Borussen Check23In Teil 2 unseres Bundesliga-Checks widmen wir uns den Konkurrenten, die im Grunde genommen sehr froh sein müssen, von uns in diesem Jahr in dieser Rubrik noch einmal behandelt zu werden. Warum? Weil diese Vereine, die die vergangene Saison überwiegend im Tabellenkeller verbracht haben und – im Falle des VfB Stuttgart sogar mittels Relegation gegen den mittlerweile unaufsteigbaren HSV - dem Aufenthalt im Fegefeuer der 2. Bundesliga gerade noch einmal entronnen sind. Hier sind sie – die Geretteten:

VfB Stuttgart (Michael Heinen)

Fast 40 Jahre galt der VfB Stuttgart als fester Bestandteil der Fußball-Bundesliga, ehe 2016 der zweite Abstieg der Vereinsgeschichte erfolgte. Seit dem direkten Wiederaufstieg kämpft der VfB darum, sich wieder fest in der 1. Liga zu etablieren, was bislang nur holprig gelingt. 2019 erfolgte der erneute Abstieg inklusive direktem Wiederaufstieg. In den letzten beiden Spielzeiten musste jeweils bis zum letzten Spiel um den Klassenerhalt gezittert werden.

Dabei war der Verein optimistisch in die vergangene Saison gestartet. Mit Pellegrino Materazzo hatte erstmals seit Ewigkeiten ein Trainer mehr als zwei Spielzeiten auf der Stuttgarter Trainerbank überlebt. Das dritte Jubiläum verpasste er nur um wenige Monate, da er nach schwachem Saisonbeginn im Oktober 2022 vor die Tür gesetzt wurde. Mit Michael Wimmer und Bruno Labbadia stützten zwei weitere Trainer die Vermutung, dass es vornehmlich nicht am Übungsleiter gelegen haben wird. Erst dem vierten Trainer gelang ab April 2023 doch noch der Klassenerhalt in der Relegation. Sebastian Hoeneß Aufgabe soll nun darin bestehen, dem Verein eine ruhige und sorgenfreie Spielzeit im gesicherten Mittelfeld zu bescheren. Perspektivisch sollen dann in einigen Jahren wieder höhere Ziele angestrebt werden, was durch eine Zuwendung von Porsche im Wert von 100 Mio. Euro unterstützt wird.

Unruhe ist allerdings mindestens bis Ende dieses Monats und der dann endenden Transferperiode vorprogrammiert. Mit Sosa, Ito und Guirassy sind drei Leistungsträger im Blickfeld internationaler Vereine. Der zuletzt ausgeliehene Serhou Guirassy, im Vorjahr mit 14 Treffern bester VfB-Torschütze, wurde für 9 Mio. Euro fest verpflichtet, verfügt aber noch bis Ende dieser Woche über eine Ausstiegsklausel in Höhe von 15-20 Mio. Euro. Sollte ein vermutlich britischer Klub davon Gebrauch machen, steht der Nachfolger bereits im Kader. Deniz Undav wurde für rund 10 Mio. Euro von Brighton & Hove Albion verpflichtet. Beim Überraschungsteam der Premier League war er zwar nur Ergänzungsspieler, kam aber in 22 (zumeist kürzeren) Einsätzen immerhin auf 5 Tore. Zuvor hatte der ehemalige Meppener als Torschützenkönig der belgischen Jupiler-League 2021/22 auf sich aufmerksam gemacht.

Der zweite namhafte Transfer fand im Tor statt, wo Alexander Nübel den zuletzt unsicheren Florian Müller ablöst, nachdem dieser seinen Stammplatz im Laufe der Vorsaison an Fabian Bredlow verloren hatte. Insgesamt hat der VfB somit bisher keinen einzigen Stammspieler abgegeben, sich mit Nübel und Undav in der Spitze sowie mit Jeong, Mittelstädt und Leweling in der Breite verstärkt. Die Vorbereitung lief ordentlich. Der VfB verlor kein einziges seiner Testspiele – mit einer deutlichen Ausnahme gegen ein allerdings allzu übermächtiges Team vom Niederrhein.

