Borussen Check23Der letzte Teil unseres Bundesliga-Checks, bevor wir uns unseren Lieblingen aus Gladbach zuwenden, befasst sich mit den Vereinen, die den deutschen Fußball in der Champions-League vertreten – neben den üblichen Verdächtigen aus München, Dortmund und leider auch Fuschl am See ist dieses mal mit Union Berlin auch ein Überraschungsteilnehmer dabei. Hier sind sie, die „Champions“ (oder solche, die es gerne wären):

1. FC Union Berlin (Thomas Häcki)

Vier Jahre spielt Union schon in der Bundesliga, viermal wurden die Erwartungen deutlichst übertroffen. Dass der einstige Abstiegskandidat Nummer 1 je in der Champions League spielen würde, hätten vor vier Jahren nicht mal die kühnsten Optimisten erträumt. Die Frage ist also weniger, wo sie herkommen, sondern wo sie noch hinwollen? Meister? Das ist eigentlich utopisch, doch was ist schon noch utopisch beim bislang erfolgreichsten Ostklub der Bundesliga-Geschichte (die sächsische Marketingfiliale eines österreichischen Brauseherstellers kann man kaum als solchen bezeichnen). Bislang konnte sich der bodenständige Club immer daran erinnern, wo er herkommt. Doch die Euphorie ist gigantisch und der ein oder andere kann sich mittlerweile nur noch nebulös erinnern.

Der Kader konnte nicht nur zusammengehalten werden, er wurde sogar noch verstärkt. Diego Leite konnte fest verpflichtet werden. Herthas ursprünglicher 25 Mio.-Transfer Lucas Tousart wurde für 2,8 Mio. Euro verpflichtet, was nicht weniger als eine Demütigung der alten Dame ist. Hinzukommen mit Aaronson (Leeds), Fofana (Chelsea) und Kral (Spartak Moskau) interessante Leihgaben, die alle das Zeug zum unbedingten Stammspieler haben. Interessant ist ebenfalls Mikkel Kaufmann vom FC Kopenhagen, dem eine große Zukunft zugetraut wird. Der Wechsel von Benedict Hollerbach geriet zeitweise zur Farce. Nach langem Hin und Her landete er schließlich doch noch bei den Eisernen. Zuletzt verdichteten sich die Gerüchte, dass eine Verpflichtung von Robin Gosens unmittelbar bevorstehe. Auf der Abgabeseite ist hingegen niemand, den man wohl vermissen wird. Im Ergebnis steht ein Transferminus von knapp 13 Mio.Euro (mit Gosens nochmal deutlich mehr), was bemerkenswert, aber gleichsam nicht verrückt ist. Und selbstverständlich kommt auch ein wenig Wehmut auf, dass man die Fußballfeste in der Champions League nicht in der Alten Försterei feiern kann. Der Umzug ins Olympiastadion war hier die einzige Option, welches dann künftig nicht blau, sonder rot-weiß leuchten wird. Vermutlich wird man in Charlottenburg die Fensterläden schließen und ins Kissen weinen.

Oh Champions League, du süßes Gift. Natürlich ist die Euphorie gigantisch, aber Union wäre nicht der erste Verein, dem nach dem Ausscheiden aus der Königsklasse ein böses Erwachen droht. Ein kleiner Blick nach Mönchengladbach oder Frankfurt reicht schon, um zu sehen, was passiert, wenn man über den rauschenden Ballnächten gegen Manchester City das Brot-und-Butter-Geschäft in der Bundesliga vergisst. Wer am Mittwoch Real Madrid am Rande einer Niederlage hat, dem fällt es schwer, gegen den VfL Bochum die nötige Konzentration aufrecht zu erhalten. Auf Urs Fischer wird viel Arbeit zukommen, weiterhin die Bodenhaftung zu gewährleisten. Natürlich hat Union bereits Europapokal-Nächte gehabt, nur hat eben Inter Mailand einen anderen Klang als Union St. Gilloise. Hinzu kommt, man mag es kaum glauben, ein wirtschaftliches Risiko. Spieler, die sich unter der Woche im Rampenlicht der Königsklasse befinden, wecken eine gewisse Begehrlichkeit. Gut, wenn man hier Erlöse erzielen kann, allerdings laufen bei Union nicht weniger als elf Verträge zum Saisonende aus, darunter absolute Stammkräfte wie Behrens, Becker und Knoche. Träumen ist also erlaubt, die Gefahr, dass der kometenhafte Aufstieg der Köpinicker in dieser Saison einen Dämpfer erhält, aber durchaus real.

