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Welche Auftaktpleite ist unangenehmer? Wenn sich ein Champions-League-Teilnehmer von einem Spitzenteam widerstandslos vorführen und auseinandernehmen lässt, oder wenn ein etablierter Bundesligist vor eigenem Publikum gegen einen Aufsteiger verliert? Klar ist: Die Teams, die am Sonntag Abend im Borussia-Park aufeinandertreffen, hätten sich den ersten Spieltag sicher anders vorgestellt und werden beide einige Anstrengungen unternehmen, die Auftaktpleite nicht mit einer zweiten Niederlage zu einem echten Fehlstart werden zu lassen. Natürlich ist Borussia auf dem Papier klarer Favorit. Die stärkeren Einzelspieler, die großartige letzte Saison und der Heimvorteil machen zumindest bei den Wettquoten klar: Alles andere als ein Sieg gegen Mainz 05 wäre eine Überraschung.

Bei den Fans überwiegt besorgte Spannung: war die Nicht-Leistung von Dortmund ein Ausrutscher? Oder ist die Mannschaft zur Zeit nicht besser? Konnte Lucien Favre die Fehler benennen und waren die Spieler in der Lage, sie abzustellen? Oder knirscht es noch zu sehr in der an wenigen aber entscheidenden Positionen veränderten Truppe?

„Wir waren defensiv nicht stabil, haben nicht kollektiv verteidigt, haben den Dortmundern große Räume gelassen“. Diese Kurzanalyse von Max Eberl bringt die zentralen Probleme auf den Punkt. Sie zeigt auch: nicht nur die Defensivspieler, sondern die ganze Mannschaft ist gefragt, wenn es darum geht, das Spiel des Gegners zu unterbinden. Die Frage ist, ob es genügt, den Spielern das System noch einmal einzuschärfen, oder ob das kollektive Verteidigen mit dem in Dortmund aufgebotenen Personal zur Zeit nicht möglich ist. Suboptimal war die Abstimmung auf rechts, wo Ibrahima Traoré seine Defensivaufgaben nicht einmal vernachlässigte. Das Zusammenspiel der beiden Sechser ist mit „verbesserungswürdig“ noch freundlich umschrieben und Josip Drmic spielte ein anderes Spiel als seine Mannschaftskollegen. Dass die Innenverteidiger nicht optimal spielten, war offensichtlich, sie waren jedoch wegen der Fehler ihrer Vorderleute im Grunde die „ärmsten Schweine“. Die hohe Niederlage an der „Bubi-Abwehr“ festzumachen, griffe viel zu kurz.

So ist kaum zu prognostizieren, ob Lucien Favre auf die Auftaktpleite mit personellen Veränderungen reagiert und wenn, mit wie vielen. Klar ist, dass Fabian Johnson gegen Mainz nicht dabei ist. Der Linksaußen fällt mit Oberschenkelproblemen länger aus. Als Ersatz kommen zunächst Patrick Herrmann und Thorgan Hazard in Frage. Beide bringen sicher nicht die Defensivqualitäten von Johnson mit, vor allem Hazard ist deutlich stürmischer als der US-Nationalspieler. Herrmann dagegen hat das Favresche Prinzip, nach dem die Abwehrarbeit im Angriff beginnt, inzwischen internalisiert – allerdings könnte der Nationalspieler auch auf der rechten Seite benötigt werden, wo Traoré in Dortmund ein Sicherheitsrisiko war. Dass Neuzugang Nico Schulz sofort ins kalte Wasser geworfen ist und gegen Mainz in der Startelf steht, ist wohl nicht zu erwarten, wenn der bisherige Berliner auch vom Profil exakt auf die Johnson-Position passen würde. Aber Schulz trainiert erst seit zwei Tagen mit der Mannschaft, ihn von Beginn an zu bringen, widerspräche allem, was man über Lucien Favre bisher weiß.

Sollte Thorgan Hazard auf links beginnen, würde Josic Drmic womöglich profitieren. Der Belgier wäre erste Alternative auch für die Position in der Spitze, die Drmic gegen Dortmund und St Pauli so unglücklich interpretierte. Die sich aufdrängende Idee, Lars Stindl nach vorne zu beordern und die Kruse-Rolle der Vergangenheit so 1:1 zu kopieren, dürfte daran scheitern, dass der Neuzugang im defensiven Mittelfeld benötigt wird, da Havard Nordtveit gegen Mainz noch nicht spielen darf.