Eine Saisonprognose fällt mit Blick auf die noch ausstehenden Personalentscheidungen schwer. Wird der Kader zusammengehalten, sollte sich die Hoffnung der Stuttgarter auf eine ruhige Saison im gesicherten Tabellenmittelfeld erfüllen. Schon in der Vorsaison verkaufte sich die Mannschaft oft unter Wert. Mit den vorgenommenen Verbesserungen dürfte es am Ende für Platz 9-13 reichen.

FC Augsburg (Uwe Pirl)

Der FC Augsburg kommt aus einer typischen Augsburg-Saison. Immer im hinteren Tabellendrittel, immer in Abstiegsgefahr. Aber nie so akut gefährdet wie die letztlich abgestürzten Mitbewerber Hertha und Schalke oder die gerade noch dringebliebenen Stuttgarter und Hoffenheimer. Aufgrund dessen ist der FC Augsburg auch einer der Vereine im hinteren Drittel, der in der letzten Saison ohne Trainerwechsel auskam und der auch die neue Saison mit demselben Übungsleiter – Enrico Maaßen – bestreitet.

Trotzdem befindet sich der Verein in einem größeren Umbauprozess, der sich in erster Linie auf dem Rasen bemerkbar macht. Mit Gikiewicz, Baumgartlinger, Strobl, Hahn und Caligiuri haben die Fuggerstädter jede Menge Erfahrung verloren, dazu gelang es, den einst als Königstransfer geholten und später als Fehleinkauf abgestempelten Ricardo Pepi nach Eindhoven zu verkaufen. Auf der Zugangsseite wird der bisher geliehene Mergim Berisha geführt, für Gikiewicz kommt Finn Dahmen aus Mainz als neuer Stammtorwart. Erfahrung soll Ex-Borusse Sven Michel mitbringen, der bei Union Berlin ein wichtiger Ergänzungsspieler war. Aus der zweiten Liga kommen mit Breithaupt (Karlsruhe), Tietz und Pfeiffer (jeweils Darmstadt) und Okugawa (Bielefeld) Spieler, denen man den Durchbruch in der Bundesliga zutraut. In Bezug auf Berisha und Felix Uduokhai, der eine Vertragsverlängerung abgelehnt hat, wird noch über einen Abgang spekuliert.

Auch in der neuen Saison ist zu erwarten, dass Augsburg agiert, wie Augsburg bisher immer agiert hat – eklig und robust in der Defensive, nach vorn eher auf Umschaltspiel ausgerichtet. Der FCA wird auch in der neuen Saison hauptsächlich im unteren Mittelfeld zu finden sein und – genau wie letztes Jahr – zu schwach für höhere Sphären, gleichzeitig aber deutlich zu stark für einen Abstieg sein.

VfL Bochum (Christian Spoo)

Zwei Jahre Bundesliga hat der VfL Bochum seit dem Aufstieg gemeistert, immer mit dem Blick nach unten, jedoch letzten Endes erfolgreich. In der vergangenen Saison dauerte es etwas länger, bis der Klassenerhalt feststand, ein paar gute Spiele zum Ende der Spielzeit brachten den VfL aber noch auf Platz 14. Dabei ist Trainer Thomas Letsch dabei, die Aufstiegsmannschaft stückweise zu erneuern. Zuletzt wurde mit Gerrit Holtmann einer der „Helden“ von 2021 abgegeben. Dass in Bochum erneut das Saisonziel „Klassenerhalt“ ausgegeben wurde, versteht sich trotz einiger stark einzuschätzender Neuzugänge von selbst.