RedBull Leipzig (Christian Grünewald)

Keiner sonst wollte was zu Leipzig schreiben – und ganz ehrlich, warum auch? Es gibt einfach wenig, das unspannender ist als Neuigkeiten aus der Markranstädter Konzernfiliale. Und wir werden an dieser Stelle nicht anfangen, über das Konglomerat von reisefreudigen Bundesligaalphas zu sprechen, die sich bestbezahlt und abseits des anstrengenden Ringens um verfügbare Transferbudgets oder dem jährlichen Kampf um die finanzielle Konkurrenzfähigkeit täglich dafür abklatschen, wie unbeschwert es sich mit unbegrenztem Brausegeld so leben lässt. „Neid!“, werden die Traditionsfans vom gepflegten Rasenball dagegenhalten. Und ja, ein bisschen: Derart abgebrüht (Ha!) jahrelang mit Inbrunst vorgetragene Prinzipien ohne Scham und Wimpernzucken über Bord zu werfen, um einfach mal das exakte Gegenteil davon zu praktizieren – nur einen Hauch von dieser Chuzpe könnte auch der freundliche Familienverein Borussia Mönchengladbach gebrauchen, wenn einem Spieler und Berater mal wieder ein X für ein O vormachen. Dass die gleichen verantwortlichen Herren sich in ihren Vereinen kurz vor ihren geräuschvollen Abschieden genau daran verhoben haben, ist dabei ein ulkiges Detail. Zum Sportlichen (auch wenn Copy/Paste mit jedem extern durchfinanzierten Pseudosportverein im Profifußball wohl schneller ginge): Man konnte wieder einen Haufen internationaler Nachwuchsspieler für weit über 100 Millionen Euro in die Metropole der Gastfreundlichkeit lotsen. Wer lässt sich nicht gern alle zwei Wochen von Tim Thoelke mit dem Charme eines *Darfmandasnochsagen* anbrüllen? Die Neuen gelten in ihren Jahrgängen natürlich bereits jetzt schon als mindestens die Besten der Welt. Und wenn nicht, dann gehts flugs zurück in den bunten Kreislauf des europäischen Spielerkarussells. Mehr als ein Duzend Leihspieler kommen, gehen oder werden schon wieder verkauft. Wen es interessiert, der kann sich aber die Frage stellen: Werden die neuen Wunderkinder den Abgang ihrer beiden besten Offensivspieler Nkunku und Szobozlai sowie den gehypten Defensivallrounder Gvardiol ersetzen können? Keine Ahnung, aber Meister werden sie diesmal wohl (noch) nicht. Wenn die Euphorie rund um den Handaufleger aus Probstheida ähnlich schnell abebbt wie auf seinen bisherigen Profistationen, dann ist vielleicht sogar der marketingtechnische Supergau drin – Platz 4-6.

Borussia Dortmund (Michael Oehm)

Vielleicht hat es jemand nicht mitbekommen oder schon wieder vergessen: Die Schwarzgelben aus Dortmund sind in der letzten Saison nicht Meister geworden. Sie haben es, nachdem eine Woche nur über das wo und wie der Feierlichkeiten diskutiert wurde, völlig überraschend doch nicht geschafft, weil sie gegen eine Mannschaft zuhause nicht gewinnen konnten, die der geliebte Nachbar aus Schalke kurz zuvor in deren eigenem Stadion bezwungen hatte. Gleichzeitig popelte sich Bayern München, die nun wirklich eigentlich gar keine Lust auf noch eine Meisterfeier hatten, einen Sieg bei den Dortmund-Freunden aus der Domstadt zusammen. Daraus ergab sich schließlich, dass Manuel Neuer eine Schalenkopie hochhalten durfte, extra hoch, damit Yann Sommer nicht dran konnte.