In der Abwehr monierten viele Beobachter, dass gegen Dortmund ein erfahrener Spieler gefehlt habe. Tatsächlich saß mit Roel Brouwers ein Routinier auf der Bank, Tony Jantschke als Führungsspieler hätte in der Innenverteidigung möglicherweise mehr bewegt, als auf Außen. Inwieweit diese Spieler dem Dortmunder Tempofußball mehr hätten entgegen setzen können, ist kaum zu sagen. Insofern wäre es nicht verwunderlich, wenn Lucien Favre trotz aller Kritik dem Duo Schulz/Christensen erneut das Vertrauen schenkt. Geradezu euphorisch wurde in Gladbach gefeiert, dass Martin Stranzl wieder ins Training eingestiegen ist. Dass der Österreicher schon gegen Mainz spielt, ist aber nicht zu erwarten. Unfitte Akteure setzt Favre in der Regel bestenfalls auf die Bank.

Ein Borusse, der in allen Gedankenspielen zur Aufstellung keine Rolle spielt, wird zur Zeit in Mainz als Hoffnungsträger gehandelt. Dem Vernehmen nach haben die Rheinhessen aktives Interesse daran, Branimir Hrgota zu verpflichten. Der Gladbacher Stürmer soll die Angriffsprobleme beheben. Dass er Tore schießen kann, weiß man in Mainz nur zu genau – am 11.05.2013 machte er just dort beim 4:2-Auswärtssieg der Borussia derer drei.

Dass im Sturmzentrum bei Mainz Verbesserungsbedarf besteht, war eine der zentralen Erkenntnisse aus der Heimniederlage gegen Ingolstadt. Die Versuche, mit dem Prinzip „hoch und weit“ in den gegnerischen Strafraum zu gelangen, gingen schief – auch weil dort kein Abnehmer stand. Ob Hrgota in einer solchen Situation der geeignete Spielertyp wäre, die Antwort auf diese Frage möchte SEITENWAHL gerne Christian Heidel und seinen Leuten überlassen. So groß sind die Mainzer Sturmsorgen, dass Trainer Schmidt gegen Ingolstadt am Ende mit Balogun einen Innenverteidiger ins Angriffszentrum stellte. Möglicherweise steht der gegen Ingolstadt noch verletzte Stürmer Leonardo de Blasis am Sonntag aber wieder im Kader. Mit Maximilian Beister fällt dafür ein Offensiver definitiv aus.

Wie bei Borussia machen sich die Beobachter in Mainz über das Zustandekommen der Niederlage und über strukturelle Probleme im Spiel Gedanken. Es habe Leidenschaft gefehlt, lautet die Analyse des Trainers. Mangelnde Spritzigkeit, zu starke Zurückhaltung und Probleme mit dem Pressing der Ingolstädter wurden moniert. Mit einem pressenden Gegner werden die Mainzer es in Mönchengladbach eher nicht zu tun haben. Borussia sollte aber notieren, dass Mainz es gegen eine vernünftig stehende Defensive zur Zeit sehr schwer zu haben scheint. Auf das reine Zerstören ist das Gladbacher Spiel aber (dankenswerterweise) auch nicht ausgerichet, so dass Mainz die Spielweise Borussias womöglich mehr entgegenkommt, als die des Aufsteigers am vergangenen Samstag.

Mögliche Aufstellungen

Borussia: Sommer – Jantschke, Schulz, Christensen, Wendt – Xhaka, Stindl – Hazard, Herrmann – Raffael, Drmic

Mainz: Karius – Brosinski, Bungert, Bell, Park – Frei, Baumgartlinger – Clemens, Malli, Muto - Niederlechner

Schiedsrichter: Aytekin

SEITENWAHL-Prognose

Christian Spoo: Zwei verunsicherte Mannschaften treffen im Borussia-Park aufeinander, wer ein Fußballfest erwartet, wird enttäuscht. Beide werden vornehmlich darauf bedacht sein, keine Fehler zu machen. Dass Borussia am Ende eines zähen Spielt mit 1:0 gewinnt, liegt daran, dass die Mannschaft unter dem Strich einfach besser ist.

Christoph Clausen: Ausrutscher oder Vorbote düsterer Tage? In der Hoffnung, dass Dortmund ersteres war, tippe ich einen 3:1-Erfolg gegen die Mainzer.

Michael Heinen: Es wird ein sehr wichtiges Spiel, wenngleich nicht so allesentscheidend wie von diversen Medien behauptet. Borussia wird noch etwas Zeit benötigen, um wieder richtig in Tritt zu kommen. Gegen Mainz wird sich eine Steigerung schwer vermeiden lassen. Nach dem mühsamen 2:1 kann erst einmal durchgeatmet werden.

Christian Heimanns: Die Saison hätte schöner beginnen können, jetzt fängt sie richtig an. Das 2:1 gegen Mainz stellt die Weichen in die richtige Richtung.