungen der letzten Wochen und Monate, in denen sie immer wieder positiv zu überraschen verstand und ihre Bestleistung zum Standard erhoben hat, ist ihr das aber absolut zuzutrauen.

Borussia: Sommer – Korb, Jantschke, Brouwers, Wendt – Herrmann, Kramer, Xhaka, Johnson – Raffael, Kruse

Leverkusen: Leno – Hilbert, Jedvaj, Toprak, Wendell – Brandt, Bender, Rolfes, Calhanoglu, Son - Kießling

Seitenwahl-Tipps

Michael Heinen: "Selten sprach mehr für ein Remis als bei diesem Spiel. Borussia und Bayer trennen sich 1:1, so dass die Fohlenelf in der kommenden Woche die andere Urzeit-Serie in Bremen knacken muss, um sich Platz 3 zu sichern."

Thomas Häcki: "Schritt für Schritt laufen die Rivalen dem Ziel entgegen. Wohl wissend, dass es am Ende nur einen geben kann. Und damit die Spannung bis zum Schluss erhalten bleibt, trennt man sich torlos."

Christian Spoo: "Unentschieden tippen ist feige" meinte Kollege Heinen. Wie recht er hat. Er kennt halt seine Pappenheimer. 2:2.

Christian Heimanns: "Sehr ausgeglichen, in der Tat. Es spricht viel dafür, dass es zwischen diesen beiden formstarken Teams nach 90 Minuten 0:0 steht. Und nach 92 Minuten 1:0 für die Borussen."

Christoph Clausen: "Ein 2:2 hat zwischen diesen beiden Gegnern Tradition. Und sei es, weil Herr Gagelmann, pikanterweise am Samstag wieder Schiedsrichter, ein Leverkusener Handspiel vor dem Ausgleich übersieht. Ein 2:2 wäre auch dem Gleichschritt der beiden Teams angemessen. Ein 2:2 wäre der vernünftigste Tipp. Aber ich will nicht vernünftig sein. Und tippe deshalb, dass die Borussia mit 3:2 gewinnt."