Ganz Dortmund, ja, angeblich ganz Deutschland, versank im Jammertal. Der FSV Mainz 05 musste sich auf den sozialen Medien beschimpfen lassen, wie er sich nur auch im letzten Spiel und gegen diesen Gegner so habe anstrengen können. Die Kapriolen, die die Führungsetage in München schlug, lenkten auch noch ein bisschen davon ab, dass die Dortmunder eben auch nicht gut genug gewesen waren, um Deutscher Meister zu werden. Dazu hätten sie so gut sein müssen, wie sie es zuletzt unter Lucien Favre gewesen waren. Und das waren sie eben nicht mehr. Nach dem Wundenlecken sollte Aufbruchstimmung erzeugt werden. Zunächst gab man jede Menge Spieler ab. Für Dahoud, Passlack, Guerreiro und Schulz nahm man kein Geld ein, aber bei Bellingham klingelte die Kasse ganz ordentlich. Zweifellos verlor man durch diese Abgänge, besonders durch die von Bellingham und Guerreiro, viel Qualität, die durch die über 100 Millionen Euro, die man von Real Madrid erhalten hatte, ersetzt werden sollten. Zunächst verpflichtete man ablösefrei von der Borussia Ramy Bensebaini; ein Transfer, der beim schwarzgelben Anhang Begeisterungswindstillen auslöste. Dazu investierte man das Geld in den Kauf von Felix Nmecha vom VFL Wolfsburg. Nmecha ist ein gewiss ein passabler Angreifer, vor allem aber ein Sympathieträger, der ganz bestimmt bestens zu Dortmund und seinen Verantwortlichen passt. Und schließlich holte man vom FC Bayern niemand anderen als Marcel Sabitzer. Sabitzer war von den Bayern für zu schlecht befunden worden, was sie nicht davon abhielt, beim Weiterverkauf noch einen ordentlichen Gewinn im Vergleich zur selbst gezahlten Ablöse aufzuschlagen. 

Das kann alles gut funktionieren, aber es ist dann trotzdem auch wieder nicht verwunderlich, dass der meistumjubelte Transfer der von Spieler Nischalke zur Zweitvertretung war. Das fanden sie superlustig in Dortmund. Weil der Name so superlustig ist. (Daran könnte man sich in Gladbach mal ein Beispiel nehmen. Also einen Spieler verpflichten, der “Keinbock” heißt. Moment, so etwas in der Art haben wir ja schon probiert.) Da der Name offensichtlich wichtiger ist als Leistung, nehmen die Dortmunder es also bestimmt auch mit Humor, dass sie sich nicht unbedingt verstärkt haben, sondern eher Qualität verloren haben, wenn auch auf weiterhin hohem Niveau, Brandt und Haller seien zuvörderst zu nennen. Und das könnte dazu führen, dass sich Dortmund trotz der nur knapp verpassten Meisterschaft in der kommenden Saison eher als Nummer drei im deutschen Profifußball einsortieren muss, wenn es denn dafür reicht. Und die Mentalitätsdiskussion, die man doch endlich endgültig hinter sich lassen wollte, schnell wieder aufkeimen kann. Die Ernennung von Emre Can zum Kapitän der Mannschaft sah Edin Terzic als probates Mittel, um dem entgegenzuwirken. Er löst Marco Reus ab, der offensichtlich die Bürde des Amtes nicht mehr tragen wollte. Can hingegen füllt sein Kapitänsamt und die Leaderrolle erst einmal so aus, dass er im Duell mit einem Viertligisten in der 8. Minute eine gelbe Karte für überhartes Einsteigen im Mittelfeld sieht. Ob das alles wirklich taugt, ist eine spannendere Frage als die nach der Meisterschaft, mit der Dortmund ganz bestimmt weniger zu tun haben wird als in der vergangenen Saison. Denn vielleicht hat es jemand nicht mitbekommen oder schon wieder vergessen: Die Schwarzgelben aus Dortmund sind in der letzten Saison nicht Meister geworden...

FC Bayern München (Michael Heinen)

Was hat der FC Bayern mit Borussias U23 gemein? Beide haben in der aktuellen Transferperiode einen Korb bekommen. Die Bayern sogar gleich mehrere: Ob Kyle Walker, Declan Rice, David Raya oder Kepa Arrizabalaga. Sie alle sagten dem einstigen europäischen Topklub ab und zogen ihm größere Klubs wie Manchester City, FC Arsenal und Real Madrid vor. Spätestens seit dieser Transferperiode müssen die Bayern anerkennen, dass ihr betont arrogantes Selbstverständnis vom „Forever Number 1“ nur noch auf die eigenen Landesgrenzen bezogen werden kann.