Verstärkt hat sich der VfL Bochum bisher vor allem defensiv. In der vergangenen Saison hat das Team die meisten Gegentore aller Bundesligavereine kassiert. Hier wurde aktiv gegengesteuert. Mit Noah Loosli von den Grasshoppers Zürich, Bernardo von RB Salzburg und dem bisherigen Dortmunder Felix Passlack wurden gleich drei Abwehrspieler verpflichtet und ein weiterer Innenverteidiger steht noch auf dem Wunschzettel von Thomas Letsch. Als Dreh- und Angelpunkt des Bochumer Spiels im Mittelfeld ist zudem ein alter Vertrauter des Trainers gekommen: Der slowakische Nationalspieler Matus Bero spielte bei Vitesse Arnheim unter Letsch schon eine wichtige Rolle. Auch für das Sturmzentrum soll noch ein Spieler kommen. Der zeitweise auch mit Borussia in Verbindung gebrachte Moritz Kwarteng, der aus Magdeburg ins Ruhrgebiet wechselte, ist noch länger verletzt, außerdem muss sich erst zeigen, wie er in der Bundesliga zurechtkommt. In den letzten Tests setzte Letsch auf den eigentlich auf Außen beheimateten Takuma Asano.

Der VfL Bochum hat sich augenscheinlich sinnvoll verstärkt. Sofern die noch offenen Planstellen gut besetzt werden, sollte der erneute Klassenerhalt möglich sein, evtl. könnte sich das Team auch früher in Sicherheit bringen als in der Vorsaison. Profitieren wird der VfL dabei weiter von einer eingeschworenen Anhängerschaft im für Fußball-Traditionalisten schönsten Stadion der Liga und von einem Trainer, der reflektiert mit den Möglichkeiten des Vereins umzugehen versteht.

SV Werder Bremen (Volkhard Patten)

Das zweite Jahr nach dem Aufstieg ist immer schwerer. Dieses ungeschriebene Gesetz könnte auch für den SV Werder Bremen gelten. Als Neuling in der abgelaufenen Saison kam das Team letztlich als Tabellenvierzehnter ins Ziel. Dies hört sich erst einmal nach einem sicheren Klassenerhalt an, wenn man die gesamte Saison aber betrachtet, macht sich über 34 Spieltage ein negativer Trend bemerkbar. Für die Verantwortlichen von der Weser wird es erste Aufgabe sein, diesen Trend zu stoppen. In der abgelaufenen Spielzeit konnten sich die Bremer auf das Sturmduo Niclas Füllkrug und Marvin Ducksch verlassen. Die beiden selbsttitulierten „Hässlichen Vögel“ waren für 28 der 51 Bremer Tore verantwortlich. Anders als Stürmer der Marke Terodde, Ginczek, Friend oder Rösler haben die beiden nachgewiesen, dass sie nicht nur in der zweiten Liga treffsicher sind. Der Schuh drückte aber vielmehr in der Defensive, wo das Team von der Weser mit 64 Toren negativ auffiel.

Ähnlich wie bei Borussia hängt beim SV Werder viel an einem Transfer. Sollte Füllkrug den Verein innerhalb der Sommertransferperiode verlassen, könnten die Bremer noch eine Verstärkung für die Abwehr holen. Mit David Kownacki (26) von Fortuna Düsseldorf hat man einen designierten Nachfolger für den Nationalstürmer ablösefrei verpflichten können. Ebenfalls ohne Zahlung einer Ablöse verlief der Königstransfer: Naby Keita vom FC Liverpool soll die Geschicke des Bundesligisten im zentralen Mittelfeld ordnen. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob der 28 Jahre alte Nationalspieler aus Guinea über einen längeren Zeitraum verletzungsfrei bleibt. Aufgrund dieser Verletzungsanfälligkeit kam er in der Premier League in fünf Jahren gerade mal auf 84 Spiele, in denen ihm sieben Tore gelangen. Bei einem Testspiel gegen den Drittligaabsteiger VfB Oldenburg in Westerstede verletzte sich Keita bereits beim Aufwärmen und fällt aus. Ob er bis zum Saisonstart fit ist, ist fraglich. Daneben sind mit Friedl, und Veljkovic zwei weitere Innenverteidiger angeschlagen. Auf der rechten defensiven Außenbahn könnte der Schuh drücken, da Weiser und Agu ebenfalls mit Verletzungen kämpfen.