Daran ändert selbst das letztlich doch noch „erfolgreich“ beendete Possenspiel um Harry Kane nicht viel. Für den 30jährigen Weltklasse-Stürmer mit einjähriger Vertragslaufzeit mussten die Bayern weit über das erträgliche Maß hinausgehen und eine Ablöse von bis zu 120 Millionen Euro bezahlen. Im Wissen, dass sich der deutsche Rekordmeister keine weitere Transferblamage leisten konnte, wurde er von Tottenham-Boss Daniel Levy monatelang am Nasenring über den Transfermarkt gezogen. Dies zeigte einmal mehr auf, wie armselig sich das Management des größten deutschen Vereins in letzter Zeit präsentiert.

Von den millionenschweren Transfers der letzten beiden Jahre ist einzig Matthias de Ligt eingeschlagen. Mane, Grevenberch, Sommer, Blind, Cancelo, Sabitzer waren allesamt Fehleinkäufe und auch Upamecanu sowie Mazraoui erfüllten ihre Erwartungen bei weitem nicht. Fast jeder andere Bundesligist hätte mit einer solchen Managementbilanz den Absturz in die 2. Liga zu fürchten. Die Bayern dagegen mussten aufgrund ihres massiven Finanzvorsprungs gegenüber der Liga“konkurrenz“ lediglich den internationalen Abstieg in die europäische Zweitklassigkeit hinnehmen.

In den letzten drei Jahren schieden sie jeweils im Viertelfinale der Champions League aus. Zuletzt offenbarte sich im direkten Duell gegen Manchester City, dass die Münchener mit den ganz großen Vereinen Europas auf dem Spielfeld ebenso wenig noch mithalten können wie auf dem Transfermarkt. Einzig vier Weltklasse-Paraden von Yann Sommer verhinderten bei der 0:3-Hinspielniederlage ein größeres Debakel.

Während der Schweizer in den internationalen Medien für diese starke Leistung gefeiert wurde, fiel den Bayern ausgerechnet nach dieser Partie auf, dass sie im Winter vergessen hatten, ihren neuen Torhüter vor der Verpflichtung zu messen. Dies holten sie anschließend öffentlichkeitswirksam nach, wobei sie ihn weniger mit dem Zollstock als an den ehemaligen Leistungen seines prominenten Vorgängers maßen. Obwohl Manuel Neuer seit inzwischen sieben Jahren dauerverletzt ist und in seinen sporadischen Einsatzphasen nur noch selten seine einstige Weltklasse aufblitzen lässt, wird er weiterhin für die unbestritten überragenden Auftritte gefeiert, die er bis zum Jahr 2016 abgeliefert hat. Nicht nur bei den letzten beiden Weltmeisterschaften stellte Neuer mit schwachen Leistungen eindrucksvoll unter Beweis, auch nur ein Mensch zu sein, dem das Alter und der verletzungsgeplagte Körper zusetzen.

Statt allein auf die verzweifelte Rückkehr eines bis dahin fast 38jährigen Torhüters zu längst vergangener Stärke zu hoffen, würde sich ein verantwortungsbewusster, zukunftsgerichteter Verein mit einer echten Nr. 1 aufstellen, die er ohne Wenn und Aber unterstützt. Ein Torwart, der ohne Rückhalt und Vertrauen seines Vereins spielt, kann zwangsläufig kaum seine besten Leistungen abrufen. Der inzwischen auch schon 35jährige Sommer erkannte dies schnell und ließ sich daher nach Mailand weitertransferieren. Sein Nachfolger soll ein Weltklasse-Torhüter werden, der bereit ist, sich im Falle einer Rückkehr des unantastbaren Neuer auf die Bank zu setzen und zu akzeptieren, dass für diesen das Leistungsprinzip nicht gilt. Viel Erfolg bei der Suche!

Mit Neuer und Müller schleppt der FC Bayern zwei alternde Ex-Stars mit durch, deren Schatten vergangener Tage die öffentlichen Diskussionen auch im kommenden Jahr bestimmen werden. Diese Mentalität setzt sich in der Führungsetage fort, wo die verheerend falschen Personalentscheidungen Hasan Salihamidzic und Oliver Kahn korrigiert wurden, indem jetzt wieder die Expertise der alten Haudegen Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge gefragt wird. Insbesondere Hoeneß wirkt aber nach seiner Landsberger Auszeit wie ein Relikt aus längst vergangenen Tagen, das mit seinen zunehmend kruden Aussagen wie einst die gealterten Max Merkel und Udo Lattek besser im Boulevard als am Ruder eines ambitionierten Fußballvereins aufgehoben wäre. Das größte Problem der Bayern in der Gegenwart ist, sich zu sehr an die Vergangenheit zu klammern und damit die Zukunft zu verspielen. Im Vorjahr hätte dies beinahe sogar die deutsche Meisterschaft gekostet.

Nur die Unfähigkeit des BVB sorgte dafür, dass den Bayern selbst die schlechteste Punktebilanz seit 11 Jahren doch noch zumindest zum Trostpreis des nationalen Titels reichte. Ein Erfolg, der aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse in der Liga eine so große Wertigkeit hat wie Borussias Titelgewinn beim Heimstettener Blitzturnier vor wenigen Wochen.

Der Transfer von Harry Kane offenbart nämlich auf Ligaebene ein Problem, das von den meisten Fans mittlerweile nur noch mit einem Schulterzucken hingenommen wird, aber niemals in Vergessenheit geraten darf. Für einen einzelnen Spieler haben die Bayern soeben mehr Geld ausgegeben als die meisten anderen Bundesligisten für ihren gesamten Kader. Seit Jahrzehnten nehmen die 36 Klubs der Deutschen Fußball Liga bereitwillig die Zerstörung ihres Wettbewerbs hin und lassen sich von den wenigen Großklubs immer weitere Zugeständnisse abpressen. Für die Liga und ihren vermeintlichen Wettbewerb ist der Kauf des englischen Rekordtorjägers daher ein Desaster. Für die Bayern ist er zweifelsohne ein gewaltiges Statement beim allzu verzweifelt wirkenden Versuch, den Anschluss an die arabischen Großklubs der Premier League zurückzuerlangen. Es sollte die Bayern aber nicht zu der Annahme verleiten, dass ein Spieler allein die seit Jahren bestehenden strukturellen Probleme im Verein wird lösen können.

Fernab davon, dass der neue Wunderstürmer mindestens an den Torquoten eines Robert Lewandowski gemessen werden wird (zuletzt 34, 41 und 35). Selbst ein Weltklasse-Mittelstürmer wie Kane ist abhängig von den Vorarbeiten seiner Mannschaft. Wenn diese sich weiterhin so präsentiert wie in der Rückrunde der letzten oder wie im ersten Pflicht-Testspiel dieser Saison, dann wird selbst er nicht viel ausrichten können. Im Interview nach dem 0:3 gegen den Pokalsieger präsentierte sich Thomas Tuchel vergangenen Samstag so rat- und hilflos wie man es in der Bundesliga zuletzt von Thomas Hörster bei seine Kurzintermezzo auf der Leverkusener Trainerbank erlebt hat. Bereits vor Wochen hatte Tuchel geäußert, mit der Besetzung im defensiven Mittelfeld unzufrieden zu sein. Joshua Kimmich ist unzweifelhaft ein großartiger Fußballer, der aber in seiner Funktion als Führungsspieler und Leitwolf seit Jahren versagt. Ob die Bayern auf der 6er-Position doch noch nachbessern und einen weiteren Topspieler verpflichten, ist zweifelhaft. Zu viel Geld wurde durch Harry Kane gebunden. Zudem scheint die Suche nach einem neuen Torhüter aktuell oberste Priorität zu haben.

Es sollte daher nicht zu viel Geld darauf gesetzt werden, dass Thomas Tuchel die Saison auf der Trainerbank des FC Bayern überstehen wird. Spätestens wenn im Frühjahr 2024 das erneute Aus in der Champions League erfolgt und die beschriebenen Probleme für entsprechende Unruhe sorgen, wird es in München wieder knallen. Für die deutsche Meisterschaft (*gähn*) sollte es am Ende vermutlich dennoch reichen.

Allein schon deshalb, weil man sich die wenigen realistischen Alternativen nicht wirklich vorstellen möchte.