Die weiteren Zugänge der Bremer lesen sich relativ unspektakulär. Allenfalls als Ergänzungsspieler dürfte Linksaußen  Abdenego Nankishi gelten. Der in Bremerhaven geborene Nankishi war in der vergangenen Saison an Heracles Almelo ausgeliehen, dort machte er in der holländischen 2. Liga in elf Spielen zwei Tore. Durch den Abstieg der U23 des SV Werder in die Oberliga besteht auch nicht die Möglichkeit, dem Spieler Praxis in der Regionalliga zu verschaffen. Die bislang verliehenen Spieler Mio Backhaus (Torhüter, Volendam) und Mittelstürmer Eren Dinkci (Heidenheim) bleiben nach Ablauf der Leihverträge bei ihren Vereinen. Wehtun dürfte Werder der Abgang von Fabio Chiarodia, der für eine vergleichsweise kleine Ablösesumme zu Borussia Mönchengladbach wechselte.

Eine Prognose über das Abschneiden der Bremer in dieser Saison ist nicht einfach. Sollten sie es schaffen, die Dreierkette zu stabilisieren und eine guten defensive Grundaufstellung hinzubekommen, dürfte das Team von der Weser auch im verflixten zweiten Jahr nichts mit dem Abstieg zu tun haben. Dies ist aber weniger der Stärke der Bremer zu verdanken, sondern eher der Tatsache, dass es einige noch schwächere Teams in der Liga gibt. Daneben gibt es immer noch die ungeklärte Personalie Füllkrug. Sollte er seinen 2025 auslaufenden Vertrag nicht verlängern, wird es im ansonsten ruhigen Bremer Umfeld mit Sicherheit ungemütlich werden. Wechselgerüchte, Angebote und Wasserstandsmeldungen rund um den Transfer könnten dazu beitragen, dass es Unruhe in der Mannschaft und im Verein gibt. Dass dies im Laufe einer Saison nicht leistungsfördernd ist, hat man ja auch in Mönchengladbach bei Thuram und Bensebaini feststellen können.

TSG „1899“ Hoffenheim (Uwe Pirl)

Der sympathische Traditionsverein aus dem Kraichgau erlebte eine Saison, die Dietmar Hopp ein paar mehr graue Haare beschert haben dürfte. Einem guten Start, der mit Platz 4 nach 10 Spieltagen belohnt wurde, folgte ein breitenreitertypischer Absturz, der – allerdings schon nach dessen Entlassung nach dem 19. Spieltag – am 24. Spieltag nach insgesamt 14 sieglosen Spielen in Folge auf Platz 18 endete. Unter Pellegrino Materazzo als neuem Trainer bekam man aber doch noch die Kurve und rettete sich mit einem recht starken Schlussspurt auf Platz 12, wobei der Klassenerhalt erst am vorletzten Spieltag festgemacht werden konnte, ehe mit einem grausam anzuschauenden Spiel der Marke Not gegen Elend in Stuttgart die Saison zu Ende ging.

Hoffenheim geht mit Materazzo auf der Trainerbank in die neue Saison. Auf dem Rasen tut vor allem der Abgang von Christoph Baumgartner nach Markranstädt weh, Bicakcic und Rudy fielen einem angestrebten Verjüngungskurs zum Opfer und waren auch nicht mehr unbedingt Stammspieler. Munas Dabbur erlag dem Ruf des Geldes aus Saudi-Arabien, war aber in Hoffenheim ohnehin eher Ergänzungsspieler. Wieder weg sind auch die Leihspieler Dolberg und Delaney, die dem Team keinen nachhaltigen Stempel aufdrücken konnten. Verstärkt hat man sich mit dem Innenverteidiger Szalai in der Defensive sowie offensiv mit Rückkehrer Grillitsch, Marius Bülter sowie zuletzt der Leihe von Wout Weghorst.

Der Schwerpunkt der Verpflichtungen lässt vermuten, dass man beabsichtigt, in Zukunft offensiven Fußball zu spielen. Das wird auch nötig sein, um überhaupt noch Publikum in die „Ich weiß nicht wie sie heißt“-Arena zu locken – in puncto Publikum liegt Hoffenheim klar auf einem Abstiegsplatz. Sportlich sind die Perspektiven mittelmäßig, der Kader ist bei normalem Verlauf sicher zu stark für den Abstiegskampf, zum mehr als einem Aufenthalt im sicheren Mittelfeld wird es aber nicht reichen.